Heike Greenberg kehrte aus den USA in ihre Heimatstadt zurück. Hier schätzt sie die kurzen Wege und die gute Luft. Auch Freunde von ihr fühlen sich wohl.
Sie haben es sich gemütlich gemacht auf der Dachterrasse, hoch über der Fußgängerzone. Der Zunftbaum ist nur einen Steinwurf weit entfernt, zum nächsten Bäcker könnte man eine Boule-Kugel rollen, so nah ist es. Heike Greenberg-Kremser liebt das. 14 Jahre lebte sie in den USA, zuletzt in einem New Yorker Vorort. "Da gab es noch nicht einmal einen Gehsteig!", erzählt sie. Alles, was sie zum Leben brauchte, holte sie mit dem Auto - wenn möglich auf Vorrat.
Sofort in die Stadt verliebt
Greenberg stammt aus Bad Brückenau. 2014 kehrte sie in die Rhön zurück. Die Stadt hat sich verändert, schmuddeliger sei sie geworden, sagt Greenberg, und natürlich ist auch ihr der zunehmende Leerstand nicht entgangen. Dennoch, "ich find's schön, dass es das Kino gibt und die Sauna". "Man muss sich arrangieren in dem Sinn, was einem wichtig ist", sagt Jürgen Sammet. Seine Partnerin Jacqueline Wolf und er leben seit zwei Jahren in Bad Brückenau. Und zwar sehr gerne, wie beide betonen.
Seine Eltern wohnen in Würzburg, sie stammt aus Bad Soden-Salmünster. Die Arbeit war in Fulda, mittlerweile haben sich beide mit einer eigenen Unternehmensberatung selbstständig gemacht. "Wir haben einfach die Mitte gesucht", erzählt Wolf, wie beide auf der Landkarte einen Ort suchten, der alles irgendwie verbindet. Sie fanden Bad Brückenau. "Wir haben uns gleich in die Stadt verliebt", erzählt sie vom ersten Besuch.
Die Rhön vor der Haustür
Einen Haken freilich hat die Idylle. Als sie ihren Dienstwagen abgeben musste, wollte Wolf mit dem Bus nach Fulda zur Arbeit. "Eine zeitaufwendige Nummer", erzählt sie, vor allem "man kommt nicht mehr zurück. Das war schon ernüchternd." Dieses Problem hat sie nun nicht mehr. Als Selbstständige ist sie viel unterwegs - oder arbeitet von zuhause aus. Das Wochenende lässt das Paar gern im Gasthaus Krone einklingen. Und: "Wir lieben es, dass wir direkt von der Haustür loslaufen können", erzählen die beiden, wie sie regelmäßig hinauf zum Kreuzberg joggen. Zurück geht's mit dem Bus.
Heike Greenberg kann anknüpfen. Freunde von früher leben noch in der Stadt, das Heilwasser des Georgi-Sprudels schmeckt genauso -, "ich mag das Wasser" - und die intakte Vereinsstruktur ist ihr wichtig. Handball, der Turnverein, die Musikschule. Sie möchte gerne hierbleiben mit ihren beiden Söhnen. Wenn es ein kleines Haus in der Innenstadt gäbe, am liebsten mit Garten, sie würde es sofort kaufen.
Familienausflug an die Sinn
Doch bisher gibt es vor allem leerstehende Geschäfte oder Häuser, an denen deutlich der Zahn der Zeit genagt hat. "Die Digitalisierung verändert alles, nicht nur die Innenstädte", sagt Jürgen Sammet. Da kreativ nachzudenken und nicht den Mut zu verlieren, ist wohl die größte Herausforderung. Die Stärke der Stadt liege für ihn jedenfalls klar in der Natur. Sammet ist Vater zweier Söhne. Am Wochenende oder in den Ferien besuchen sie ihn in der Rhön. "Der schönste Spielplatz für meine Jungs ist die kleine Insel in der Sinn bei der Georgi-Halle", berichtet er. Heike Greenberg ergänzt. "Das Asthma von meinem Sohn ist extrem besser geworden. Er war hier deswegen nicht einmal im Krankenhaus."
Dann lachen sie und ziehen gemeinsam los, zur Eisdiele, zwei Steinwürfe weg. Greenbergs Jungs und Sammets Söhne laufen voraus. Sie kommen am Metzger und der Apotheke vorbei, am Reisebüro, einem Fahrradladen und zwei Geschäften für Bekleidung und Wäsche, dem Laden mit Edelsteinen, einem Geschäft für Schmuck und Uhren und dem Wollladen von Inge Vogel. Noch ist es zu kalt, um in der Sinn zu spielen. Doch der Frühling ist schon überall zu sehen.
Ihre Rückkehr in die Heimat hat Greenberg nicht bereut. Und auch die Zuzügler mit der Landkarte fühlen sich hier wohl. Sie wurden gewarnt, karg sei es in der Rhön, die Einheimischen wären zugeknöpft und wortkarg. Doch bisher suchten sie die den Rhönern nachgesagte "Grummeligkeit" vergeblich.