Noch 36 Tage bis zur Kommunalwahl. In Schondra fordert Beatrix Lieb Amtsinhaber Bernold Martin heraus. Doch wie viel unterscheidet die beiden wirklich? Ein Streitgespräch, das eigentlich gar keines ist...
Sie ist redegewandt, er schon sechs Jahre im Amt. Den Schondraern steht keine leichte Wahl bevor: Strittige Themen gibt es kaum, gewählt wird nach Persönlichkeit. Und die von Beatrix Lieb (Freie Wählergemeinschaft Schönderling) und Bernold Martin (CSU) sind denkbar verschieden.
Der Amtsinhaber stammt aus Schondra. Bernold Martin ist 44 Jahre alt und von Beruf Straßenwärter und Landwirt. Zumindest war er das mal, denn seit 2008 führt Martin den Markt Schondra hauptamtlich. Der Bürgermeister wohnt im Herzen des Ortes, direkt gegenüber des Kirchberges. Sein Lieblingsort, wie er sagt. Seine Ehefrau und vier Kinder gehören zu ihm.
Beatrix Lieb nennt sich selbst ein "Schönderlinger Urgestein". Als Bildmotiv wählt sie bewusst den Bildstock am Radweg nach Schondra. Die kürzeste Verbindung zwischen beiden Orten, wie sie sagt. Die Bankkauffrau und Personalreferentin arbeitet bei der VR-Bank.
Lieb hat mit ihrem Mann Jürgen zwei Töchter großgezogen. Die Liebs kandidieren beiden auch für den Kreistag (PWG).
Im Gespräch mit der Saale-Zeitung sollte es eigentlich so richtig zur Sache gehen. Ging es aber nicht. Lieb und Martin duzen einander, er schenkt ihr Brückenauer Wasser ein, sie würdigt seine Leistungen. Eins ist klar: Ein echter Wahlkampf sieht anders aus.
Frau Lieb, was sind die Verdienste von Bernold Martin?
Lieb: Da fällt mir spontan ein, dass er sich während seiner Amtszeit gut eingearbeitet hat. Wenn ich an seine ersten öffentlichen Auftritte zurückdenke - das ist viel besser geworden. Was ich bewundere, ist seine offene Art, auf Menschen zuzugehen.
Herr Martin, was hat Beatrix Lieb Ihnen voraus?
Martin: Sie ist auch sehr offen.
Sie engagiert sich stark in den Vereinen in Schönderling und in der Pfarreiengemeinschaft Oberleichtersbach-Schondra. Dadurch hat sie einen großen Bekanntheitsgrad. Auch im Job ist sie immer vorne mit dabei.
Sechs Jahre im Amt des Bürgermeisters liegen hinter Ihnen. Was haben Sie erreicht?
Martin: Die Arztpraxis ist mein Baby, das lasse ich mir nicht nehmen. Das nächste, was viel Zeit und Arbeit gekostet hat, war die Reaktivierung des Gewerbegebietes Schildeck II. Wir haben den Dorfplatz in Schönderling und den Spielplatz in Singenrain realisiert und die Ortsteile ans DSL-Netz angeschlossen.
Als Gegenkandidatin dürfte Ihnen das kaum reichen, Frau Lieb...
Lieb: Ich denke, ich setze andere Schwerpunkte. Man hätte mehr Leben in die Gemeinde bringen können.
Man hätte das Marktrecht mehr ausschöpfen können, zum Beispiel einmal im Jahr eine Gewerbeschau zu organisieren. Oder was die Schule betrifft, da hätte man die Weichen anders stellen können. Wir haben eine gute Vereinsarbeit, aber auf Gemeindeebene würde ich mir mehr Ideenreichtum wünschen.
Sie haben die Schule schon angesprochen. Was wollen Sie tun, um den Standort zu sichern?
Lieb: Es wäre sehr wünschenswert, wenn der Schulstandort erhalten bliebe. Wobei die demografische Entwicklung eine andere Sprache spricht...
Martin: Ich habe schon vor sechs Jahren ge sagt, dass man den Standort erhalten und festigen muss. Inzwischen sind wir einen Schulverbund mit Bad Brückenau und Wildflecken eingegangen.
Dieser Verbund ist an die Schülerzahlen gebunden.
Wenn die Schülerzahlen sinken, hat nicht nur die Mittelschule in Schondra ein Problem, sondern auch in Bad Brückenau und Wildflecken. Das heißt, der gesamte Mittelschulstandort ist gefährdet.
Was wollen Sie dagegen tun? Wäre eine Schließung denkbar?
Martin: Denkbar ist es für mich eigentlich nicht, aber es ist nicht auszuschließen. Da müssen wir gemeinsam dagegen kämpfen und versuchen, auf kleinere Strukturen zusammenzulegen.
Lieb: Ich sehe in der Rhönallianz eine große Chance, dass man neue Lösungen sucht, die für alle gut sind.
Ein anderes Thema ist der Leerstand in den Ortskernen.
Martin: Den Leerstand müssen wir im Auge behalten, er ist aber momentan noch nicht gravierend. Wir haben Anfragen, aber die Eigentümer sind oft nicht bereit, zu verkaufen.
Lieb: Die Fehler sind schon vor Jahren gemacht worden, indem man immer wieder Baugebiete ausgewiesen hat. Mit mir als Bürgermeisterin wird es keine neuen Baugebiete geben. Ich könnte mir aber vorstellen, dass man Info-Abende anbietet, wie man aus alten Häusern etwas richtig Schönes machen kann.
Martin: Die größten Kosten verursacht, den Bauschutt zu entsorgen. Da könnte ich mir vorstellen, dass die Gemeinde das fördert.
Lieb: Informationen ist das erste. Im zweiten Schritt kann ich mir auch vorstellen, dass die Gemeinde einen Zuschuss gibt.
Auf der Straße zwischen Einraffshof und Geroda fehlen noch zwei Teilstücke. Werden Sie die Sanierung anpacken, Frau Lieb?
Lieb: Da habe ich mich die letzten Tage informiert. Da stehen noch Verhandlungen aus.
Das möchte ich unbedingt anpacken.
Warum ist das eigentlich noch nicht längst gemacht worden?
Martin: Ich war die letzten sechs Jahre dahinter. Es versteht niemand, dass diese 500 Meter nicht weitergebaut werden. Es fehlen wohl die Finanzen.
Werden Sie die Straße im Falle eines Wahlsieges sanieren?
Martin: Das kann ich nicht versprechen, denn die Planungen des Staatlichen Bauamtes sind nicht vor 2020 zu erwarten. Mit den Grundeigentümern habe ich aber schon Gespräche geführt.
Welche Rolle wird Schondra in der Allianz einnehmen?
Martin: Puh! Nun, zum einen müssen wir schauen, dass wir das Ilek weiterführen. Wenn man von 88 Projekten fünf realisiert, dann ist das schon viel.
Lieb: Ich hoffe, dass mit mir als Bürgermeisterin Schondra eine Führungsrolle in der Rhönallianz einnimmt. Dabei ist Demut gefragt, nicht zuerst an die eigene Gemeinde zu denken. Das ist eine große Herausforderung. Ich möchte Ideen einbringen, die zukunftsträchtig sind.
Zum Beispiel?
Lieb: Ich denke, wir werden lernen müssen, kleinere Brötchen zu backen. Es wird so nicht weitergehen... Dass nicht mehr jede Straße sofort saniert werden kann. Dass nicht jeder Ort hell beleuchtet ist. Das sind auf Dauer Luxusprobleme. Mein Traum ist es, dass die eigene Dynamik, die jeder Ortsteil hat, erhalten bleibt. Da wird noch mehr Eigeninitiative gefragt sein.
Und was ist Ihre Vision?
Martin: Meine Vision ist mit dem Ilek verbunden. Dass wir das weiterführen.
Bei der 1200-Jahr-Feier hat man gesehen, was wir alles auf die Beine stellen können. Man darf die Initiative der Leute aber auch nicht überstrapazieren.
Nach der Wahl wird das Amt des Bürgermeisters ehrenamtlich fortgeführt. Werden Sie in Zukunft weniger Zeit für die Bürgerinnen und Bürger haben?
Martin: Auch als ehrenamtlicher Bürgermeister stehe ich weiterhin den Bürgerinnen und Bürgern uneingeschränkt zur Verfügung.
Lieb: Für den Fall, dass ich gewählt werde, reduziere ich meine Arbeitszeit und passe sie den Gegebenheiten an.
Wie tief sitzt denn noch die alte Konkurrenz zwischen den Ortsteilen? Muss der Bürgermeister im Ort bleiben, Herr Martin?
Martin: Ja (lacht). Ich bin Schondraer. Aber ich stehe natürlich genauso für Schönderling und Singenrain.
Frau Lieb, wie ist das bei Ihnen? Schönderlinger an die Macht?
Lieb: Nein, in solchen Kategorien denke ich überhaupt nicht. Wir sind eine Gemeinde. Diese Zeiten sind vorbei.
Martin: Ich denke, da spreche ich für uns beide, wenn ich sage, jeder von uns ist für den gesamten Markt da. Für Schönderling und für Schondra.