Bei der würdevollen Erinnerungsfeier an die schrecklichen Ereignisse vor 84 Jahren auch in Brückenau übernahmen zwei Realschülerinnen vor dem Alten Rathaus eine besondere Aufgabe.
Die Augen von 50 Menschen ruhten am Mittwochabend auf zwei Realschülerinnen. Lea Seng aus Motten und Leonie Shevchenko aus Bad Brückenau entzündeten am Alten Rathaus 45 Kerzen und platzierten sie auf aufs Pflaster geklebte Bänder. Zusammen ergaben die Lichter einen Judenstern, der durch die Bad Brückenauer Nacht leuchtete.
Doppeltes Erinnern
Der Stern sollte an die Pogromnacht erinnern, in der vor 84 Jahren deutschlandweit jüdische Geschäfte und Gotteshäuser angezündet und zerstört wurden. Auch in Brückenau wütete der Mob, wenn auch erst in der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938.
Die Kerzen erinnerten aber auch an die 45 Einwohner jüdischen Glaubens, die in der Nazizeit aus der Stadt vertrieben, dann in Vernichtungslager verschleppt und umgebracht wurden beziehungsweise vorher starben.
Lea und Leonie erledigten ihre Aufgabe mit viel Würde. Die 45 Namen zu den Lichtern verlasen die früheren Gymnasiasten Christian Stretz und Felix Opitz, die dem Arbeitskreis Stolpersteine angehör(t)en.
Dessen "Chef" Dirk Hönerlage fand auch, dass die beiden Realschülerinnen "das hervorragend und würdevoll gemacht haben". Sie hätten sich nicht hetzen lassen, egal wie schnell Namen verlesen worden seien.
Zu ihrem "Engagement" waren die Teenager gekommen, weil sie in der Schule jeweils eine Power-Point-Präsentation über "das Leben an der Sinn" erstellen müssen. Dafür beschäftigte sich Lea Seng mit dem Schicksal der Brückenauer Juden allgemein und Leonie Shevchenko speziell mit dem der Familie Goldschmidt. Für Informationen dazu gingen sie auf Dirk Hönerlage zu.
Dieser verlas die berührenden "Erlebnisse" des achtjährigen "Bruno" in der Brückenauer Pogromnacht. Der Autor Josef Krug verarbeitet in dem auf wahren Begebenheiten basierenden Text die Erinnerungen seines Vaters, der dabei war.