Zum Start in die Gartensaison verrät Karin Schmidt, die Vorsitzende des Imkervereins Bad Brückenau, wie jeder für mehr Artenschutz und Artenvielfalt sorgen kann.
Die Vögel zwitschern, die ersten Insekten summen durch die Luft und die Sonne verbreitet bereits eine angenehme Wärme. Man konnte es in den vergangenen Tagen förmlich spüren: Der Frühling liegt in der Luft. Und auch der Start in die Gartensaison lässt damit wohl nicht mehr lange auf sich warten. Sollen aber auch in Zukunft noch Vögel in den Bäumen und Hecken zwitschern und Insekten weiterhin brummend durch die Luft sausen, ist jeder Einzelne gefragt.
Die Redaktion hat daher zum Tag des Artenschutzes (3. März) mit Karin Schmidt, der Vorsitzenden des Imkervereins Bad Brückenau, gesprochen und nach ein paar einfachen Tipps gefragt, mit denen jeder Hobby-Gärtner seinen Beitrag zum Artenschutz leisten kann.
1. Bewusstsein schärfen
"Wir müssen die Lücke zwischen Wissen und Tun schließen", sagt Karin Schmidt. "Es ist bekannt, dass die Artenvielfalt von der Pflanzenvielfalt abhängig ist. Wenn man nun in seinem Garten zum Beispiel ein Insektenhotel hat, rundum aber nur kurz geschnittenen englischen Rasen, dann ist das für die Insekten wie ein Fünf-Sterne-Hotel ohne Küche."
Schmidt verweist zudem auf die Neubaugebiete. Dort sei oft mindestens die Hälfte der Flächen zugepflastert. "Hier wird weder den Insekten noch den Vögeln etwas geboten", sagt sie und fügt an: "Gerade die Pflasterflächen heizen außerdem an heißen Tagen die Luft zusätzlich auf, was wiederum schlecht für die Tiere ist. Insekten brauchen auch mal Schatten oder einen Unterschlupf."
Die Palette der Möglichkeiten, die jeder Einzelne ergreifen kann, reicht, wie Schmidt erklärt, vom Biogemüsegarten am Haus über einfache Blühflächen bis hin zu Balkonpflanzen.
2. Passende Pflanzen auswählen
"Das Imkersein verändert den Blick auf die Umwelt", sagt Schmidt, die seit 16 Jahren als Imkerin aktiv ist. "Man beurteilt Pflanzen plötzlich nicht mehr nach Aussehen oder Farbe, sondern danach, was sie den heimischen Insekten bringen." Forsythien oder japanische Zierkirschen etwa seien schön anzusehen, aber im Prinzip "leer", erklärt Schmidt. Die Forsythie beispielsweise hat meist weder Nektar noch Pollen in ihren Blüten zu bieten.
Pflanzen hingegen, die den Insekten etwas anbieten, seien beispielsweise die Kornelkirsche, die Haselnuss oder der Schmetterlingsstrauch - sowie auch alle Beerensträucher. Von diesen profitierten nicht nur die Insekten. "Wer Himbeeren, Brombeeren, Stachel- oder Johannisbeeren in seinem Garten hat, braucht im Sommer nur hindurchgehen und kann naschen."
Als weitere insektenfreundliche Pflanzen nennt Schmidt unter anderem Gartensalbei, fette Henne und Lavendel, die alle "relativ trockenresistent" seien. Auf die Geranie als klassische Balkonpflanze solle man lieber verzichten, rät Schmidt, und stattdessen seine Kästen zum Beispiel mit Vanilleblumen und Schmuckkörbchen bepflanzen. "Insekten mögen gerne offene Blüten", erklärt sie weiterhin. So könnten die Tiere sehen, ob etwa ein Fressfeind, wie die Spinne, bereits in der Blüte sitzt.
3. Ökologisch arbeiten
"Man muss einen Garten nicht spritzen", sagt Schmidt und verweist auf das Prinzip der Permakultur. Bei diesem geht es - vereinfacht ausgedrückt - darum, die ökologischen Zusammenhänge zu verstehen und diese für eine nachhaltige, zukunftsfähige Gestaltung zu nutzen, wie der Verein "Permakultur Institut" auf seiner Website erklärt. Schmidt nennt ein Beispiel: "Die Pflanzen in meinem Garten haben in manchen Jahren Läuse. Das macht aber nichts, denn Marienkäfer, Ohrenkneifer und sogar Spatzen fressen die Läuse."
Sie grabe ihren Garten auch nie um, berichtet die Vorsitzende des Imkervereins. "Ich gebe den Kompost obendrauf und arbeite ihn ein bisschen ein. Den Rest erledigen die Regenwürmer, die als Bodennützlinge das Ganze umarbeiten." Das Prinzip der Permakultur sei auf ein Geben und Nehmen ausgelegt, erklärt Schmidt weiter. "Es bleibt dabei auch immer ein bisschen Überschuss für die Tiere."
4. Unordnung wagen
"Es ist ganz wichtig, dass man im Garten Unordnung zulässt", betont Karin Schmidt. "Nur so finden die Tiere Nahrung und Unterschlupf." Wer etwa die vertrockneten Stängel der Stauden bis zum Frühjahr stehen lasse, biete den Insekten auch Möglichkeiten zu überwintern. Bei den meisten Insekten sterbe die Generation eines Jahres im Herbst. Ihre Eier legten die Tiere vorab an Blattunterseiten oder in Stängeln ab.
"Manche Insekten überwintern gut geschützt im Laub oder den vertrockneten Stängeln. Deshalb sollte man diese erst jetzt im Frühjahr abschneiden und kompostieren", so die Vorsitzende des Imkervereins.
5. Mehr Respekt vor der Schöpfung haben
"Der Mensch hat ein Talent für Ausbeutung und Zerstörung", sagt Schmidt. "Wir verbrauchen unsere Ressourcen schneller als sie nachwachsen. Erst jetzt, wo das Ökosystem uns unter dem Hintern wegbricht, werden die Experten gehört, die schon seit Jahrzehnten auf die Missstände aufmerksam machen."
Schmidt verweist auf eine Broschüre der Umweltstiftung WWF. "Wenn wir so weitermachen, bräuchten wir 2030 zwei komplette Planeten, um unseren Bedarf an Wasser, Energie und Nahrung zu decken", heißt es dort.
Jeder könne bei sich anfangen, erklärt Schmidt. Im Garten oder zum Beispiel auch beim Einkaufen - mit regionalen, biologisch erzeugten Lebensmitteln oder plastikfreier Verpackung. "Naturschutz bringt immer etwas", sagt Schmidt. "Ich zum Beispiel freue mich an den Vögeln und den Bienen, gebe für die Umwelt mein Bestes. Und das gibt einem einfach ein gutes Gefühl."
Weitere Informationen: Auch die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) mit Sitz in Veitshöchheim gibt auf ihrer Internetseite Tipps zum naturnahen Gärtnern. Am Dienstag, 16. März, bietet die LWG zudem von 15 bis 17.30 Uhr ein kostenloses Online-Seminar unter dem Titel "Biodiversität im Garten - Vielfalt und Lebensräume" an. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, ist eine Anmeldung erforderlich.