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Kreuzberghof Oberwildflecken: Abrissparty mit viel Melancholie

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Wie in alten Tagen: Die Swingin Five heizen bei der Abriss-Party im Kreuzberghof ein. Foto: Sebastian Schmitt
Wie in alten Tagen: Die Swingin Five heizen bei der Abriss-Party im Kreuzberghof ein. Foto: Sebastian Schmitt

Im März 1954 übernahm die Familie Nowak den Kreuzberghof, demnächst soll das Gebäude dem Erdboden gleich gemacht werden.

Einen schwungvollen, aber auch melancholischen Abschied haben die Oberwildfleckener von ihrem Kreuzberghof genommen, der über Jahrzehnte ein Dorfmittelpunkt war. 1954 hatte der aus dem Sudetenland vertriebene und mittlerweile verstorbene Herbert Nowak den Kreuzberghof übernommen. Es folgten 63 Jahre Familienbetrieb. Nun wird das Ortsbild prägende Gebäude abgerissen. Das frei werdende Areal wird Teil des Industriebetriebes Paul & Co. Zum allerletzten Mal feierten mehrere hundert Festgäste eine Abrissparty im großen Saal mit musikalischer Unterstützung der "Swingin Five", die untrennbar mit der Geschichte des Kreuzberghofes verbunden sind.


Erst vertrieben, dann abgesiedelt

Dass die Familie Nowak überhaupt nach Oberwildflecken kam, war den Wirren der Nachkriegszeit geschuldet. Denn zunächst hatte es Herbert Nowak nach Werberg verschlagen. Im benachbarten Kothen lernte er seine spätere Frau Hedwig kennen, mit der er in den folgenden Jahren den Schmelzhof landwirtschaftlich bewirtschaftete.
"Die Familie war glücklich dort auf dem Schmelzhof, denn mein Opa war Landwirt und konnte sich zunächst gar nicht vorstellen, jemals etwas anderes zu tun", berichtet Herbert Nowak, der Enkel des verstorbenen, gleichnamigen Großvaters. "Doch nach der Vertreibung nach dem Krieg kam die nächste Absiedlung, weil der Schmelzhof eben zum Truppenübungsplatz gehören sollte", sagt der Enkel. "Und so ging die Suche nach einer neuen Wirkungsstätte der Familie Nowak im ganzen Landkreis los."
Obwohl man sich einige Bauernhöfe in der Umgebung anschaute, konnten sich Hedwig und Herbert Nowak nicht wirklich entscheiden. "Und so ist mein Großvater eher zufällig zum Kreuzberghof gekommen und hat erfahren, dass ein neuer Pächter gesucht wird." Weil die Eigentümer dem Kriegsflüchtling und Landwirt Herbert Nowak nicht sofort zutrauten, den Kreuzberghof zu betreiben, war der umso motivierter und wollte allen beweisen, dass er ein guter Gastwirt sein kann.
Am 1. März 1954 kam die Familie Nowak in den Kreuzberghof. Die Kinder Theo und Helene, die den Betrieb später weiterführten, waren da bereits geboren, aber noch Kleinkinder. Der Familienbetrieb in Oberwildflecken lief erfolgreich, aber es folgten einige Schicksalsschläge in der Familie. "Mein Großvater ist früh gestorben. Schon 1971, im Alter von 46 Jahren." Zu diesem Zeitpunkt war Sohn Theo 20 Jahre alt, die Schwester Helene 19 Jahre und Mutter Helene war 48.


Legendäre Bälle am Rosenmontag

"Sie hatten hier dieses riesige Haus gepachtet und mussten fortan alleine, ohne den Vater und Ehemann, klar kommen." Doch die "Kreuzberghof-Familie" mit vielen Helfern aus dem direkten Umfeld hielt fest zusammen und führte die Tradition weiter. Legendär wurde beispielsweise der Rosenmontagsball, bei dem stolze 35 Mal die "Swingin Five" umjubelte Auftritte feierte. "Doch das Ende des Kreuzberghofs kam nicht ganz abrupt", erklärte Herbert Nowak. Schon Ende 2011 wurden die Öffnungszeiten verringert. "Meine Eltern sind kürzer getreten." 2014 war ein schweres Jahr für den Kreuzberghof. Großmutter Hedwig starb nur wenige Stunden vor dem traditionellen Kinderfasching.
"Wir haben die gute Seele des Hauses verloren. Und kurze Zeit später wurde mein Vater Theo sehr schwer krank. Wir wussten nicht, was er hat. Wir haben ihn in die Notaufnahme gefahren, weil er zu Hause zu schwach war." In einer Notoperation am Herz konnten die Ärzte lebensrettende Maßnahmen durchführen. "Dieses Ereignis hat unserer Familie gezeigt, dass alle Dinge endlich sind. Und dass nichts ewig so weiter geht. Und dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem man sich trennen muss." Und so reifte der Entschluss, sich von dem geliebten Gebäude, von einem Zuhause, von einem Lebenswerk zu trennen. "Das fällt unserer Familie nicht leicht", sagt Herbert Nowak.


Fortsetzung in kleinerem Rahmen

Viele schöne Erinnerungen verbinden die Menschen mit dem Kreuzberghof. "Die Familie Nowak hat im Kreuzberghof gelebt, geliebt und gelitten. Und jetzt ist es eben zu Ende." Doch die Familie Nowak bleibt in Oberwildflecken. Theo und Monika Nowak wollen den beliebten Partyservice wieder aufbauen. Auch einen kleineren Gastraum für Feiern soll es wieder geben. Während also der Kreuzberghof in wenigen Tagen in Schutt zerfällt, geht die Familiengeschichte der Nowaks in Oberwildflecken weiter.