Als "Trauerspiel" bezeichnet Kemmerzell das gesamte Thema am Roten Moor. "Die Loipen müssten dringend wieder ausgeschnitten werden. Die letzte Aktion dieser Art fand 1998 statt." Hinzu komme die Parkplatzproblematik, die auch das Ordnungsamt nicht in den Griff bekomme. Ein eigenes Thema sind Hunde und ihre Besitzer. "Hunde sind auf Loipen grundsätzlich nicht erlaubt." Für diese Klientel stellt sich Kemmerzell einen eigens ausgewiesenen Winterwanderweg beispielsweise in Richtung Wasserkuppe vor. "Im Moment funktioniert das in keinster Weise. Hundebesitzer gehen davon aus, dass sie mit ihren Tieren überall unterwegs sein dürfen - auch ohne Leine."
Ein vergleichsweise neues Phänomen im Loipenpark sind Radfahrer mit sogenannten Fat-Bikes. Mit einem solchen Rad, das über extrem dicke Reifen verfügt, kann problemlos über Schnee gefahren werden. Doch auf einer präparierten Loipe zerstört das Fat-Bike die Präparierung nachhaltig. Im Moment setzt Kemmerzell auf Gespräche. Es müsse konsequent gehandelt werden, um Nachahmer zu vermeiden.Was die Zukunft des Bereichs zwischen Schwedenwall, Rotem Moor und Wasserkuppe als attraktives Wintersport- und Freizeitgebiet für alle angeht, hat Kemmerzell eine Adresse: "Wann wachen Politik und Verwaltung aus dem Dornröschenschlaf auf?" Genaue Informationen über die Loipen, den aktuellen Schneebericht sowie eine Übersicht über die Winterwanderwege in der Rhön gibt es im Internet: www.loipenpark.de
Stellungnahme: Das sagt Gersfelds Bürgermeister Steffen Korell dazu:
"Wir werden die Wanderer nicht aus der Loipe bringen", Gersfelds Bürgermeister Steffen Korell ist sich der Problematik im Loipenpark am Roten Moor sehr bewusst. Im Gespräch mit unserer Zeitung verweist er auf Versuche die Situation zu entspannen und zu entzerren, die aber bislang letztlich scheiterten. Eine Vielzahl von Interessen gelte es am Roten Moor zu berücksichtigen. "Wir haben eine Mischung an Eigentümern, an Interessengruppen und fachlichen Fragen." Korell zählt auf: "Hessenforst, Biosphärenreservat, von Walthausen'sche Forstverwaltung, NABU, Privatwaldbesitzer und wir haben hier oben Kernzonen." Auch die Freizeitnutzung sei breit gefächert. "Im Winter haben Winterwanderer und Spaziergänger, sportliche Langläufer und weniger sportliche. Familien mit Kindern und Schlitten. Hundebesitzer, Schneeschuhgänger, Fatbike-Fahrer und Reiter."
Die Stadt Gersfeld und der Naturpark hessische Rhön seien für das Präparieren der Loipe zuständig. Wolfgang Kemmerzell, ehemaliger Vorsitzender der SKG Gersfeld, Abteilung Nordisch, betreibt die private Seite www.loipenpark.de mit aktuellem Loipenbericht und Informationen für Skilangläufer. "Es ist eine sehr gute Seite und ein wichtiger und sehr guter Service", betont Korell.
Die Versuche Kemmerzells, mit Informationsschildern die Winterwanderer darüber aufzuklären, dass sie die Loipe nicht betreten sollen, kennt Korell. Doch er habe die Erfahrung machen müssen: "Die Leute lassen sich durch Schilder nicht lenken." Korell berichtete von Gesprächen mit der Oberen Naturschutzbehörde in Kassel und Vor-Ort-Terminen, um durch bauliche Veränderungen eine Entzerrung zu ermöglichen. Ohne den gewünschten Erfolg: "Es ist uns verboten worden neue Schneisen zu schlagen und bestehende zu verbreitern", fasst er die Entscheidung zusammen. Naturschutzfachliche Gründe seien hierfür ausschlaggebend gewesen.
Der Gedanken, für Winterwanderer eigenen Wege anzulegen oder alternativ bestehende Loipentrassen so zu verbreitern, dass ein Bereich zum Spazierengehen beziehungsweise Winterwandern zur Verfügung stehe, sei aus Naturschutzgesichtspunkten heraus nicht möglich. "Diese Entscheidung behebt die Situation und Probleme vor Ort nicht", betonte Korell ausdrücklich. "Den Ansturm haben wir jedes Jahr und er wird jedes Jahr größer."
Gleichzeitig gebe es am Roten Moor nicht die Verhältnisse und Möglichkeiten wie in Garmisch oder Rupolding, um Winterwanderer und Skisportler zu trennen. Es sei auch nicht möglich den Loipenpark am Roten Moor komplett zu sperren und nur für Skilangläufer zu öffnen. Das geben schon alleine die örtlichen Gegebenheiten nicht her. "Wir können letztlich niemand daran hindern, die präparierten Loipen zu betreten."
Versuchen zu steuern
Dass aber dennoch Verbotsschilder aufgestellt werden mit dem Hinweis, dass die Loipe Vorrang habe, sei wichtig und richtig, betonte Gersfelds Bürgermeister. "Wolfgang Kemmerzell hat Recht, wir müssen versuchen zu steuern. Daher wurden auch neue Winterwanderwege ausgewiesen." Korell bezieht sich auf die beiden neuen Winterwanderwege vom Parkplatz Schwedenwall aus. Der eine führte in Richtung Bergbundhütte am Himmeldunkberg, der andere in Richtung Kesselstein. Doch zwei neue Wege allein halten Winterwanderer nicht davon ab, genau die entgegen gesetzte Richtung einzuschlagen, auf Loipen spazieren zu gehen und die entsprechenden Hinweisschilder zu ignorieren.
In Bezug auf das von Wolfgang Kemmerzell im Jahr 2014 aufgestellte Konzept für Winterwanderwege und Loipen verwies Korell auf die Reiter aus Mosbach, die mit ihren Pferden nicht auf präparierten Wegen unterwegs sein können. "Die Pferde sind zu schwer, sie brechen mit den Hufen ein und verletzen sich auf präparierten Wegen", erklärte er die Situation.
Letztlich sieht Korell das Thema nicht als alleiniges Thema der Stadt Gersfeld. Er wünscht sich eine breite Allianz auf Landkreisebene, mit dem Biosphärenreservat und Naturpark, den Anliegergemeinden und Interessengruppen - auch die Stadt Bischofsheim als direkter Nachbar gehöre dazu. "Ein neues ganzheitliches Konzept mit einer verständlichen Beschilderung ist nötig. Die Stadt Gersfeld alleine kann die Thematik am Roten Moor nicht lösen und auch finanziell nicht stemmen. Wir betreiben jetzt schon Wirtschaftsförderung für die gesamte Region."
Im Moment bleibe nur auf Verständnis und eine gegenseitige Rücksichtnahme zu bauen. Korell habe die Erfahrung gemacht, dass viele Gäste rücksichtsvoll seien und fragen: "Wo dürfen wir dann laufen?" Andererseits zeige manch Langläufer wenig Verständnis für die Wanderer und Spaziergänger. "Ich kann nur dringend bitten nicht auf Loipen spazieren zu gehen."
Bei allem Verständnis für die Langläufer: Dass sie breite Forststraßen nur für sich haben wollen, fällt auch mir schwer einzusehen. Für Streckenwanderer würde es oft erhebliche und unzumutbare Umwege bedeuten, wenn sie bestimmte Wege gar nicht betreten dürften bloß weil Skiläufer unbedingt eine klassische Loipe UND eine Skatingstrecke nebeneinander brauchen. Besonders die Skater verbrauchen viel Platz. Daneben muss es auf allen Wegen einen Bereich für Wanderer geben! Wenn die Breite der Forststraße das nicht hergibt, müssen die Skifahrer sich halt auf eine Fortbewegungsart beschränken. Dass Wanderer durch die Loipe latschen, ist bedauerlich und auch nicht durchweg zu verhindern, wenn man ihnen eine Seite der Forststraße zuweist. Aber besser als ein Verbot ist das allemal. Ich würde auf gegenseitige Rücksichtnahme setzen. Das klappt nicht immer, gerade nicht bei viel Betrieb. Privilegien für eine Gruppe Wintersportler auf bestimmten Wegen gegenüber anderen sorgt aber für viel mehr Unmut - zurecht.