Bad Brückenau: Der Traum vom Eigenheim

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Sie bauen am Hang: Katharina und Tobias Breitenbach konnten auf ein Grundstück in Familienbesitz zurückgreifen. Davon abgesehen war es "nie eine Frage, aus Bad Brückenau wegzugehen", sagt Katharina. Das Paar fühle sich in der Stadt sehr wohl. Foto: Ulrike Müller
Sie bauen am Hang: Katharina und Tobias Breitenbach konnten auf ein Grundstück in Familienbesitz zurückgreifen. Davon abgesehen war es "nie eine Frage, aus Bad Brückenau wegzugehen", sagt Katharina. Das Paar fühle sich in der Stadt sehr wohl. Foto: Ulrike Müller
Sie bauen am Hang: Katharina und Tobias Breitenbach konnten auf ein Grundstück in Familienbesitz zurückgreifen. Davon abgesehen war es "nie eine Frage, aus Bad Brückenau wegzugehen", sagt Katharina. Foto: Ulrike Müller
Sie bauen am Hang: Katharina und Tobias Breitenbach konnten auf ein Grundstück in Familienbesitz zurückgreifen. Davon abgesehen war es "nie eine Frage, aus Bad Brückenau wegzugehen", sagt Katharina. Foto: Ulrike Müller
 

Anfang Juli drehte "Report Mainz" in der Stadt. Das Thema: Wie sinnvoll ist es, Baugebiete auszuweisen während der Ortskern verfällt?

Manuela Dursun ist Journalistin. Sie arbeitet für den Südwestrundfunk, macht Beiträge für die Sendung "Report Mainz". Eine Studie vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln weckte ihre Aufmerksamkeit. Die Experten warnen: Während in Ballungsgebieten häufig Wohnungsnot herrscht, wird auf dem Land zu viel gebaut, denn die Ausweisung neuer Baugebiete geht auf Kosten der Ortskerne. Damit schaffen die Gemeinden selbst den Leerstand von morgen.

"Das ist ein Grundproblem, dass es in vielen kleinen Gemeinden gibt", stellt Dursun gleich klar. In Bad Brückenau aber fand sie das Beispiel, mit dem sie zeigen kann, wohin der Trend führt. Bei ihrer Recherche sei sie auf einen Zeitungsartikel über das geplante Baugebiet "Oberes Straßfeld" gestoßen. 35 Bauplätze sollen im Staatsbad entstehen. Der Stadtrat befürwortete das Projekt mehrmals - trotz der Kritik der Regierung von Unterfranken.

"Ich war schon geschockt, als wir durch die Stadt gelaufen sind, wie viele Häuser und Geschäfte leer stehen", erzählt die Journalistin von ihrem Aufenthalt in Bad Brückenau. Es habe sie betroffen gemacht. Sie sprach mit der Bürgermeisterin und Anwohnern im Straßfeld, machte eine Umfrage auf der Straße. In ihrem Beitrag werde auch ein Positivbeispiel gezeigt werden. "Es gibt ganz gute Konzepte", sagt Dursun. Man müsse dicke Bretter bohren, "keine Frage". Aber der Ort, von dem sie ebenfalls berichten wird, gehe seit 15 Jahren sehr konsequent einen anderen Weg.


Rhönallianz steuert dagegen

Nun muss nicht erst eine Fernsehjournalistin kommen, um der Region zu sagen, wo es hakt. Der drohende Leerstand in den Ortskernen ist bekannt. Anfang des Jahres hat die Brückenauer Rhönallianz ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem Hauseigentümer dazu ermutigt werden sollen, bestehende Gebäude zu sanieren. Eine kostenfreie Beratung durch einen Architekten und ein Zuschuss von 10.000 Euro (plus 1000 Euro pro Kind) winken. "Es sind schon sechs Beratungen in Anspruch genommen worden", sagt Allianzmanager Uwe Schmidt.

Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass gerade Gemeinden im ländlichen Raum alles daran setzen, Familien zu halten. Das ist das Argument, mit dem die Bad Brückenauer Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) fortwährend argumentiert. Das ist auch das Argument, das der Wildfleckener Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW) anführt, wenn er darauf angesprochen wird, dass die Gemeinde zunächst sechs und "bei Bedarf" weitere sechs Bauplätze am Ortsrand bereitstellen will.


Überschuss an Wohnraum

Macht das Sinn? Nein, sagen die Zahlen. Für den Landkreis Bad Kissingen berechnete das Institut der deutschen Wirtschaft ein Überangebot von 586 Prozent, in Rhön-Grabfeld sind es 400 und im Landkreis Main-Spessart 327 Prozent. Jürgen Metz, Leiter der Kreisentwicklung und Wirtschaftsförderung im Landratsamt, schildert die andere Seite. "Die Innensanierung sollte immer Vorrang haben. Aber man darf auch den Baudruck nicht verkennen." Metz meint damit, dass es in Bad Brückenau beispielsweise durchaus freie Bauplätze gibt. Doch die Grundstücke liegen am Hang, so dass das Bauen teurer wird und die Familien lieber woanders hinziehen - zum Beispiel nach Oberleichtersbach.

75 Bauplätze erschloss die Gemeinde in den vergangenen 27 Jahren, die Geburtenzahl zieht spürbar an. "Wir haben keinen Leerstand", betont Bürgermeister Dieter Muth (Aktive WG) immer wieder, wenn es um die Baugebiete geht. Auch im Ortskern tut sich etwas: Zwei Familien haben das Beratungsangebot der Rhönallianz bereits genutzt. Eine davon hat einen alten Gebäudebestand abgerissen und will neu bauen, berichtet Muth.

Nur eine Gemeinde weiter, in Schondra, soll ebenfalls weiteres Bauland erschlossen werden. 17 Bauplätze am Heppengraben sind geplant, auch für Schönderling gibt es Überlegungen. Besonders bitter ist, dass eigentlich genug Bauland zur Verfügung steht - die Eigentümer verkaufen nur nicht. "Es kann auf lange Sicht nicht sein, dass erschlossene Baugebiete gehortet werden", sagt Jürgen Metz vom Landratsamt, der auch im Schondraer Gemeinderat sitzt (FWGrSi). Deshalb werde heute auch eine Bauverpflichtung vereinbart, früher sei das nicht so gewesen. "Wenn jemand Kinder hat, die wirklich darauf bauen, ist das ja in Ordnung", sagt Metz und spricht sich dafür aus, dass die Kommunen viel offensiver auf Grundstückseigentümer zugehen sollten.

Der Beitrag von Manuela Dursun wird am Dienstag, 8. August, in der Sendung "Report Mainz" gezeigt. Beginn ist um 21.45 Uhr in der ARD.