Viele Freiwillige Wehren mögen Nachwuchssorgen haben, für die im Landkreis Bad Kissingen gilt dies - noch - nicht. Jetzt hat eine neue Grundausbildung begonnen.
Für Katharina Kiesel war das Familien- und vor allem Ehrensache. Ihr Opa ist dabei, ihr Vater, ihr Bruder und auch ihr Onkel. Deshalb ist die Schülerin vor drei Jahren in die Freiwillige Feuerwehr Reiterswiesen eingetreten. "Ich wollte schon immer dazu", sagt die Schülerin. Genau so äußert sich Michael Schmitt, der seit fast drei Jahren Mitglied der Bad Kissinger Kernstadtwehr ist.
Gemeinsam mit weit über 20 Kameraden drücken die beiden jetzt die "Schulbank" in der Bad Kissinger Feuerwache. Kreisbrandmeister Steffen Kiesel - man ahnt es: Katharinas Vater - bringt ihnen alles bei, was eine angehende Feuerwehrfrau, ein künftiger Feuerwehrmann, alles wissen und können muss.
Imagekampagne gegen Nachwuchssorgen Beide sind begeistert. Michael sagte, er sei damit aufgewachsen, bei der Wehr finde er Kameradschaft und Teamgeist. Es sei "alles da, was man braucht". Deshalb wollen er und Katharina der Wehr auch treu bleiben.
Weil das aber nicht überall in Bayern so ist, hat der Landesfeuerwehrverband (LVF) Bayern seine Imagekampagne gestartet. Bereits vor einem Jahr waren den Rettern umfangreiches Werbe- und Informationsmaterial zur Verfügung gestellt worden, jetzt findet gerade Teil zwei der Aktion statt. Er richtet sich gezielt an die Zwölf- bis 18-Jährigen und steht unter dem Motto "Ich bin dabei, wo bleibst Du?" LVF-Vorsitzender Alfons Weinzierl zeigte sich zufrieden. Die Zahl der Interessenten und Neuaufnahmen steige vielerorts an. Er sprach von einem Erfolg.
Mit dabei sind auch die Feuerwehren aus dem Landkreis Bad Kissingen. Kreisbrandrat Benno Metz zitiert Napoleon: Wer die Jugend habe, habe die Zukunft. Deshalb würden die Freiwilligen Feuerwehren jetzt um Nachwuchs werben und nicht in einigen Jahren, wenn es zu spät sei. Noch hätten die Wehren meistens - abgesehen von einigen ganz kleinen - keine Probleme: "Wir stehen gut da. Aber niemand weiß, wie es in 20 Jahren aussieht." Denn heute seien die meisten Aktiven in den Wehren zwischen 40 und 45 Jahre alt.
"Müssen uns enorm anstrengen" Metz hat festgestellt, dass das Interesse langsam abnehme, die Zahl der Beitritte sinke von Jahr zu Jahr. Das sei im Moment noch nicht gravierend, aber "da müssen wir uns enorm anstrengen." Früher sei es selbstverständlich gewesen, zu einer Feuerwehr zu gehören. Heute gebe es aber nicht nur weniger Jugendliche, das Freizeitangebot und das der Vereine ist größer. Außerdem: "Heute will sich kaum jemand langfristig binden." Mit dem Verlauf der Werbekampagne ist Metz nicht unzufrieden. Er geht davon aus, dass diese über die geplanten drei Jahre weitergehen wird.
Bad Kissingens Stadtbrandinspektor Harald Albert beurteilt die Situation ähnlich. Die Stadtteilwehr verfüge über zehn Jugendliche, die jeden Mittwoch trainieren. Das sei "zu wenig, denn man kann nie genug haben." Denn viele gingen nach der Ausbildung weg, studierten und arbeiteten außerhalb. Im Moment, so Albert, gehe es noch. Der Großteil der Aktiven sei in seinem Alter - um die 50 Jahre - und lebe in Bad Kissingen. Aber er mache sich Gedanken, was in zehn, 15 Jahren sei. Denn viele hätten keine Perspektive auf einen Arbeitsplatz vor Ort.
Kreisbrandmeister Steffen Kiesel hat vor wenigen Tagen einen Grundausbildungslehrgang begonnen. Es nehmen fast 30 Mädchen und Jungen aus der Kreisstadt teil. Der Lehrgang dauert bis 26. Oktober und umfasst 70 Stunden Unterricht.
Schulungen für Vorschulkinder Die "Zielgruppe" von Kreisbrandmeister Michael Kiesel ist noch jünger. Er besucht Vorschulkinder in den Kindergärten, um sie in Sachen Brandschutz zu schulen. Drittklässler können bei ihm eine Brandschutz-Erziehungsprüfung ablegen. Nebeneffekt: Die Mädchen und Jungen werden für die Feuerwehren interessiert.
Nach Angaben von Michael Kiesel gibt es für Drei- bis Zwölfjährige im Landkreis vier Kinderfeuerwehren: in Frankenbrunn, Stangenroth, Westheim und Zeitlofs. Die in Westheim hat 30 Mitglieder.
Im Landkreis gibt es 91 Feuerwehr-Jugendgruppen mit 831 Mitgliedern. Davon sind 206 Mädchen. Sie sichern nach Angaben von Kreisbrandrat Benno Metz die Zukunft des Feuerwehrwesens. Insgesamt sind im Landkreis mehr als 5460 Feuerwehrleute in 115 Wehren, darunter 320 Frauen, rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr dienstbereit.
In Bayern gibt es aktuell 49.400 Jugendliche, davon 11.500 Mädchen, in den Wehren. Das ist bundesweit der stärkste Jugendverband. Ab zwölf Jahren können Mädchen und Jungen der Freiwilligen Feuerwehr in ihrem Ort beitreten. Sie werden sorgfältig ausgebildet und auf die anspruchsvollen Aufgaben vorbereitet. Bei Einsätzen kommen sie zunächst gar nicht zum Zuge und werden später erst mit Aufgaben am Rande wie Absperrmaßnahmen betraut. Frühestens mit 18 Jahren müssen oder dürfen sie löschen, retten und bergen.