Altstadtsanierung Bad Kissingen: Skepsis und Chance

3 Min
Thomas Fries vor dem denkmalgeschützten Anwesen in der Weingasse 8 mit einem italienischen sowie seinem eigenen Restaurant. B. Borst
Thomas Fries vor dem denkmalgeschützten Anwesen in der Weingasse 8 mit einem italienischen sowie seinem eigenen Restaurant. B. Borst
Thomas Fries vor dem denkmalgeschützten Anwesen in der Weingasse 8. B. Borst
Thomas Fries vor dem denkmalgeschützten Anwesen in der Weingasse 8. B. Borst
 
Projektgebiet Neue Altstadt Bad KissingenGrafik: Dagmar Klumb Quelle: Stadt Bad Kissingen
Projektgebiet Neue Altstadt Bad KissingenGrafik: Dagmar Klumb Quelle: Stadt Bad Kissingen
 

Um die Neue Altstadt zu planen, stimmt sich die Stadt mit 190 Eigentümern ab. Das ist zwar langwierig, die Beratung wird von den Privatleuten aber gut angenommen.

Thomas Fries ist einer von rund 190 Hauseigentümern, die von der anstehenden Kanalsanierung in der Altstadt betroffen sind. Dem 60-jährigen Schreinermeister gehören mehrere Anwesen in der Weingasse - quasi der Häuserblock beginnend mit dem OPC-Shop an der Ecke Bachstraße bis zur Hofeinfahrt vor dem Commerzbank-Gebäude. In die vier Häuser hat er in den vergangenen Jahren bereits viel Geld und Arbeit gesteckt - nach außen machen sie alle wieder einen vorzeigbaren und sauberen Eindruck. "Man muss die Häuser pflegen, um die Wertigkeit zu erhalten", findet er.

Besonders angetan ist er vom Anwesen Weingasse 8. Unten betreibt er seit gut zwei Jahren mit Tommy's Braterei sein eigenes Restaurant. In den oberen Etagen vermietet er Wohnungen, eine belegt er selbst. Der verputzte Fachwerkbau steht komplett unter Denkmalschutz und wurde laut Fries Ende des 17. Jahrhunderts errichtet. "Ich finde das Haus schön. Es hat schon mehrere Kriege überstanden", sagt er.

Skepsis gegenüber Neue Altstadt

Seit Jahren plant die Stadt bereits das Großprojekt Neue Altstadt und noch ist nicht wirklich absehbar, wann die Arbeiten beginnen. Dem Vorhaben stand Fries zunächst skeptisch und ablehnend gegenüber, erzählt er. "Die größten Bedenken waren natürlich: Was kostet mich das Ganze?", erklärt er.

Dass vor zwei Jahren in Bayern die Straßenausbaubeiträge abgeschafft wurden, ist da schon eine große finanzielle Erleichterung. Als Hauseigentümer muss er sich nun nicht mehr an den Kosten beteiligen, wenn die Stadt die Straße vor seinem Haus saniert.

In Bezug auf die Neue Altstadt muss er allerdings auf eigene Kosten die Abwasserrohre auf seinen Grundstücken abdichten und so umbauen, dass sie zu den später sanierten Kanälen passen. Bei dem denkmalgeschützten Fachwerkbau ist das bereits passiert. Als er das Restaurant vor zwei Jahren umgebaut hat, hat er die Entwässerung gleich mit erneuert. "Da bin ich auf die Stadt zugegangen und habe es dann gleich so gebaut, dass für später alles erledigt ist", sagt er. Bei den anderen Anwesen steht die Entwässerung noch aus.

Abstimmung mit Eigentümern

Um die Planung für die Neue Altstadt voranzubringen, muss sich das städtische Tiefbaureferat mit rund 190 Eigentümern abstimmen. "Ohne die Eigentümer kommen wir nicht voran. Eine Basis für unsere Planung ist die private Grundstücksentwässerung", sagt Katja Romeis vom Projektteam. Für einen optimalen Bauablauf sollen erst die Eigentümer ihre Kanalanschlüsse machen, dann erneuert die Stadt den Kanal und braucht nur noch anzuschließen. Vorteil: Weil gleichzeitig die Versorgungs- und Kommunikationsleitungen erneuert werden, müsste eine fertige Straße im Idealfall für lange Zeit nicht mehr aufgegraben werden.

Wie stimmt sich die Stadt mit den Eigentümern ab? Zunächst bietet das Projektteam Neue Altstadt Gassengespräche mit den Eigentümern an. Dort wird das Projekt erklärt, Fragen werden beantwortet, Missverständnisse ausgeräumt und Anregungen aufgenommen. "Die Gassengespräche sorgen dafür, dass die Eigentümer ein technisches Verständnis von der Maßnahme bekommen", sagt Romeis. Danach gibt es individuelle Beratungsgespräche.

Im Vorfeld hat die Stadt auch die privaten Kanalanschlüsse untersuchen und Sanierungsvorschläge erarbeiten lassen. Sie betont, dass die Beratung und die Sanierungsvorschläge nicht bindend sind. Jeder Eigentümer habe das Recht, einen eigenen Planer zu beauftragen. "Bis jetzt haben wir von den Eigentümern überwiegend positive Rückmeldungen", berichtet Romeis.

Neue Altstadt als Chance

Steht die Abstimmung mit allen Grundstückseigentümern, fließt das in die Entwurfsplanung der Stadt ein. Die Entwurfsplanung wiederum braucht es für die wasserrechtliche Genehmigung. Ist die erteilt, kann die Stadt an die Ausführungsplanung gehen. Bis die Bagger rollen, dauert es also noch.

Thomas Fries ist froh, über die Stadt eine unabhängige Beratung zu bekommen. Er sagt: "Da ist das Vertrauen schon groß. Vorher hat man nicht gewusst, was auf einen zukommt." Vor allem an Kosten. Die könne er nun besser einschätzen. Trotz seines Berufs als Handwerker kenne er sich mit der Materie Kanal nicht aus.

Die Beratung biete den Privatleuten Sicherheit, dass die notwendigen Arbeiten ordentlich erledigt werden. Die Planer raten Fries, die undichten Abwasserrohre auf seinen Grundstücken mit einem Inliner, also einem Innenrohr, zu reparieren. Das würde ihm Dreck, Aufwand und vor allem Geld sparen. Auch durch die Beratung hat sich seine Haltung gegenüber der Altstadtsanierung verändert. Fries sieht sie als Chance: "Eine sanierte Fußgängerzone steigert den Wert der Gebäude."

Kanalsanierung in der Fußgängerzone: Das Projektgebiet "Neue Altstadt"

Eckdaten Das Projektgebiet erstreckt sich auf folgende Straßen und Gassen: Obere und Untere Marktstraße, Zwinger-, Schul-, Kirch-, Bad- und Weingasse, Marktplatz, Spar-, Graben-, Brunnen- und Turmgasse sowie auf einen Abschnitt der Von-Hessing-Straße. 1230 Meter Kanäle werden erneuert, 152 Grundstücke an die sanierten Kanäle angeschlossen. Rund 190 Eigentümer und Eigentümergemeinschaften sind betroffen.

Beratung Die Stadt bietet straßenweise Eigentümerberatungen an. Bisher fanden/finden diese statt für die Graben-, die Wein- und die Spargasse.