Afghanistan-Veteran misshandelt als Ausbilder Untergebene

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Foto: imago/imagebroker
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Ein Bundeswehroffizier ist wegen des Verwendens eines verbotenen Rufes angeklagt worden. Verurteilt wurde er jedoch, weil er Kameraden verletzte und erniedrigte.

Was passiert mit Soldaten, die in Kampfeinsätzen brutale Gewalt erfahren und die Kameraden verloren haben? Ein Offizier, der solche Erlebnisse durchgemacht hatte, stand vor kurzem vor dem Schöffengericht Bad Kissingen. Der 30-Jährige wurde angeklagt, weil er den verbotenen Ruf der NSDAP-Sturmabteilung SA "Alles für Deutschland" verwendet hatte.

Es war ein schwieriger Prozess, berichtete Richter Matthias Göbhardt hinterher.
Zwei volle Verhandlungstage waren nötig. Am Ende wurde der Offizier zwar von den Rechtsextremismus-Vorwürfen freigesprochen und dennoch zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. "Der Ruf ,Alles für Deutschland' wurde tatsächlich gebraucht, allerdings nicht mit rechtsradikalem Hintergrund", sagte Göbhardt.

Der Angeklagte hat in Afghanistan und Pakistan gedient und war zuletzt als Ausbilder für Offiziersanwärter im Landkreis tätig. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er den SA-Ruf lediglich benutzte, um seine Untergebenen anzufeuern und dass ihm nicht klar war, in welchem Zusammenhang der Ruf mit der SA steht. Im Gegensatz zu anderen Naziparolen sei der SA-Ruf nicht allgemein bekannt. Er falle auch nicht durch einen verräterischen Zungenschlag auf, begründete Göbhardt.

Psychologische Betreuung fehlte

Verurteilt wurde der Mann letztlich aufgrund der Härte, die er gegenüber sich und seinen Kameraden an den Tag legte: In vier Fällen hatte er ihm anvertraute Soldaten misshandelt und entwürdigend behandelt. Beim Feiern abends auf der Stube zwang er sie im angetrunkenen Zustand mehrmals zu übertrieben scharfen Selbstverteidungungs- und Nahkampfübungen, wobei der Angeklagte Kameraden verletzte.

Der Richter führt die Härte des Mannes auch auf dessen Erfahrungen in Kriegs- und Krisengebieten zurück. "Da muss er Furchtbares gesehen haben", sagte Göbhardt. Es sei eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden, die zunächst nicht aufgearbeitet worden war. Mittlerweile befinde sich der Angeklagte in guter psychologischer Behandlung.

Göbhardt attestierte dem 30-Jährigen eine positive Sozialprognose, weshalb er das Strafmaß beim Urteil niedrig ansetzte. Ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und mehr hätte das den sofortigen Ausschluss aus der Bundeswehr zur Folge gehabt. "Das wollten wir ihm nicht verbauen", erklärte der Richter.
Ob der Mann weiter als Berufssoldat dienen wird, steht allerdings nicht fest. Gegen ihn läuft ein Disziplinarverfahren der Bundeswehr, das den Ausschluss nach sich ziehen kann.