90 "Fehlbeleger" in Asylheimen

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Wenn Asylbewerber anerkannt wurden, fallen sie in den Zuständigkeitsbereich der Jobcenter. Alleine im Landkreis Bad Kissingen gibt es 90 so genannte Fehlbeleger, die noch in Asyl-Unterkünften leben, obwohl sie sich selbst eine Wohnung suchen müssten. Foto: Martin Schutt/dpa
Wenn Asylbewerber anerkannt wurden, fallen sie in den Zuständigkeitsbereich der Jobcenter. Alleine im Landkreis Bad Kissingen gibt es 90 so genannte Fehlbeleger, die noch in Asyl-Unterkünften leben, obwohl sie sich selbst eine Wohnung suchen müssten.  Foto: Martin Schutt/dpa

Wenn der Anerkennungsbescheid zugestellt ist, müsste sich Flüchtlinge eigentlich selbst eine Bleibe suchen. Damit kommen auf den Jobcenter und die Kommunen ganz neue Herausforderungen zu.

Seit Monaten verlangen Politiker schnellere Asylverfahren. Doch mit der Anerkennung haben Flüchtlinge zwar Rechtssicherheit, aber andere Probleme beginnen erst: "Die Menschen wechseln dann vom Geltungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes in Hartz IV", berichtet Stefan Seufert, Asyl-Koordinator des Landkreises Bad Kissingen. Eine Folge ist, dass sie keinen Anspruch mehr auf einen Platz in einer Flüchtlingsunterkunft haben.
Ganz so schnell geht es mit dem Auszug allerdings nicht...


Bayernweit rund 7100 Fälle

Laut Sozialministerium gibt es rund 7100 so genannte Fehlbeleger in bayerischen Asyl-Unterkünften. Das sind Flüchtlinge, die entweder ihren Anerkennungsbescheid bekommen haben oder schon lange in Deutschland sind: Spätestens vier Jahre nach dem Erstantrag sollen sich Asylbewerber, die "rechtstreu" waren, eine eigene Wohnung suchen. Bei Familien oder Flüchtlingen, die selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können, verkürzt sich diese Frist auf ein Jahr. Mit Vorrangprüfung geht es noch schneller.
In der Erstaufnahmeeinrichtung Schweinfurt samt Außenstelle waren laut Regierung von Unterfranken zum Jahreswechsel 285 von 3684 Menschen Fehlbeleger. In den unterfränkischen Gemeinschafts- und dezentralen Unterkünften waren es 1035 von 11 871 Bewohnern. Insgesamt also 1320 Fehlbeleger oder 8,5 Prozent.
"Die Zahl der Fehlbeleger geht ganz deutlich nach oben", kommentiert Pressesprecher Johannes Hardenacke den Trend. Zum Vergleich: Anfang 2015 gab es 343 Fehlbeleger bei 5210 Flüchtlingen in den Unterkünften, also 6,6 Prozent. Deshalb muss die Bezirksregierung reagieren: "Es werden alle informiert, dass sie sich eine Wohnung suchen müssen", sagt Hardenacke, stellt aber auch klar: "Es wird niemand einfach auf die Straße gesetzt."


Geringere Quote im Kreis

"Wir haben in unseren dezentralen Unterkünften relativ wenige Fehlbeleger", berichtet Seufert. Das belegen auch die Zahlen der Regierung von Unterfranken: Im Landkreis Bad Kissingen leben in den Gemeinschaftsunterkünften 407 Asylbewerber, davon 51 Fehlbeleger (12,5 Prozent), in den dezentralen Unterbringungen sind 39 Fehlbeleger bei 697 Asylbewerbern erfasst, also nur 5,6 Prozent. Das liege unter anderem daran, dass der Landkreis Fehlbeleger aus der Notunterkunft gar nicht übernehmen würfe.
"Wer eine rechtskräftige Anordnung hat, wird von uns aufgefordert auszuziehen", beschreibt Seufert das Vorgehen. Bei der Wohnungssuche würden oft die Vermieter der Unterkünfte helfen, zudem seien die Flüchtlingsberater und die Mitarbeiter des Jobcenters sehr aktiv. Parallel bemühe sich der Landkreis um neue Stellen für die Migrationsberatung.
"Wir haben einen relativ großen Wohnungsmarkt, vor allem auf dem Land, aber viele wollen halt in die Städte", fasst Stefan Seufert die Lage zusammen. Der Asyl-Koordinator des Landkreises würde sich von den Kommunen nun Integrationskonzepte wünschen: "Wir sollten nicht den Fehler machen, den wir bei den Russlanddeutschen gemacht haben, nämlich dass in ganzen Straßenzügen nur russisch gesprochen wird", warnt Seufert. Stattdessen müsse die deutsche Bevölkerung darauf vorbereitet werden, dass Flüchtlinge auch in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft einziehen.
Ähnlich sei es bei der Jobsuche: Die meisten Flüchtlinge wollten am liebsten schnell Geld verdienen. Deshalb würden viele Aushilfsjobs annehmen, für die geringe Deutschkenntnisse reichen. Aus Seuferts Sicht sollten aber möglichst viele so gut Deutsch lernen, dass sie auch eine Berufsausbildung schaffen.
"Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt in Bad Kissingen sind nicht erkennbar", sieht die Stadt Bad Kissingen laut Sprecher Thomas Hack keinen erhöhten Handlungsbedarf. "Die Anzahl der Fälle ist bisher ja auch sehr überschaubar", sagt Hack und verweist auf andere Institutionen, die den Fehlbelegern helfen.