"Seltener Fund" in Franken: Archäologen entdecken bei Grabung Hinweise auf Steinzeitmenschen

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Zwischen August und Oktober 2023 stießen Archäologen bei erneuten Grabungen in Endsee auf weitere Funde. Sie stammen vermutlich aus der Altsteinzeit.
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Archäologischer Service Tschuch (AST)
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Eckzahn eines senilen Höhlenbären, Endsee 2023
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Archäologischer Service Tschuch (AST)
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Steinartefakt, Endsee 2023
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Archäologischer Service Tschuch (AST)
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Detail des Hyänenkiefers, Endsee 2023
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Archäologischer Service Tschuch (AST)
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Unterkieferfragment eines Höhlenbären, Endsee 2023
"Seltener Fund" im Kreis Ansbach liefert Hinweise auf Steinzeitmenschen
Archäologischer Service Tschuch (AST)

Im Raum Ansbach wurden tausende Knochen von ausgestorbenen Tieren sowie mehrere Steinwerkzeuge geborgen. "Wir sprechen hier von Funden aus einem unvorstellbar langen Zeitraum von mindestens 20.000 Jahren", erklärt Archäologe Christoph Lobinger.

Archäologen ist in Mittelfranken eine außerordentliche Entdeckung geglückt: Bei einer Grabung im Landkreis Ansbach stießen sie auf Tausende Knochen von Höhlenbären, Mammuts und anderen ausgestorbenen Tieren. Auch einige Steinwerkzeuge traten vor Ort zum Vorschein. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege spricht von einem "seltenen Fund", der, auf einen altsteinzeitlichen Rastplatz des Menschen hindeute. Die zahlreichen, Zehntausende Jahre alten Fundstücke wurden im vergangenen Jahr während archäologischer Untersuchungen in Endsee, einem Gemeindeteil von Steinsfeld, entdeckt. 

"Dieser Ort ist ein ganz besonderer", betonte Archäologe Dr. Christoph Lobinger, der die Grabung fachlich betreute, schon vor rund anderthalb Jahren. "Das Erdreich birgt hier Zeugnisse aus mehr als 40.000 Jahren bayerischer Geschichte - von den Menschen der Altsteinzeit über die Kelten bis hin zu den ersten Franken haben Menschen hier gelebt und Spuren hinterlassen." Zwischen August und Oktober 2023 stießen die Forscher bei erneuten Grabungen schließlich auf weitere Funde, die laut dem Landesamt vermutlich aus der Altsteinzeit stammen. Was machte das Areal für Mensch und Tier so attraktiv?

Grabungen in Endsee: Steinzeit-Entdeckungen deuten auf einstige Höhlen am Rand der Frankenhöhe hin

Für die Wissenschaft "besonders interessant" sei die Entdeckung von sieben erstaunlich gut erhaltenen Kieferfragmenten von Höhlenbären, die bereits während der ersten Grabung entdeckt wurden. "Sie vervollständigen - zusammen mit anderen Knochen - nun beinahe das gesamte Skelett des Großtieres", heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung des Landesamts für Denkmalpflege vom Montag (11. Dezember 2023). Demnach wurden mehr als 10.000 Tierknochen auf der rund 1200 Quadratmeter großen Fundstelle zutage gefördert. Nach Behördenangaben stammen sie fast alle vom Höhlenbären.

"Aber auch Reste eines Oberkiefers und einige Zähne, vermutlich von einer Höhlenhyäne sowie Knochen von Wildpferden, Mammuts, Nashörnern und Wölfen wurden dieses und vergangenes Jahr geborgen", teilt das Landesamt mit. Brandspuren an einzelnen kleinen Knochenresten und Steinartefakte mit eindeutigen Bearbeitungsspuren wiesen darauf hin, dass hier nicht nur Tiere lebten, sondern die Gegend um Endsee bereits in der frühen Menschheitsgeschichte aufgesucht wurde. Die Vielzahl von Höhlenbärenknochen deute darauf hin, dass die am Rand der Frankenhöhe gelegene Fundstelle während der Altsteinzeit von Höhlen geprägt war. "Im Laufe der Jahrtausende sind die Höhlen vermutlich durch Erosionsprozesse verschwunden", heißt es in der Mitteilung. 

Radiokarbon-Untersuchungen an den Tierknochen legen demzufolge nahe, dass die Höhlen zwischen 45.000 und 25.000 vor Christus von Höhlenbären aufgesucht wurden - vermutlich für den Winterschlaf und die Aufzucht von Jungtieren. "Einzelne Steinwerkzeuge könnten dem ersten Anschein nach aus dem Mittelpaläolithikum (circa 300.000 bis 45.000 vor Christus) stammen, einer Zeit, in der weite Teile Mitteleuropas vom Neandertaler (Homo neanderthalensis) besiedelt waren", berichtet das Landesamt. Ob tatsächlich der Neandertaler oder der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens sapiens) am Fuß des Endseer Burgberges seinen Rast- und Jagdplatz aufschlug, sei noch nicht abschließend geklärt.

"Funde aus einem unvorstellbar langen Zeitraum von mindestens 20.000 Jahren"

"Wir sprechen hier von Funden aus einem unvorstellbar langen Zeitraum von mindestens 20.000 Jahren", wird Dr. Christoph Lobinger, Archäologe am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, in der Pressemitteilung der Behörde zitiert. "Noch wissen wir nicht mit Sicherheit, wie die Endseer Höhlenbären mit den frühen Menschen oder dem Neandertaler im Zusammenhang standen. Die Knochen von Mammut, Wildpferden und Nashörnern sind unzweifelhaft Jagd- und Aasreste - wahrscheinlich von Jägern, denn Höhlenbären waren vermutlich Vegetarier", so der Experte. Doch wie geht es nun weiter?

Die Fundstücke sollen durch eine archäologische Grabungsfirma zunächst einmal gereinigt und inventarisiert werden. Die Steinwerkzeuge landen dann beim Landesamt, wo ihr Verbleib geprüft wird. "Danach stehen sie der Wissenschaft zur Erforschung der Beziehung zwischen Neandertaler und Homo sapiens sapiens zur Verfügung", teilt die Behörde mit. Die Tierknochen werden hingegen von sogenannten Archäozoologen auf Tierart, Alter sowie das Geschlecht untersucht. Weiterführende Analysen könnten laut dem Landesamt klären, wie sich die Tiere ernährten und wie weit sie sich von ihren Höhlen wegbewegten, um ihre Nahrung zu finden.

Das Gebiet in Endsee lieferte der Wissenschaft in der jüngeren Vergangenheit eine weitere spektakuläre Entdeckung: Ein ausgegrabener Klappstuhl aus dem 6. Jahrhundert sorgte bei Archäologen für Begeisterung. Der äußerst seltene Fund sei "eine Sensation", erklärt der Leiter des Landesamts für Denkmalpflege. Vor allem ein Aspekt stellte selbst für Experten eine Überraschung dar. Weitere Nachrichten aus Ansbach und Umgebung gibt es in unserem Lokalressort.