Tierquäl-Skandal in fränkischem Schlachthof: Mehr als 500 Stunden Videomaterial ausgewertet

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Hühner im Stall
In einer Schlachterei in Mittelfranken sollen Hühner schwer misshandelt worden sein.
AndreasGoellner/pixabay (Symbolbild)
Hühner im Stall
In einer Schlachterei in Mittelfranken sollen Hühner schwer misshandelt worden sein.
Hühner im Stall
Jan Woitas (dpa-Zentralbild)
Schlachthof Wassertrüdingen: Hühner wegen Baumängeln grausam gestorben?
Die Hinweise auf schwere Tierquälerei im Schlachthof Wassertrüdingen haben Konsequenzen.
Schlachthof Wassertrüdingen: Hühner wegen Baumängeln grausam gestorben?
BernhardJaeck/pixabay.com (Symbolbild)

Nach der Veröffentlichung von Videoaufnahmen erhebt eine Tierschutzorganisation massive Vorwürfe gegen ein Schlachtunternehmen in Bayern. Der Betrieb wurde bereits kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe eingestellt. Nun hat die Tierrechtsorganisation das belastende Material vollständig ausgewertet - und zieht Bilanz.

Update vom 22.05.2025: Tierrechtsorganisation wertet 500 Stunden Videomaterial aus

Ende April machte ein Tiermissbrauchs-Skandal aus Ansbach bundesweit Schlagzeilen. Die Tierrechtsorganisation Aninova hatte "nach kurzer Sichtung" des Material, das ihnen zugespielt worden sei, "direkt die zuständigen Behörden informiert", sagt Jan Peifer, der Vorstandsvorsitzende der Organisation. Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (kurz KBLV) hatte unmittelbar danach gehandelt und der Firma mit sofortiger Wirkung die Schlachtung untersagt. Bei dem Schlachthof handelt es sich nach Angaben der KBLV um den größten Althennen-Schlachthof in Bayern und um einen der größten bundesweit.

Inzwischen wurde das gesamte Beweismaterial gesichtet und analysiert - insgesamt "mehr als 500 Stunden" Videomaterial, das mit fünf versteckten Kameras "zwischen dem 31. März 2025 und dem 14. April 2025" aufgenommen worden war. "Ich habe selten solch eine hohe Vielzahl von Verstößen gesehen", äußerte sich Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von Aninova gegenüber der Presse zu den Auswertungen.

"Selten solch eine hohe Vielzahl von Verstößen" - Chef von Tierrechtsorganisation äußert sich

Bei der Untersuchung durch Aninova wurde festgestellt, dass während dieses Zeitraums 728 Verstöße gegen den Tierschutz begangen wurden. 288 davon seien schwere Verstöße, so die Organisation . Die Verstöße variieren von leichten Fällen, wie beispielsweise dem längeren Stillstand des Schlachtbands, während die lebenden Tiere kopfüber hängen, bis hin zu schwereren Vergehen. Zu den schwereren zählen Hennen, die gewürgt wurden, oder Köpfe von lebenden Tieren, die abgerissen werden. 

Neben den Verstößen gegen den Tierschutz hat die Organisation ebenso untersucht, wie viele Menschen an den Tierqüälereien beteiligt waren. Insgesamt wurden neun Personen ausfindig gemacht, die selbst aktiv Tiere misshandelt haben. Darüber hinaus gibt es mindestens vier Personen, die bei Tierquälerei nicht eingegriffen haben.

Zudem zeigen vorgefundene Lieferscheine, dass mehr als die Hälfte der Legehennenbetriebe nicht aus Bayern stammen, sondern auch aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen, Baden-Württemberg und sogar Frankreich. Von 13 Zulieferer-Betrieben würden sieben nicht aus Bayern stammen. „Es handelt sich hierbei nicht um einen Schlachtbetrieb für die regionalen Landwirtschaftsbetriebe“, sagt Peifer und widerspricht damit klar der bayerischen Landwirtschaftsministerin Kaniber und dem Bayerischen Bauernverband. Hunderttausende Legehennen hätten pro Woche "sehr lange Transportwege über sich ergehen lassen müssen" - meist "deutlich über acht Stunden". Die gesamte Ausarbeitung sei an die Staatsanwaltschaft Ansbach übermittelt worden, die bereits Ermittlungen aufgenommen habe.

Update vom 08.05.2025: Ermittler durchsuchen Schlachthof - Förderbänder im Fokus

Ermittler haben wegen des Verdachts auf schwere Tierschutzverstöße Bayerns größten Legehennen-Schlachthof in Mittelfranken durchsucht. Es seien Unterlagen sichergestellt und die Schlachtanlage untersucht worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Ansbach mit. Es stehe der Vorwurf im Raum, dass sich wegen baulicher Mängel die Köpfe lebender Hühner auf den Förderbändern verfangen hätten und abgerissen worden seien.

Die Ermittlungen hatten Videoaufnahmen einer Tierrechtsorganisation ins Rollen gebracht, die Mitarbeitende des Betriebs im Landkreis Ansbach dabei zeigen sollen, wie sie Hühner massiv misshandeln. "Die Ermittlungen werden intensiv fortgeführt, insbesondere werden die Videoaufnahmen und die sichergestellten schriftlichen Unterlagen ausgewertet", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft nach der Durchsuchung am Donnerstag. 

Update vom 07.05.2025: Schlachthof entlässt mehrere Mitarbeiter

Die Vorwürfe wiegen schwer: Nach dem Verdacht auf schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in einem Schlachtbetrieb für Geflügel in Wassertrüdingen haben vier bisherige Mitarbeiter nach ihrer Freistellung auch die Kündigung erhalten. Der Anwalt des Unternehmens aus dem Landkreis Ansbach bestätigte entsprechende Informationen der Nürnberger Nachrichten.

Ob und wann der Schlachtbetrieb wieder aufgenommen werden kann, sagte der Anwalt auf dpa-Anfrage nicht. Diese Frage betreffe unternehmerische Entscheidungen, die zu gegebener Zeit getroffen würden, hieß es. Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) hatte bereits vor Tagen die Gefahr eines Engpasses bei den Schlachtkapazitäten für Geflügel im Freistaat gesehen. Bei dem Schlachthof handelt es sich nach Angaben der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBBLV) um den größten Althennen-Schlachthof in Bayern und um einen der größten bundesweit.

In der Anlage werden pro Jahr etwa elf Millionen Legehennen und rund eine Million Mastelterntiere geschlachtet. Pro Tag stürben dort maximal 60.000 Legehennen, die zu Suppenhühnern weiterverarbeitet würden. Es gebe nur einen vergleichbar großen Schlachthof für Legehennen - und der liege in Norddeutschland.

In dem Fall hat inzwischen die Kriminalpolizei in Ansbach die Ermittlungen aufgenommen, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte. "Neben der Sichtung und Bewertung des Videomaterials werden weitere Ermittlungsmaßnahmen derzeit geprüft", teilte ein Sprecher mit. Ende April waren Videoaufnahmen einer Tierrechtsorganisation öffentlich geworden, die einen erschreckenden Umgang von Schlachthof-Mitarbeitern mit lebendem Geflügel zeigen.

Ursprungsmeldung: Hühner schwer misshandelt - schwere Vorwürfe gegen fränkischen Schlachthof

Schwere Vorwürfe: Einem Schlachthof in Mittelfranken ist wegen des Verdachts auf Verstöße gegen den Tierschutz der Betrieb vorerst untersagt worden. Das teilte die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) mit.

Zudem seien der Firma zahlreiche Auflagen für eine Wiederaufnahme erteilt worden. Vorangegangen waren schockierende Filmaufnahmen. Diese sollen Mitarbeiter des Schlachtbetriebs zeigen, die Hühner misshandeln. Das betroffene Unternehmen aus Wassertrüdingen im Landkreis Ansbach bestätigte, dass das Videomaterial in dem Betrieb entstand. 

Schwere Vorwürfe gegen fränkischen Schlachthof - "vollkommen überrascht"

Bei dem Schlachthof handelt es sich nach Angaben der KBLV um den größten Althennen-Schlachthof in Bayern und um einen der größten bundesweit. Es gebe nur einen vergleichbar großen Schlachthof für Legehennen - und der liege in Norddeutschland, teilte ein KBLV-Sprecher mit.

Die Staatsanwaltschaft Ansbach wurde am Freitag von der KBLV über den Fall informiert - wegen des dringenden Verdachts auf Straftaten nach dem Tierschutzgesetz. Förmlichen Ermittlungen seien noch nicht aufgenommen worden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung über die möglichen Verstöße gegen den Tierschutz berichtet.

"Wir sind von diesen Dingen vollkommen überrascht", sagte ein Sprecher des Schlachtunternehmens der Deutschen Presse-Agentur. Die Unternehmensleitung sei sehr erstaunt gewesen, als sie die Aufnahmen gesehen habe. Hauptsächlich sei es ein Mitarbeiter, "der den Tieren das antue". Durch die Aufnahmen seien die Mitarbeitenden identifizierbar. Der Betrieb geht nach eigenen Angaben davon aus, dass es polizeiliche Ermittlungen geben werde.

Vorwürfe gegen bestimmte Mitarbeiter - Unternehmen will Konsequenzen ziehen

Der Anwalt des betroffenen Unternehmens teilte mit: "Unsere Mandantin, die Buckl-Geflügel GmbH & Co. KG, distanziert sich mit allem Nachdruck von einem derartigen Umgang mit Tieren, wie er auf den Videoaufnahmen zu sehen ist, die aktuell von einer Tierrechtsgruppe verbreitet werden." Die Tiere und der Tierschutz lägen der Firma "sehr am Herzen". Die KBLV und die Staatsanwaltschaft würden umfassend bei der Aufklärung der Vorwürfe unterstützt. "Auch über arbeitsrechtliche und weitere Schritte wird kurzfristig entschieden werden."

Nach Angaben der KBLV wurde der Betrieb regelmäßig kontrolliert, zuletzt am vergangenen Donnerstag. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate habe die Behörde insgesamt fünf Vor-Ort-Kontrollen durchgeführt. Zudem seien an Schlachttagen für das Veterinäramt Ansbach tätige amtliche Tierärzte vor Ort gewesen, auch um den Betrieb auf einen tierschutzgerechten Schlachtprozess zu kontrollieren. 

Auf dem Schlachthof werden laut KBLV pro Jahr etwa elf Millionen Legehennen und rund eine Million Mastelterntiere geschlachtet. Pro Tag stürben dort maximal 60.000 Legehennen, die zu Suppenhühnern weiterverarbeitet würden.

Tierschützer machen heimlich Aufnahmen - "Vorgehen alternativlos"

Die Tierrechtsorganisation Aninova habe die Aufnahmen am Donnerstagabend an die KBLV übermittelt. Diese sollen im März und April 2025 entstanden sein. "Die Aufnahmen sind in höchstem Maße schockierend und das darauf zu erkennende Verhalten verschiedener Mitarbeiter ist absolut inakzeptabel, sodass ein unmittelbares und konsequentes Vorgehen unsererseits angezeigt und alternativlos war", teilte der KBLV-Sprecher mit. "Die KBLV konnte bei ihren Vor-Ort-Kontrollen keine Verstöße dieser Art oder mit strafrechtlicher Relevanz feststellen."

Am vergangenen Donnerstag seien bei der Kontrolle lediglich Tierschutzverstöße bei der Anlieferung von Tieren und beim Abladen registriert worden. Darunter seien aber keine schweren Tiermisshandlungen gewesen, wie die dann am Donnerstagabend zugespielten Videos zeigten. Daraufhin sei der Firma am Freitag mit sofortiger Wirkung die Schlachtung untersagt worden.

Zudem habe die Kontrollbehörde die Weiterbeschäftigung aller erkennbar tierschutzwidrig handelnden Menschen im Lebendtierbereich dauerhaft untersagt. "Auch alle Personen, die passiv Zeuge tierschutzwidriger Handlungen waren, dürfen nicht mehr in diesen Bereichen weiterbeschäftigt werden. Denn sie haben nicht eingegriffen und diese Verstöße gestoppt, obwohl sie ebenfalls sachkundig geschult waren", teilte der Behördensprecher mit. 

Behörden verhängen Auflagen - 16 Mitarbeiter beschäftigt

Der Betrieb sei verpflichtet worden, die Tierschutzbeauftragten von ihren Pflichten zu entbinden und neue, fachkundige Mitarbeitende zu benennen. Zudem muss das Unternehmen vor einer möglichen Wiederaufnahme des Schlachtens ein neues, tragfähiges Eigenkontrollkonzept vorlegen. Aninova ist das Filmmaterial nach eigenen Angaben zugespielt worden. Es sei mit versteckten Kameras heimlich angefertigt worden. Zu sehen sind unter anderem Mitarbeiter, die Hühner würgen, in Transportboxen einklemmen, schlagen und treten. 

Nach Angaben des betroffenen Unternehmens sind in der Schlachtabteilung 16 Mitarbeiter beschäftigt. Alle seien geschult und hätten die vorgeschriebenen Sachkundeausweise, wie der Unternehmenssprecher mitteilte. Er bestätigte, dass die Filmaufnahmen in dem Betrieb in Wassertrüdingen gemacht wurden.