Olaf Scholz oder doch Boris Pistorius? Viele SPD-Mitglieder waren sich uneins, wer ihre Partei in den anstehenden Bundestagswahlkampf führen sollte. Nun ist die Entscheidung gefallen.
Die Frage nach dem richtigen Kanzlerkandidaten für die SPD führte bei vielen Sozialdemokraten in den vergangenen Tagen zu heftigen Diskussionen. Sowohl für Bundeskanzler Olaf Scholz als auch für Verteidigungsminister Boris Pistorius fanden sich Fürsprecher an der Basis, wie eine stichprobenartige Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den SPD-Unterbezirken und Kreisverbänden ergab. Einige SPD-Mitglieder warnten zudem, dass eine lange Personaldebatte der Partei schaden könnte.
Der SPD-Vorsitzende in Magdeburg, Falko Grube, sagte, es gebe sowohl "Pistorius-Fans" als auch viele Scholz-Unterstützer. "Persönlich finde ich, dass das nur dann eine ernsthafte Frage wäre, wenn Boris Pistorius seinen Hut in den Ring wirft. Das tut er nicht, im Gegenteil. Deshalb wären wir als SPD gut beraten, bei drei Monaten Wahlkampf nicht zwei darauf zu verschwenden, eine Debatte zum Kanzlerkandidaten zu führen, die nur dem politischen Gegner hilft." Nun ist eine Entscheidung gefallen.
Pistorius will Kanzlerkandidat Scholz unterstützen: "Vernünftig und besonnen"
Verteidigungsminister Boris Pistorius wirbt nach seinem Verzicht auf die SPD-Kanzlerkandidatur für Bundeskanzler Olaf Scholz. "Olaf Scholz ist ein starker Kanzler und er ist der richtige Kanzlerkandidat", sagte Pistorius in einem online verbreiteten Video. "Olaf Scholz steht für Vernunft und Besonnenheit. Und das ist gerade in Zeiten wie diesen, in Zeiten globaler Umbrüche und populistischer gefährlicher Angriffe auf die Demokratie weltweit von besonderer Bedeutung."
Die Diskussionen um die Kanzlerkandidatur in den vergangenen Woche hätten für zunehmende Verunsicherung in der SPD und für Irritationen bei den Wählerinnen und Wählern gesorgt. Das schade der SPD, sagte Pistorius. "Ich habe diese Debatte nicht angestoßen, ich habe sie nicht gewollt und ich habe mich für nichts ins Gespräch gebracht. Wir stehen jetzt gemeinsam in der Verantwortung, diese Debatte zu beenden. Denn es geht um viel."
Er habe das Amt des Verteidigungsministers nie als Karrieresprungbrett verstanden, betonte Pistorius. Er wolle seine Arbeit fortsetzen. "Ich bin als Verteidigungsminister mit dem, was ich erreichen will, was erreicht werden muss für unsere Sicherheit noch nicht fertig. Ich freue mich auf eine zweite Amtszeit."
Genossen fürchten mit Scholz eine "unnötige Wahlniederlage"
Doch die Debatte läuft wohl weiter, denn es gibt Zweifel an Amtsinhaber Scholz: In Goslar etwa, der niedersächsischen Heimat des früheren SPD-Chefs Sigmar Gabriel, sagte die Vorsitzende des SPD-Unterbezirks, Annett Eine: "Viele der Genossen sehen Olaf Scholz als Kanzlerkandidat sehr kritisch und wünschen sich Boris Pistorius." Sie ergänzte: "Wir würden es begrüßen, dass Olaf Scholz sich selbst reflektiert und für sich selbst Konsequenzen zieht."
Der Vorsitzende des Unterbezirks Alzey-Worms in Rheinland-Pfalz, Christian Wertke, sagte, einerseits habe Scholz gute Arbeit geleistet. "Andererseits ist der Beliebtheitsgrad von Olaf Scholz im Keller." Der SPD-Kreisvorsitzende im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt, Rüdiger Erben, berichtete von vermehrten Aussagen aus seinem Kreisverband, "dass man Boris Pistorius für den deutlich aussichtsreicheren Kanzlerkandidaten hält".