Wer in Deutschland arbeitet, darf ab dem 1. Januar nicht weniger als 12,41 Euro die Stunde verdienen. Aber wer hat das entschieden? Und kann man sich davon trotz hoher Inflation auch mehr kaufen?
Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar von 12 Euro auf 12,41 Euro pro Stunde. Im Vergleich zu den letzten Erhöhungen 2022 fällt die Anhebung damit dieses mal wieder geringer aus.
Das liege auch an der schwachen Entwicklung der Tariflöhne der letzten Jahre, an der sich die zuständige Mindestlohnkommission orientiere, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe Mindestlohn am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Mario Bossler, der Deutschen Presse-Agentur. Die letzte, außerplanmäßige Erhöhung zum 1. Oktober 2022 hatte statt der Kommission die Ampel-Regierung festgelegt. Der Mindestlohn wurde von 10,45 Euro auf 12 Euro erhöht.
Wie viele Menschen in Deutschland von der Mindestlohnerhöhung profitieren, lässt sich nicht genau sagen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren aber im Oktober 2022 ungefähr sechs Millionen abhängig Beschäftigte (15 Prozent) im Niedriglohnsektor beschäftigt. Zum Niedriglohnbereich zählen demnach Jobs, in denen weniger als 12,76 pro Stunde gezahlt wird. Von der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro im Oktober profitierten den Angaben zufolge etwa 5,8 Millionen Menschen, die vorher weniger als 12 Euro die Stunde hatten. Zum 1. Januar 2025 soll der Mindestlohn dann um 41 Cent auf 12,82 Euro steigen.
Der Mindestlohn im Überblick
Einen Mindestlohn gibt es in Deutschland seit 2015 - Beschäftigte durften nach der Einführung nicht weniger als 8,50 Euro die Stunde verdienen. Schrittweise erhöhte sich in den folgenden Jahren die Lohnuntergrenze auf 12 Euro - über die Jahre ein Plus von 41 Prozent. Besonders große Anhebungen gab es 2022: In drei Schritten ging es von 9,60 Euro auf 12 Euro hinauf - zuletzt per Gesetz durch die Ampel.
Diesmal waren sich die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter in der Kommission zum ersten Mal nicht einig über die Erhöhung. Die Gewerkschaftsvertreter hatten eine deutlich stärkere Mindestlohnsteigerung gefordert. Um das Patt zwischen beiden Seiten aufzubrechen, kam ein Passus des Mindestlohngesetzes zum Tragen: Die Kommissionsvorsitzende, Christiane Schönefeld, legte einen Vermittlungsvorschlag vor. Da dieser aber auch keine Mehrheit fand, übte Schönefeld ihr für diesen Fall vorgesehenes Stimmrecht aus und verhalf ihm zur Mehrheit. Die Gewerkschaftsseite wurde überstimmt.
Der Mindestlohn wird als Bruttobetrag angegeben - also vor Abzug von Steuern, Renten-, Kranken-, Pflege und Arbeitslosenversicherung. Wie viel davon netto übrig bleibt, hängt dann zum Beispiel von der Steuerklasse, dem Familienstand oder der Anzahl der Kinder des Mindestlohnbeziehers ab. Auch Minijobber haben Anspruch auf Mindestlohn. Für Azubis gibt es eigene Regeln. Bei Schülerjobs, «Orientierungspraktika» neben Studium oder Ausbildung, die weniger als drei Monate dauern, und «Pflichtpraktika» als Teil des Studiums besteht in der Regel kein Anspruch auf Mindestlohn.
Wenn ein Arbeitgeber weniger zahlt, obwohl ein Anspruch auf Mindestlohn besteht, drohen ihm Geldbußen bis zu 500.000 Euro. Außerdem kann das Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Auf der Internetseite des Bundesarbeitsministeriums gibt es einen «Mindestlohn-Rechner»: Durch Eingabe des Bruttogehalts und der Wochenarbeitszeit lässt sich dort überprüfen, ob das Gehalt unter dem Mindestlohn liegt.