Der Rechtsextremismus sei die größte Bedrohung für die Demokratie, sagt die Bundesregierung. Dass auch am linken Rand viel los ist, haben die vergangenen Tage gezeigt.
Autonome, Anarchisten, Linksterroristen: Der Brandanschlag auf die Stromversorgung der Fabrik des US-Elektroautobauers Tesla und die Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin haben ein Schlaglicht auf eine Szene geworfen, die nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden seit einigen Jahren wieder wächst.
Zwar liegen die Zeiten, in denen linke Terroristen in Deutschland Polizei und Bürger mit Attentaten in Angst und Schrecken versetzten, schon mehr als 30 Jahre zurück. Doch das Bundesamt für Verfassungsschutz vermeldete in seinem Bericht für das Jahr 2022 einen Anstieg des linksextremistischen Personenpotenzials um 5,2 Prozent auf 36.500 Personen, von denen mehr als jeder Vierte als gewaltorientiert angesehen wird. Und dieser Trend hat sich seither nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur fortgesetzt.
Zum Vergleich: 38.800 Menschen ordnete der Verfassungsschutz im selben Zeitraum dem rechtsextremistischen Spektrum zu, darunter 14.000 gewaltbereite Personen.
Mehr Solidarität mit Lina E. als mit früheren RAF-Terroristen
Die Fahndung nach Klette und zwei weiteren Ex-Angehörigen der sogenannten dritten Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) hat in der linksextremistischen Szene in den vergangenen Tagen vereinzelte Solidaritätsbekundungen ausgelöst. Am linksautonomen Kulturzentrum Rote Flora in Hamburg wurde ein Banner angebracht, auf dem man Klette und den noch flüchtigen ehemaligen RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg «Gesundheit & Glück» wünschte.
Für diesen Samstag ist in Berlin-Kreuzberg, wo Klette unter falschem Namen gelebt hatte, eine Kundgebung unter dem Motto «Stoppt den Staatsterrorismus - Solidarität mit den Untergetauchten und Gefangenen» angekündigt. Es werden 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. «Es ist realistisch, dass es mehr Menschen werden», sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Man beobachte die Lage und werde «mit ausreichend Kräften» vor Ort sein.
Kaum jemand äußert Verständnis für Anschlag
Verhaltener ist die Unterstützung für die mutmaßlichen Linksextremisten, die am Dienstag mit einem Brandanschlag die Stromversorgung der Fabrik des US-Elektroautobauers Tesla und mehrerer umliegender Gemeinden unterbrochen haben. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu dem Fall übernommen und spricht vom Anfangsverdacht unter anderem der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der verfassungsfeindlichen Sabotage. Umweltschützer und Anwohner, die schon länger gegen eine Erweiterung der Fabrik protestieren, distanzierten sich von der Sabotageaktion. Und radikalen Klimaschützern ist vielleicht auch nicht zu vermitteln, weshalb man sich ausgerechnet einen Vorreiter der E-Mobilität zum Ziel genommen hat.
Im Verfassungsschutzbericht für Berlin für 2022 hieß es, die linksextreme Szene der Bundeshauptstadt befinde sich in einer Phase der «Stagnation». Der Druck durch die Polizei wachse. Weniger neue Menschen würden sich der Szene anschließen. Das bedeute aber keine Entwarnung, weil sich abgeschottete Kleingruppen radikalisieren könnten.