Immer mehr Post-Ärger: Beschwerden über Deutsche Post sprunghaft gestiegen

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Immer mehr Post-Ärger: Beschwerden über Deutsche Post auf Rekordniveau
Ein Zusteller hat einen unleserlichen Hinweis auf den Abholzettel für ein Päckchen geschrieben. Die Adressatin, die diesen Abholzettel in ihrem Briefkasten fand, konnte mit der Kritzelei nichts ...
Abhohlzettel von Deutsche Post DHL
Caroline Bock/dpa
Immer mehr Post-Ärger: Beschwerden über Deutsche Post auf Rekordniveau
Verspätete Zustellungen sorgen bei Kunden immer wieder für Ärger. Im ersten Halbjahr 2025 stieg die Zahl der Beschwerden über die Deutsche Post und andere Anbieter erneut stark an.
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Sven Hoppe/dpa
Immer mehr Post-Ärger: Beschwerden über Deutsche Post auf Rekordniveau
Beschwerden über die Deutsche Post und ihre Mitbewerber haben ein Rekordniveau erreicht, insbesondere aufgrund verspäteter oder falsch zugestellter Sendungen, wie die Bundesnetzagentur für das ...
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Rolf Vennenbernd/dpa

Die Zahl der Beschwerden über die Deutsche Post hat erheblich zugenommen. Politik und Unternehmen suchen nach Lösungen für die Probleme in der Zustellung.

Die Beschwerden über die Deutsche Post und ihre Mitbewerber haben einen neuen Höchststand erreicht. Wie die Bundesnetzagentur auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilte, gingen bei ihr im ersten Halbjahr des Jahres 2025 22.981 Beschwerden zu Postdienstleistungen ein, was einem Anstieg von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.

Dabei war die erste Hälfte des Jahre 2024 bereits der bisherige Halbjahres-Höchstwert erreicht. 89 Prozent der Kritik richtet sich gegen den Marktführer Deutsche Post/DHL.

So viele Beschwerden über die Post wie nie zuvor

Früher waren es deutlich weniger Beschwerden. Sollte sich der bisherige Beschwerdeverlauf fortsetzen, könnte in diesem Jahr der bisherige Jahreshöchststand von 44.406 aus dem Jahr 2024 übertroffen werden.

Es geht um verspätete, falsch zugestellte oder beschädigte Sendungen, sei es Briefe oder Pakete. Ein Beispiel für eine Dienstleistung, die erheblichen Frust verursacht hat, ist der Fall einer Seniorin aus Berlin, die in ihrer Ferienwohnung auf einer Nordsee-Insel Urlaub machte.

Ihr Handy hatte sie in Berlin vergessen, eine Bekannte schickte es ihr per Einschreiben nach. Der Post zufolge kommt ein Einschreiben "in der Regel am nächsten Werktag" an.

Beispiel für Post-Ärger: Verspätetes Einschreibung und ortsunkundiger Zusteller

Im Falle der besagten Seniorin kam das Einschreiben nach ihrer Aussage jedoch erst nach sechs Werktagen an - sie musste also viel länger auf ihr Handy verzichten als erwartet. Das Seltsame: Über die Sendungsverfolgung konnte sie sehen, dass ihr Handy schnell von Berlin auf die Nordsee-Insel transportiert worden war, dort aber tagelang liegenblieb.

Als der Zusteller endlich kam, fand er ihre Wohnung nicht und wollte schon wieder wegfahren - nur zufällig sah die Frau ihn und lief ihm nach. Der Postbote sei wohl nicht wirklich ortskundig gewesen, die Adresse sei eindeutig und andere Postboten hätten in der Vergangenheit keine Probleme gehabt, sagt die 82-Jährige verärgert.

Auf die Frage, warum sie so lange auf das Einschreiben habe warten müssen, sei ihr gesagt worden, dass die Post vor Ort viel weniger Zustellpersonal habe als früher.

Beschwerdezahlen seit dem Sommer 2022 deutlich gestiegen

Solche Beispiele sind zunächst zwar nur Einzelfälle, die auch individuelle Besonderheiten enthalten können. Die Summe der Fälle ergibt jedoch ein ernüchterndes Bild. Lange hielten sich die Post-Beschwerdezahlen auf eher niedrigem Niveau, bevor es im Sommer 2022 deutlich nach oben ging und das Unternehmen das Thema zunächst herunterspielte. Schließlich räumte es lokale Probleme ein und begründete diese mit Personalproblemen.

Als Reaktion auf die Halbjahreszahlen sagt ein Post-Sprecher, dass jede Beschwerde eine zu viel sei und dass sein Unternehmen täglich an Qualitätsverbesserungen arbeite. Er weist zudem darauf hin, dass der Anteil der Beschwerden an den Milliarden an zugestellten Sendungen gering sei. Der Bonner Konzern stellte im vergangenen Jahr in Deutschland 12,2 Milliarden Briefe und 1,8 Milliarden Pakete zu.

Der Firmensprecher räumt jedoch ein, dass es im ersten Halbjahr phasenweise Einschränkungen in den betrieblichen Abläufen gegeben habe, etwa die Warnstreiks zu Jahresbeginn und Folgen der Hitzewelle im Juni, als das Arbeitspensum reduziert werden musste. Dies habe an einzelnen Standorten zu Rückständen und Verzögerungen geführt.

Änderungen des Postgesetzes nicht allen Briefkunden bekannt?

Des Weiteren führt der Post-Sprecher die Beschwerde-Entwicklung auf Änderungen des Postgesetzes zurück, die zum Jahresbeginn in Kraft getreten sind. Seither hat das Unternehmen bei der Beförderung von Briefen viel weniger Zeitdruck als früher: Mussten vorher die allermeisten Briefe schon nach ein bis zwei Werktagen angekommen sein, so greift so eine Pflicht inzwischen erst am dritten Werktag - die durchschnittliche Wartezeit auf Briefe steigt also. Dadurch kann die Post Kosten senken und ihr Zustellsystem umstellen. Der Logistiker befördert im Digitalzeitalter immer weniger Briefe, wodurch das klassische Briefgeschäft unter Druck gerät.

Inzwischen bündelt die Post ihre Sendungsmengen: Soll etwa ein Empfänger am Dienstag und Mittwoch je einen Brief bekommen, so wird der Dienstagsbrief nun zurückgehalten und erst am Mittwoch zusammen mit dem zweiten Brief zugestellt. Dadurch spart sich der Briefträger einmal den Weg zum Briefkasten. Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet das allerdings auch, dass sie im Schnitt häufiger in einen leeren Briefkasten schauen als früher - und zwar nicht nur wegen des Internet-Zeitalters, in dem E-Mails und Chat-Nachrichten die klassischen Briefe verdrängen, sondern eben auch wegen der Postgesetz-Reform.

Auf die Folgen der Gesetzesänderungen weist auch der Post-Sprecher in seiner Reaktion auf die Beschwerdezahlen hin. "Die Postversorgung heute ist eine andere als in den Jahren davor: Zum Jahreswechsel haben sich die Brieflaufzeiten gemäß Postgesetz verlängert." Man stelle fest, dass die Änderungen nicht allen Briefkunden bekannt seien und sich daher Kunden mit Fragen an das Unternehmen wendeten.

420.000 Beschwerden direkt bei Post

Separat zu den Beschwerden bei der Bundesnetzagentur (direkt zur Website) können sich Verbraucher auch direkt bei der Post melden. Im vergangenen Jahr gingen dort circa 420.000 Beschwerden ein.

In der Politik behält man das Thema im Blick. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff sagt, dass die Tendenz bei den Beschwerden ernstzunehmen sei. Roloff hat die Postgesetz-Reform mitverhandelt. "Die neuen Regeln bei der Postzustellung müssen sich tatsächlich erst einspielen, allerdings hat die Post durch den Gesetzgeber mehr Spielraum und Flexibilität bekommen, was sich eigentlich in mehr Zuverlässigkeit auswirken sollte", meint der Sozialdemokrat. "Das ist die klare Erwartung auch an die Personalplanung der Post."

Übrigens gilt auch für den Versand von Paketen seit Anfang des Jahres eine neue Regelung, die Kunden von DHL und Hermes beachten müssen. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen.