Neue Umfrage der Woche:
Der Hintergrund: "Verbotskultur" und "Tugendterror" - gibt es in Deutschland eine neue Lust am Verbot?
SUV wirklich gefährlich? Das sagen die Experten
In der Debatte um die Unfallgefahr von SUVs warnen vor allem Experten vor Pauschalurteilen. "SUV ist nicht gleich SUV", sagt Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Gerade bei schweren SUVs und hohen Geschwindigkeiten könne die Masse des Fahrzeugs zwar einen Unterschied machen. "Das ist dann fast wie bei einem Lkw, der Ihnen hinten draufknallt."
Bei schweren Fahrzeugen anderer Gattungen wäre das jedoch kaum anders - Limousinen etwa. Gleichzeitig gebe es auch kleine, kompakte SUVs. "Und grundsätzlich sind SUVs unfalltechnisch nicht besonders auffällig", sagt Bratzel.
Rambos am Steuer? Ein Kaufmotiv für SUV ist gerade die Sicherheit
Wichtig sei auch, an welcher Stelle ein Mensch auf ein Auto aufpralle. "Tödliche Verletzungen erleidet man in der Regel im Brustkorbbereich und erst recht im Kopfbereich, " sagte der Unfallforscher der Versicherungswirtschaft, Siegfried Brockmann, gegenüber der dpa. Die härtesten Teile der Autofront seien die Kanten links und rechts sowie oberhalb der Windschutzscheibe. "Wenn man die mit dem Kopf trifft, ist das in der Regel tödlich." Bei einem Polo oder Smart könne das leichter passieren als bei einem großen Auto mit einer langen Haube.
Brockmann betonte außerdem die Bedeutung des Fahrers - und in SUV säßen nicht unbedingt "Rambos" am Steuer: Nach Umfragen schätzen viele Frauen und ältere Leute die Wagen, weil sie wegen der Höhe leichter ein- und aussteigen können und eine größere Übersicht haben. Ein Kaufmotiv sei gerade auch die Sicherheit: "Die größere Masse bietet einen Vorteil gegenüber der kleineren."
Politische Unterstützung für die Autoindustrie
"In Berlin ist ein besonders schlimmer Unfall mit einem SUV passiert - der uns alle schockiert hat", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, dem "Spiegel". "Dass mancher das Ereignis sofort instrumentalisiert, um sein eigenes politisches Süppchen zu kochen, finde ich total daneben."
Es gebe eine "Lust auf Bevormundung und am Untergang einer Schlüsselbranche", meinte auch FDP-Chef Christian Lindner. Wenn wie beim tödlichen Unfall mit einem Geländewagen SUV in Berlin von Mord und Protz zu lesen sei, könne es nur um Kulturkampf gehen.
Auch der Automobilclub ADAC hält ein Verbot von Sportgeländewagen naturgemäß weder für umsetzbar noch für sinnvoll. "Entscheidend für die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern ist vielmehr das verantwortungsvolle Führen von Kraftfahrzeugen", teilte ein ADAC-Sprecher mit.
Doch der Sicherheitsaspekt ist bei SUVs nur ein Kritikpunkt: Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan sagte, mit Blick auf die Klimakrise sei es völlig unverantwortlich, SUVs herzustellen und zu fahren. "Die deutschen Hersteller müssen weg von übermotorisierten Klimakillern und viel stärker auf leichte E-Autos und Mobilitätsdienstleistungen setzen." Ebenso naturgemäß fällt die Kritik von Klima- und Naturschützern an SUV aus.
Deutsche Umwelthilfe kritisiert "Monster-SUV"
Die Deutsche Umwelthilfe hat der deutschen Autoindustrie deshalb eine verfehlte Modellpolitik vorgeworfen. Der Geschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte vor der IAA, es gebe derzeit nur wenige rein elektrische Fahrzeuge auf dem Markt. Die deutschen Hersteller hätten im internationalen Vergleich einen großen Rückstand. Sie setzten statt dessen auf große und schwere Fahrzeuge mit viel Leistung - Resch sprach von "Monster-SUV".