Nach Ukraine-Eskalation: Droht uns jetzt eine Preisexplosion beim Tanken und Heizen?

3 Min

Die Ukraine-Krise spitzt sich immer weiter zu: Nach der Anerkennung von Donezk und Luhansk durch Russland droht der Konflikt militärisch weiter zu eskalieren. Der Westen droht mit massiven Sanktionen. Wie stark würden wir die Folgen der Sanktionen in Deutschland spüren?

  • Die Ukrainekrise eskaliert weiter
  • Deutschland und die westlichen Länder wollen Russland mit Sanktionen zum Einlenken zwingen
  • Nord-Stream 2 wurde bereits gestoppt
  • Experten fürchten Preisanstiege bei Öl, Gas und Strom
  • Werden die Menschen in Deutschland die Sanktionen spüren?
  • Sind Bayern und Franken besonders betroffen?

Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine schwelt seit Jahren - spätestens aber seit den im Jahr 2013 beginnenden Maidan-Protesten in Kiew. Seitdem wurden Sanktionen gegen Russland angekündigt, teilweise umgesetzt und auch wieder zurückgenommen.  Doch mit der aktuellen Eskalation in der Ukraine erreicht der Konflikt eine neue Qualität. Es ist wieder offen von Krieg in Europa die Rede - und der Westen kündigt massive Sanktionen in nie gekannter Schärfe an. So hat Bundeskanzler Scholz am Dienstag, dem 22. Februar 2022, das deutsch-russische Prestige-Projekt "Nord-Stream 2" gestoppt. Welche Sanktionen sind noch möglich - und wie hart würden die Sanktionen die Unternehmen und Bürger in Deutschland und insbesondere in Franken treffen?

Preisexplosion bei Energie, Gas und Öl?

Die Energiepreise sind bereits seit Monaten stark angestiegen. Sie sind der Haupttreiber der stark angestiegenen Inflationsrate. Kommt es nun zu einer weiteren Preisexplosion? Ein Blick auf die Energiebörsen legt dies zumindest nahe: Der Ölpreis nähert sich der Marke von 100 Euro pro Barrel, auch die Gaspreise stiegen am Dienstag teils deutlich. Und tatsächlich:  "Europa ist von russischem Gas abhängig. Die EU bezieht knapp die Hälfte des Bedarfs aus Russland. Diese Gaslieferungen können nicht vollständig kompensiert werden", analysiert der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Das trifft Industrie wie Verbraucher - vor allem in Deutschland.

Angst davor, nicht mehr heizen zu können, brauchen die Menschen in Deutschland aber nicht zu haben: Die Gas- und Ölspeicher sind so weit gefüllt, dass sie zumindest bis in den Herbst reichen sollten - selbst wenn die komplette Lieferkette zusammenbrechen würde. Doch der Energiepreis richtet sich nicht allein nach den tatsächlichen Engpässen - sie sind stark abhängig von Spekulationen an den Energiebörsen. "Es ist zu erwarten, dass die Preise für Öl und Gas weiter ansteigen", sagt Ifo-Präsident Fuest. Auch Bundeswirtschaftsminister Habeck machte am Dienstag nach einem Treffen mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in Düsseldorf deutlich, es könnte kurzfristig ein Ansteigen der Gaspreise geben. Märkte seien "spekulationsanfällig" - und wenn die Zukunft ungewisser sei, sei zu befürchten, dass die Preise nach oben gehen.

Ob und wann sich diese Preissteigerungen auch auf den Verbraucher durchschlagen, ist jedoch noch nicht klar: Die kurzfristigen Preisschwankungen an den Börsen schlagen sich nicht eins zu eins auf die Verbraucher durch, da die für die Nahversorgung zuständigen Unternehmen (wie z.B. Stadtwerke) meist längerfristige Lieferverträge besitzen und sich nicht über die Energiebörsen eindecken. Zudem haben einige EU-Länder wie Frankreich bereits vor Monaten reagiert und die Preisanstiege für Gas und Strom gedeckelt - ein Weg, der auch in Deutschland möglich wäre.

Folgen für den Export: Maschinenbau und Automobilindustrie betroffen

Die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Deutschland und Russland ist nicht besonders eng: Verglichen mit Ländern wie China, den USA oder EU-Partnern ist Russlands Bedeutung als Handelspartner für Deutschland eher gering. Zudem sind die Handelsbeziehungen nach Einschätzung von Ifo-Präsident Fuest bereits durch Sanktionen beeinträchtigt, die nach der russischen Annexion der Krim 2014 verhängt wurden.

Im vergangenen Jahr rangierte Russland mit knapp 27 Milliarden Euro auf Rang 14 der wichtigsten Länder für Waren «Made in Germany». Insgesamt wurden im Jahr 2021 aber Exporte im Wert von 1,375 Billionen euro getätigt. Auf Russland entfallen also nicht einmal zwei Prozent der deutschen Exporte. 

Doch einzelne Branchen und Unternehmen können die Sanktionen deutlicher spüren. So wurden im vergangenen Jahr vor allem Maschinen (5,8 Mrd Euro), Kraftfahrzeuge, (4,4 Mrd Euro) sowie chemische Erzeugnisse (3 Mrd Euro) nach Russland geliefert. Der Maschinenbau und die Automobilindustrie und ihre jeweiligen Zulieferer haben jedoch eine große Bedeutung für Bayern und Franken. 

Bayern und Franken besonders betroffen?

Tatsächlich drohen bei einer weiteren Eskalation der Ukrainekrise natürlich auch Probleme in der Ukraine. Der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt seien demnach 225 Firmen bekannt, die nach Russland exportieren. Der BR nennt dabei unter anderem den fränkischen Autozulieferer Leoni mit Hauptsitz in Nürnberg und Standorten unter anderem in Kitzingen - denn Leoni hat zwei Werke im Westen der Ukraine. Der Baustoffkonzern Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) betreibt eine Gipsplattenfabrik in Donezk – mitten im Konfliktgebiet Donbass im Osten der Ukraine.

Die Ukraine hat jedoch insgesamt als Handelspartner für Deutschland weniger Gewicht: Als Exportmarkt kam das Land im vergangenen Jahr mit 5,4 Milliarden Euro auf Platz 40. Deutsche Hersteller lieferten vor allem Maschinen, Kraftfahrzeuge und chemische Erzeugnisse. Eingeführt wurden aus der Ukraine vor allem landwirtschaftliche Produkte. 

Insgesamt dürfte die deutsche Wirtschaft die Folgen der Ukrainekrise deutlich spüren. Jedoch werden wohl vor allem einzelne Unternehmen mit engen Verbindungen zu Russland und der Ukraine belastet. Wichtiger als die realen wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen dürften jedoch die Reaktionen an den Börsen werden: Führt die Verunsicherung und Spekulationsgeschäfte dort zu stark schwankenden Kursen und einer Preisexplosion an den Energiepreisen, dürfte dies auch realwirtschaftliche Folgen haben, die die Menschen in Deutschland spüren können.  rowa/mit dpa

Vorschaubild: © Z1022 Patrick Pleul (dpa)