Der hohe Gesamtwert ist aber nicht alleine auf die Lieferungen an die Ukraine zurückzuführen. Auch ohne die Ukraine genehmigte die Bundesregierung Exporte im Wert von weit mehr als sieben Milliarden Euro. Zum Vergleich: In den 16 Regierungsjahren von Merkels wurde die Sieben-Milliarden-Marke nur drei Mal überschritten.
In der Rangliste der wichtigsten Empfängerländer folgen hinter der Ukraine mit Norwegen (1,20 Milliarden Euro), Ungarn (1,03 Milliarden Euro), Großbritannien (654,9 Millionen Euro), USA (545,4 Millionen Euro) und Polen (327,9 Millionen Euro) fünf Nato-Staaten.
Rüstungsexporte nach Israel verzehnfacht
Auf Platz sieben steht Israel mit Lieferungen für 323,2 Millionen Euro - etwa zehn Mal so viel wie im gesamten Jahr 2022 mit 32 Millionen Euro. Der Großteil der mehr als 200 Einzelgenehmigungen für Israel wurde früheren Angaben des Ministeriums zufolge nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober erteilt. Es geht dabei insbesondere um Komponenten für die Luftabwehr und Kommunikationsausrüstung.
Unter den Top Ten ist neben Israel mit Südkorea (256,4 Millionen Euro) nur ein Land, das nicht der Nato angehört. In deutlich kleinerem Umfang wurden auch in diesem Jahr wieder Rüstungslieferungen in Staaten aus dem arabischen Raum erlaubt, darunter die Vereinigten Arabische Emirate (78,2 Millionen Euro bis zum 30. November), Ägypten (40,3 Millionen), Katar (15,1 Millionen) und Saudi-Arabien (13,3 Millionen). Das geht aus einer weiteren Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage Dagdelens hervor. Exporte an diese Länder sind vor allem wegen der Menschenrechtslage dort und der Verwicklung in regionale Konflikte umstritten.
SPD- und Grünen-Politiker verlangen Exportstopp für Diktaturen
Von den Grünen, aber auch aus der SPD kommen Forderungen, Rüstungsexporte an Länder wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Katar ganz zu unterbinden. «Ich glaube, dass wir immer noch gut beraten wären, keine Waffen in Krisengebiete und Diktaturen zu liefern», sagte der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner der dpa. Bei Krisengebieten könne es allerdings Ausnahmen wie im Fall der von Russland angegriffenen Ukraine geben. Saudi-Arabien gehöre aber «zu den blutrünstigsten Diktaturen».
Auch der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hat bereits einen Rüstungsexportstopp für Diktaturen gefordert. Sein Parteichef Nouripour stimmt ihm zwar im Prinzip zu, sagt aber auch, dass es weiterhin Ausnahmen geben müsse. So bestünden noch alte Rüstungsverträge mit Diktaturen und neue Notwendigkeiten der Zusammenarbeit zum Beispiel im Energiesektor, die berücksichtigt werden müssten. «Es gibt nicht den einen Federstrich und den einen Zauberstab, mit dem man jetzt sofort zu einem Stopp kommen kann.»
CDU-Politiker fordert Eurofighter für Saudi-Arabien
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter fordert die Bundesregierung dagegen auf, die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien auszuweiten. So sei die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets notwendig, «auch um zu verhindern, dass Saudi Arabien aus dem westlichen Lager abdriftet und sich beispielsweise China anschließt», sagte Kiesewetter der dpa. Die Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien sei mit Blick auf die Energiereserven des Landes im strategischen Interesse Deutschlands, aber auch was die Rolle des Landes im Nahost-Konflikt angeht.
Dagdelen fordert bessere Bildung statt Waffenexporte
Die Außenpolitikerin Dagdelen sprach sich dafür aus, die Rüstungsexporte insgesamt zurückzufahren: «Statt im Akkordbetrieb Rüstungsexporte in Kriegs- und Spannungsgebiete weltweit zu genehmigen und den sinnlosen Abnutzungskrieg in der Ukraine mit immer neuen Waffengeschenken zu befeuern, die von der Bevölkerung hier teuer bezahlt werden müssen, sollte die Ampel endlich anfangen, die notwendigen Investitionen in Infrastruktur und Bildung in Deutschland auf den Weg zu bringen.»