Ende kommender Woche wird Uli Hoeneß wohl das Gefängnis verlassen. Wie tritt ein so prominenter Häftling unbemerkt die Freiheit an?
Die Freiheit für den ehemaligen Präsidenten des FC Bayern rückt in greifbare Nähe. Für Uli Hoeneß sind die letzten Tage hinter Gittern angebrochen. Offiziell ist sein letzter Hafttag der 29. Februar 2016.
Sein erster großer Auftritt dürfte die Laudatio auf den früheren Fußballtrainer Jupp Heynckes am 13. März sein. Heynckes erhält dann in Mönchengladbach den Ehrenring der Stadt. Einige Medien liegen jetzt schon auf der Lauer.
Uli Hoeneß kommt frei
Was aber noch ein Geheimnis ist: An welchem Tag genau wird Hoeneß seine Zeit in Haft beenden? Und auf welche Weise wird er das Gefängnis verlassen?
Das Vollzugsgesetz gibt für die Entlassung verschiedene Möglichkeiten her. Wir stellen vier Szenarien vor und bewerten ihre Wahrscheinlichkeit.
1. Szenario : Er wird mit dem Hubschrauber heim geflogen.
Theoretisch möglich, um lauernden Boulevard-Reportern zu entgehen. Doch die bayerische Justiz wird nach der ganzen Diskussion um eine angeblich bevorzugte Behandlung von Uli Hoeneß, 64, sicher nicht in so eine Falle tappen, dem prominenten Häftling am Ende tatsächlich eine VIP-Entlassung zukommen zu. Allein die Kosten für solch eine Aktion wären nicht zu rechtfertigen: sehr unwahrscheinlich.
2. Szenario: Er bleibt länger, um den Medien zu entgehen. Das ist denkbar und kommt gar nicht so selten vor, wie man vielleicht meinen möchte. Wenn zum Beispiel noch eine wichtige Therapie läuft und der Häftling die fortsetzen möchte, kann er freiwillig länger im Gefängnis bleiben. Das gilt freilich nur für eine verkürzte Haftzeit. Bei der sogenannten Endstrafe, wenn also die gesamte Haftzeit verbüßt ist, muss der Delinquent pünktlich das Gefängnis verlassen.
Uli Hoeneß ist schon seit mehr als einem Jahr Freigänger und verbringt nur die Nächte in der Landsberger JVA-Außenstelle Rothenfeld nahe Andechs. Von einer Therapie ist nichts bekannt. Ein Mann von seiner Prominenz und seinem Naturell wird wohl keinen Tag länger im Gefängnis verbringen: sehr unwahrscheinlich.
3. Szenario: Er verlässt am 29. Februar die JVA Rothenfeld. Rein rechnerisch ist am 29. Februar genau die Hälfte seiner dreieinhalbjährigen Haftstrafe abgelaufen. Hoeneß war am 13. März 2014 vom Landgericht München wegen Steuerhinterziehung von 28,5 Millionen Euro verurteilt worden. Am 2. Juni 2014 trat er die Haft im Landsberger Gefängnis an. Seit Januar 2015 ist er Freigänger und arbeitet tagsüber in der Jugendabteilung des FC Bayern München. Er wird morgens in der JVA Rothenfeld abgeholt und abends wieder gebracht.
Er könnte also wie jeden Tag am 29.
Februar einfach in ein Auto steigen und heim nach Bad Wiessee am Tegernsee fahren. Artikel 18 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes besagt, dass der Gefangene "am letzten Tag der Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag entlassen werden" soll. Dagegen spricht, dass Hoeneß kaum sofort nach der Entlassung die Öffentlichkeit suchen wird. Und die wird vor der JVA in Form von Medienvertretern warten: unwahrscheinlich.
4. Szenario: Er beendet die Haft früher und in einer anderen JVA. So fallen für die Arbeit des Gefangenen sogenannte Freistellungstage an. Genauer: Hat ein Häftling zwei Monate lang zusammenhängend gearbeitet, erhält er dafür einen Werktag frei. Das Besondere daran ist, dass diese Freistellungstage bis zum Ende der Haftzeit aufgespart werden können.
Hoeneß soll nach Recherchen dieser Redaktion noch zwei oder drei Freistellungstage haben.
Das würde die Möglichkeit einer Entlassung vor Montag, dem 29. Februar eröffnen. Da an den Wochenenden normalerweise nicht entlassen wird, ist es durchaus möglich, dass Uli Hoeneß Ende kommender Woche ein freier Mann ist. Bleibt die Frage, wo er entlassen wird. Auch da gibt es Spielräume, zumal der Fußballmanager Freigänger ist. Denkbar wäre, dass er die Anweisung erhält, sich kurz vor dem Entlassungstag in irgendeinem anderen bayerischen Gefängnis einzufinden. Von dort aus könnte er unbemerkt in die Freiheit fahren. In den Justizbehörden wird dieses Thema vorher mit Hoeneß erörtert werden. Er darf also vielleicht einen Wunsch äußern. Das macht es unwahrscheinlich, dass er seine Freiheit, sagen wir, in Aschaffenburg antreten wird. Vielmehr kämen "heimatnahe" Gefängnisse infrage wie zum Beispiel in München. Von Stadelheim aus sind es jedenfalls nur 1,9 Kilometer Fußweg zum Trainingsgelände des FC Bayern... Prognose: wahrscheinlich.
Holger Sabinsky-Wolf