Es ist ein Krimi wie aus dem Bestseller- Regal, nur dass das Nürnberger Schwurgericht diesmal die Rolle des Ermittlers übernimmt. Die entscheidende Frage, die sich den Richtern vor dem Urteilsspruch am Montag stellt: Haben die zwei wegen Mordes angeklagten Bestatter wirklich aus Habgier einen Kollegen umgebracht und unter falschem Namen eingeäschert?
Fakt ist, dass der Mann seit Ostern 2007 spurlos vom Erdboden verschwunden ist. Doch während der eine Angeklagte gestanden hat, seinen Kumpel mit einem Kantholz aus dem Sarglager erschlagen zu haben, behauptet der andere, das mutmaßliche Opfer habe sich ins Ausland abgesetzt.
Der Erlanger sei wegen Steuerhinterziehung und Kindesmissbrauchs auf der Flucht, lässt der untersetzte Anzugträger mit den nackenlangen Haaren und der Goldbrille während des Prozesses über seine Anwältin verbreiten. Wahrscheinlich lebe er inzwischen in den USA. Der andere Angeklagte hingegen räumte gleich zu Beginn des Prozesses Anfang Februar unumwunden ein, den 43-Jährigen erschlagen zu haben. Einer Entschuldigung an die Angehörigen, die den Prozess als Nebenkläger verfolgen, lies er eine detaillierte Schilderung des Mordes folgen.
Hintergrund sei ein Streit um Geld gewesen: Der andere Angeklagte habe dem Opfer 2005 dessen Bestattungsunternehmen für 72.000 Euro abgekauft. Das Geld dafür sei aber ebenso ausgeblieben wie eine in Aussicht gestellte Zusatzzahlung von einer halben Million Euro. Als sich der Verkäufer deshalb zwei Jahre später mit dem Käufer in seinem ehemaligen Bestattungsinstitut zu einer Aussprache verabredete, habe der 54-Jährige den Mordplan geschmiedet.
Auf das vereinbarte Kopfnicken hin habe er selbst dann das Opfer mit dem knapp ein Meter langen und acht mal acht Zentimeter dicken Kantholz getötet, berichtete der Geständige. "Ein einziger Schlag, der hat den Schädel gespalten." 20 Zentimeter habe die Länge des Risses betragen, Blut sei so gut wie keines gespritzt, dafür aber Gehirnmasse ausgetreten - noch heute scheint den Mann die Effizienz seines Hiebes zu wundern. "Ich war selbst überrascht, dass ein Kopf so schnell auseinandergeht!"
Doch wohin mit dem Toten? Die Lösung lag für die beiden Profis nahe, als am nächsten Tag der Auftrag für eine Einäscherung kam. Die dafür benötigten Papiere wurden einfach doppelt verwendet: Einmal für die Einäscherung des richtigen Toten und einmal für die Verbrennung des Ermordeten. Dessen Überreste streuten die zwei Männer dem Geständnis zufolge später in das fränkische Flüsschen Regnitz.
Nicht nur Oberstaatsanwalt Thomas Strohmeier ist von der Schuld der beiden Männer überzeugt: "Es besteht nicht einmal der Ansatz von Zweifel, dass der Angeklagte die Wahrheit gesagt hat." Doch die Verteidigerin des mutmaßlichen Haupttäters wies zurecht auch auf Widersprüche hin. Und nicht zuletzt stellt sich die Frage nach dem Motiv des bis dato völlig Unbescholtenen, der mit seinem Opfer zuvor ein nahezu freundschaftliches Verhältnis gepflegt hatte.
Aus Sicht der Anwältin handelt es sich um einen Rachefeldzug, nachdem der Geständige sein eigenes, heruntergewirtschaftetes Bestattungsunternehmen an ihren Mandanten verkaufen musste und auch privat pleiteging. Existenzangst räumt auch der Betroffene ein, berichtet aber zudem von finanziellen Versprechungen seines Mittäters sowie psychischen Abhängigkeiten. "Ich war praktisch hörig." Das hatte der vom Gericht bestellte Gutachter allerdings verneint.