Die US-Regierung will hart gegen Migranten in der Millionenmetropole vorgehen. Eine Entscheidung des Obersten Gerichts und Drohungen von Präsident Donald Trump schüren Sorgen vor weiterer Eskalation.
Die US-Regierung hat einen Großeinsatz der Einwanderungsbehörde ICE in der Millionenmetropole Chicago angekündigt - gegen den Widerstand der Stadtverwaltung und des Gouverneurs von Illinois. Die «Operation Midway Blitz» soll sich nach Angaben des Heimatschutzministeriums gegen «kriminelle illegale Ausländer» richten.
«Wenn ihr illegal in unser Land kommt und unsere Gesetze brecht, werden wir euch jagen, festnehmen, abschieben und ihr werdet niemals zurückkehren», hieß es. Die Ankündigung des Beginns der Operation lud das Heimatschutzministerium in sozialen Medien emotional auf: Die Behörde stellt den Einsatz in Zusammenhang mit dem Tod einer jungen Frau, die im Januar bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war. Das Heimatschutzministerium macht dafür einen betrunkenen Einwanderer verantwortlich.
Details dazu, wie der Einsatz genau aussehen soll, wurden nicht genannt. Unklar war auch, ob der Einsatz bereits läuft. US-Medien berichteten von mehreren «scheinbar zufälligen» Festnahmen seit Sonntag an Bushaltestellen und auf der Straße. Auch ein in der Stadt bekannter Blumenverkäufer sei in Gewahrsam genommen worden.
Demokraten reagieren empört
Die US-Regierung greift mit dem Schritt wie bereits zuvor in Washington und Los Angeles in demokratisch regierte Städte ein. Chicagos Bürgermeister Brandon Johnson schrieb auf X, die Stadtverwaltung sei von der US-Regierung nicht über verstärkte Maßnahmen rund um Migration informiert worden. Die Stadt lehne ein militarisiertes Vorgehen ohne ordnungsgemäßes Verfahren weiterhin ab. ICE-Beamte hätten in der Vergangenheit US-Staatsbürger festgenommen, abgeschoben und dabei ihre Menschenrechte verletzt. Die Einwanderungsbehörde ist für Razzien mit teils vermummten Beamten bekannt.
Illinois' demokratischer Gouverneur JB Pritzker reagierte empört und machte US-Präsident Donald Trump schwere Vorwürfe. Seiner Regierung gehe es bei dem Schritt nicht um die Bekämpfung von Kriminalität, schrieb er auf X. «Anstatt Maßnahmen zu ergreifen, um mit uns bei der öffentlichen Sicherheit zusammenzuarbeiten, hat sich die Trump-Regierung darauf konzentriert, die Einwohner von Illinois zu verunsichern.»
Oberster Gerichtshof erlaubt verdachtsunabhängige Kontrollen
Die Ankündigung des Einsatzes fiel mit einer Entscheidung des Obersten US-Gerichts zusammen, das den Behörden verdachtsunabhängige Kontrollen von Migranten im Raum Los Angeles vorerst wieder erlaubte. Im Juli hatte ein Gericht Beamten in Los Angeles verboten, wahllos Personen etwa aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Sprache und ohne hinreichenden Verdacht anzuhalten. Kritiker sprechen in diesen Fällen von «Racial Profiling». Am Montag hob der Oberste Gerichtshof diese Beschränkung auf, bis es eine inhaltliche Entscheidung in der Berufungssache gibt. Eine Begründung des Supreme Courts gab es zunächst nicht.
Die Entscheidung galt zwar zunächst nur für den Raum Los Angeles. Kritiker befürchteten jedoch einen gefährlichen Präzedenzfall. Auch unter den Richtern im Supreme Court gab es scharfe Kritik. «Wir sollten nicht in einem Land leben müssen, in dem die Regierung jeden festnehmen kann, der lateinamerikanisch aussieht, Spanisch spricht und offenbar in einem Job mit niedrigem Lohn arbeitet», schrieb die Richterin Sonia Sotomayor.