Trieben sie seine Drohungen in den Selbstmord? Urteil gegen Bayer nach Tod von Corona-Ärztin gefallen

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Prozess um Bedrohung und Tod von Ärztin
Der Angeklagte steht im Prozess um Drohungen gegen eine österreichische Ärztin im Gerichtssaal im österreichischen Wels ...
Prozess um Bedrohung und Tod von Ärztin
Albert Otti (dpa)
Gedenken nach dem Tod einer Ärztin in Österreich
Wegen des Selbstmords einer österreichischen Ärztin steht ein Mann aus Bayern vor Gericht.
Gedenken nach dem Tod einer Ärztin in Österreich
Verena Leiss (APA)

Wurde eine Covid-Impfbefürworterin in den Tod getrieben? Oder gerieten zwei kämpferische Persönlichkeiten tragisch aneinander? Nun hat das Gericht ein Urteil gefällt. Doch der Fall ist noch nicht abgeschlossen.

Update vom 09.04.2025: Freispruch nach Tod von bedrohter Ärztin in Österreich

"Ich bin der Meinung, dass nicht jede Tragödie ein Verbrechen ist und nicht jedes Opfer einen Täter hat", sagte die Anwältin des Deutschen, der in Österreich wegen gefährlicher Drohung gegen eine Ärztin angeklagt war. Das Landgericht Wels folgte weitgehend dieser Argumentation. Es sprach den Corona-Maßnahmen-Gegner aus Oberbayern vom Vorwurf frei, die Impfbefürworterin durch Drohschreiben mit in den Tod getrieben zu haben.

Der Angeklagte habe nicht vorhersehen können, dass die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr im Juli 2022 im Alter von 36 Jahren Suizid verüben würde, argumentierte die Richterin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Mann aus Bayern vorgeworfen, dass er die steigende Angst und Verzweiflung der engagierten Landärztin mitverursacht habe. In E-Mails und Twitter-Nachrichten hatte er Kellermayr ab Anfang 2022 geschrieben, dass er "solche Kreaturen" wie Kellermayr vor ein "Volkstribunal" stellen, ins Gefängnis bringen und sie mit Gleichgesinnten beobachten werde. Kellermayr verübte im Juli 2022 Suizid.

Zweiter Hass-Poster bislang nicht gefasst

Doch der Gerichtsprozess ergab ein komplexeres Bild. Kellermayr hatte nicht nur von dem vorbestraften Mann bedrohliche Nachrichten erhalten. Ein zweiter Verfasser schickte ihr äußert brutal ausformulierte Todes- und Folterdrohungen. Nach diesem Schreiber, der unter dem Namen "Claas" auftrat, suchen die Behörden bis heute. 

Auslöser der Hassnachrichten war ein Twitter-Posting Kellermayrs, in dem sie Corona-Maßnahmen-Gegner fälschlicherweise beschuldigt hatte, bei einer Demonstration die Zufahrt einer Klinik blockiert zu haben. Der Öffentlichkeit war Kellermayr durch ihre Medien-Interviews und Online-Beiträge bekannt, in denen sie den Nutzen von Covid-Impfungen bewarb, sich negativ über Impfskeptiker äußerte und von den Drohungen gegen sie berichtete. 

Bei der Schilderung ihrer Bedrohungslage und der angeblich mangelnden Hilfe seitens der Behörden habe es die Ärztin "nicht immer nicht so genau" mit der Wahrheit genommen und auch übertrieben, stellte die Richterin fest. 

Ohnmachtsgefühle bei Impfgegner und -befürworterin

Ob sich Kellermayr hauptsächlich von "Claas" bedroht fühlte, und ob der Angeklagte auch einen Anteil daran hatte, konnte das Gericht nicht mit Sicherheit feststellen. Der 61-Jährige argumentierte, dass er die Ärztin nicht bedroht habe, sondern sie kontaktierte, um gegen eine drohende Impfpflicht anzukämpfen. 

"Meine Ohnmacht habe ich durch Aktivismus kompensieren müssen. Ich war tatsächlich in einer Angst gefangen", sagte er dem Gericht. Unbestritten ist hingegen, dass auch Kellermayr unter zunehmender Angst litt. Sie stellte in ihrer Praxis wegen der Drohungen einen Security-Mitarbeiter an und ließ einen kostspieligen Schutzraum einrichten. 

"Es sollte ein Ort werden, an dem ich zur Ruhe kommen kann", schrieb sie über ihre Praxis. "Aus einem Ort der Geborgenheit wurde ein Hochsicherheitstrakt", fügte sie in den Aufzeichnungen hinzu, die nach ihrem Tod ausgewertet wurden. 

Angeklagter zwischen Bedauern und Angriffslust

Der Angeklagte drückte vor dem Urteil sein "ehrliches Bedauern" über den Tod der Ärztin aus. "Mich hat seinerzeit der Tod erschüttert», sagte er. Zugleich zog er aber auch die Bedrohungslage der Ärztin in Zweifel. "Realitätsbezug war nicht ihre Stärke", sagte der Angeklagte.

Ein psychiatrisches Gutachten und anderes Beweismaterial ergaben, dass Kellermayr nicht nur unter den Drohungen litt. Sie kämpfte schon länger mit psychischen Problemen und hatte aufgrund der teuren Sicherheitsmaßnahmen auch finanziellen Probleme. "Es war halt einfach so ein gesamtes Bedrohungsbild. Es ist halt einfach so ineinandergeflossen", fasste die Richterin Kellermayrs Lage zusammen.

Ursprungsmeldung vom 26.03.2025: Bayer nach Tod von Corona-Ärztin vor Gericht

Was ist dran an den schweren Vorwürfen? Im österreichischen Wels hat der Prozess um den Tod einer Ärztin begonnen, die sich für Corona-Impfungen engagierte.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt einen 61-Jährigen aus Bayern, mit seinen bedrohlichen Nachrichten an die Medizinerin an ihrem Tod mitbeteiligt gewesen zu sein. Der Mann bekenne sich zur Anklage der gefährlichen Drohung dagegen nicht schuldig, sagten seine Anwältinnen. 

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann aus Bayern mitverantwortlich für den Suizid der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr im Juli 2022 war. "Wir beobachten Sie", zitierte der Staatsanwalt aus einer der Nachrichten an die Österreicherin. Der Angeklagte habe angekündigt, Kellermayr vor ein künftiges "Volkstribunal" zu stellen und sie hinter Gitter zu bringen. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft. Mit einem Urteil wird am 9. April gerechnet. 

Bayer soll österreichischer Ärztin massiv gedroht haben

Der Bayer gibt nach Angaben der Staatsanwaltschaft und seiner Verteidigung zu, dass er im Jahr 2022 mehrere Mails und Twitter-Nachrichten an Kellermayr schickte. Drohungen hätten die Schreiben aber nicht enthalten. "Das Schicksal von Frau Kellermayr lässt uns und unseren Mandanten nicht kalt", sagte die Anwältin des Mannes der Deutschen Presse-Agentur. 

Das Anwaltsteam des 61-Jährigen wies darauf hin, dass Kellermayr jedoch Todesdrohungen von einem weiteren Verdächtigen erhalten habe. Der sei allerdings noch nicht identifiziert worden. Kellermayr hatte in ihrer Arbeit als Ärztin und in Medienauftritten für die Sinnhaftigkeit der Corona-Impfung geworben. Sie hatte daraufhin Anfeindungen und Drohungen erhalten.

Hinweis der Redaktion: Wir berichten für gewöhnlich nicht über Selbstmorde. Eine Ausnahme bilden Fälle von großem öffentlichen Interesse. Bei der Telefonseelsorge erreichst du unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Hilfe in schwierigen, möglicherweise ausweglos erscheinenden Situationen. Innerhalb von Bayern kannst du dich alternativ unter der 0800-6553000 beim Netzwerk Krisendienste Bayern melden. Dort bekommst du rund um die Uhr qualifizierte Hilfe in psychischen Krisen und Notfällen. Unter www.frnd.de ("Freunde fürs Leben") findest du zudem weitere Informationen und Hilfsangebote.