Russische Invasion in der Ukraine: Wo sind die russischen Truppen?
Autor: Antonia Kriegsmann, Io Görz
Kiew, Mittwoch, 02. März 2022
Die Lage in den umkämpften Gebieten in der Ukraine ist weiterhin nicht ganz klar. Während Russland Erfolge an einigen Stellen für sich beansprucht, widerspricht die ukrainische Seite. Das sagen Experten über die aktuelle Lage.
- Ukraine-Krieg: Russland versucht weiter, Kiew einzunehmen
- An vier Fronten wird hauptsächlich gekämpft
- Russland greift weiter aus drei Richtungen an
- Experten sind sich sicher: Die russische Offensive wird in den nächsten 24 bis 48 Stunden wieder intensiver werden
Das russische Militär muss seine Strategie neu planen – der ukrainische Widerstand hat die russische Invasion stärker behindert, als sie angenommen haben. Forscher des "Institute for the study of war" sind der Meinung: Die russischen Anstrengungen werden vor allem in den nächsten 24 bis 72 Stunden zunehmen. Das sind ihre Einschätzungen der taktischen Lage. (Stand: 1. März, 15 Uhr)
Russlands Offensive weiter Hauptziel, Kiew einzukesseln
Die Expert*innen des "Institute for the study of war", Frederick W. Kagan, George Barros und Kateryna Stepanenko, haben am Dienstag die Lage wie folgt beschrieben: Die russischen Kräfte sind dabei sich neu zu gruppieren und zu verstärken. Nachdem sie ihren Nachschub aufgestockt haben, werden sie weiter versuchen, Kiew zu umzingeln.
Zu diesem Zweck stoßen die Truppen des Kreml im Westen vor, aber auch östlich von Kiew entlang der Achse Chernihiw-Sumy. Der russische Militärkonvoi, der sich seit Dienstag auf Kiew zubewegte und teilweise eine Länge von 65 km hatte, dient laut den Expert*innen dazu, die Bemühungen der Einkesselung im Weste von Kiew zu unterstützen. Die Städte Sumy, Lebedyn und Ochtyrka sind eingekesselt und sind teilweise unter schwerem Beschuss. Allerdings haben russische Truppen an dieser Stelle nur wenige Fortschritte gemacht, bisher.
Die Militärexpert*innen halten es für wahrscheinlicher, dass der Fokus auf dieser Operation liegt, als auf den direkten Angriffen, die von russischen Kräften weiter in den nordwestlichen Vororten Kiews vorgetragen werden. Die Expertenmeinungen sind uneins darüber, ob die russische Offensivkraft genügt, um eine Umzingelung Kiews zu vollenden und eine Einkesselung gegen ukrainische Gegenangriffe aufrechtzuerhalten.
Cherson, Mariupol, Charkiw: Die Lage im Osten und Süden der Ukraine
Auf Charkiw, zweitgrößte Stadt in der Ukraine, hat es am Dienstag weiter schwere Angriffe mit Artillerie und Raketenbeschuss gegeben. Dies ist nach Einschätzung der Expert*innen Vorbereitung für erneute Angriffe der Bodentruppen in den kommenden 24 Stunden. Es ist wohl davon auszugehen, dass am Mittwoch und Donnerstag weitere Frontalangriffe aus dem Nordosten stattfinden werden anstatt eines Einkesselungsversuchs.
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Die Lage in Cherson und Mariupol ist weiter unklar. Russland behauptet, Mariupol am Asowschen Meer eingekesselt zu haben und russische Truppen wurden auch bereits in der Stadt gesichtet. Der ukrainische Generalstab verkündete am Dienstag, dass russische Angriffe auf die Stadt abgewiesen worden seien. Es ist schwer einzuschätzen, wie genau die Lage in und um Mariupol ist. Klar ist aber, dass die russischen Truppen sich weiter bemühen werden, auch durch die Sicherung der Stadt Mariupol eine Landbrücke zwischen Rostow am Don und der Halbinsel Krim herzustellen. Hier nimmt Mariupol eine wichtige strategische Stellung ein.