Selfie-Verbot in beliebtem Urlaubsort? Italien will Touristenmassen bändigen - und führt "rote Zonen" ein

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Das italienische Fischerdorf Portofino will die Touristenmassen bänidigen
Durch die "roten Zonen" will die Regierung eine Verstopfung des Hafens von Portofino vermeiden.
Das italienische Fischerdorf Portofino will die Touristenmassen bänidigen
Domenico Farone/Pixabay
Portofino
Blick auf die Bucht San Fruttuoso. Die malerische Badeortschaft Portofino im norditalienischen Ligurien zieht jährlich massenhaft Touristen an.
Portofino
Marta Carenzi (Zuma Press)

Von morgens bis 18 Uhr dürfen Touristen in einem italienischen Urlaubsort nur noch flanieren, aber nicht länger rasten. Bei Zuwiderhandlung drohen hohe Strafen. Doch es gibt einen großen Haken.

Das Dorf Portofino an der italienischen Riviera ist ein beliebtes Urlaubsziel für Touristen. Etliche Bilder für Instagram werden in dem ehemaligen Fischerdorf am Golfo del Tigullio geknipst. Dementsprechend hoch sind auch die Hotel-Preise. Trotz der hohen Einnahmen, die in Hotellerie und Gastronomie fließen, sind die Menschenmassen für den Ort ein Problem.

Medienberichten zufolge hat Bürgermeister Matteo Viacava eine Verordnung unterzeichnet, die eine sogenannte "rote Zone" zwischen Ortskern und den umliegenden Stränden festlegt. Die Touristen dürfen dich dort zwar aufhalten und flanieren, jedoch nicht stehen bleiben. Das soll verstopfte Gassen und Plätze vermeiden, die den Einwohnern und den anderen Touristen Unannehmlichkeiten bereiten. Zuerst berichtete der Merkur darüber.

Nicht stehen bleiben: In der "roten Zone" ist nur Spazieren und Flanieren erlaubt

Viacava wehrte sich am Montag (24. April) gegen Vorwürfe, dass die Regelung touristenfeindlich sei oder der Abschreckung diene. Die Zonen befinden sich demnach vornehmlich dort, wo man einen besonders guten Ausblick auf die berühmte Bucht hat. Einige verstanden das als Selfie-Verbot - die Nachricht verbreitete sich vor allem in britischen Medien sowie den sozialen Medien rasant. Viele waren empört.

Der Bürgermeister zeigte sich angesichts der Reaktionen aus dem Ausland verärgert. "Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Niemand hier hat Selfies verboten, und selbst wenn die Engländer das schreiben, gibt es keinen Grund, das zu glauben", zitierte ihn Ansa am Montag. Die Verordnung verbiete lediglich aus Sicherheitsgründen Versammlungen in bestimmten Bereichen.

Von morgens bis abends 18 Uhr gilt diese Verordnung. In ihrem Geltungsbereich liegt die Piazza Martiri dell‘Olivetta, die innerhalb von kürzester Zeit verstopft. Bei Zuwiderhandlung hat der Bürgermeister absurd hohe Strafsummen angekündigt: Zwischen 65 Euro und 275 Euro soll man blechen.

Es gibt ein Problem: Wohin mit den Kreuzfahrttouristen?

Der Beschluss hat einen großen Haken. Die Berliner Morgenpost berichtete, dass Veranstalter von Kreuzfahrten oft Tagestrips von der ligurischen Hafenstadt La Spezia nach Portofino anbieten. In diesem Fall finden sich große Menschengruppen einen ganzen Tag lang in dem Örtchen ein, die im Gegensatz zu den Hotelgästen keine Aufenthaltsmöglichkeit haben. Durch diese Verordnung könnten sie dazu gezwungen sein, den ganzen Tag zu spazieren - ein Graus für Kinder, alte Menschen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität.

"Gruppen von Kreuzfahrttouristen sorgen für Staus auf den engen Gassen. Sie geben hier kaum etwas aus, verursachen aber viele Unannehmlichkeiten", wird der Inhaber eines Restaurants aus Portofino zitiert. Unter den Touristenmassen leidet nicht nur Portofino: Auch die Dörfer Monterosso al Mare, Vernazza, Corniglia, Manarola und Riomaggiore gelten inzwischen als überlaufen. Hast du auch Urlaubspläne in diesem Jahr? Vier Reiseziele solltest du 2023 möglichst vermeiden.

"Die Situation hat sich in den angegebenen Punkten als kritisch erwiesen, insbesondere in Manarola auf den Bahnsteigen, im Tunnel und in den Yachthäfen", erklärte die Bürgermeisterin von Riomaggiore, Fabrizia Pecunia, der Tageszeitung La Repubblica. Die Zeitung kommentierte: "Es droht der Zusammenbruch." Pecunia forderte daher ein "Sondergesetz", die Behörden die Befugnis einräumt, diese Urlaubermassen zu steuern.

Noch mehr Einschränkungen? Zweite Regelung wohl in Planung

Eine zweite Verordnung ist Medienberichten zufolge bereits geplant. Diese soll verbieten, in dem pittoresken Ort im Badeanzug oder barfuß herumzulaufen. Das gelte auch für Männer, die "oben ohne" durch die Ortschaft flanieren. Viacava zeigte sich überzeugt: "Portofino ist ein Juwel, man muss sich dementsprechend benehmen."

(mem/mit dpa)