Ein Zufall, eine Gruppenleistung, nur ein paar Wochen Arbeit - und ein Physik-Nobelpreis. Peter Higgs redete seine Leistung gerne klein. Nun ist er im Alter von 94 Jahren gestorben.
Er gab sich immer äußerst bescheiden: Hätte Peter Higgs seine Karriere als Forscher heute erst begonnen, vielleicht wäre nicht viel aus ihm geworden. Das glaubte der Brite jedenfalls selbst. Er sei für heutige Maßstäbe nicht produktiv genug, sagte er der Zeitung The Guardian - nachdem ihm 2013 gemeinsam mit dem Belgier François Englert der Physik-Nobelpreis zuerkannt worden war. Jetzt ist der "Vater" des Higgs-Teilchens Montag (8. April 2024 im Alter von 94 Jahren gestorben.
Er selbst wollte gar nicht so genannt werden. Sein Name sei eher zufällig mit dem Higgs-Teilchen verbunden worden, sagte er mitten im Nobelpreis-Rummel - es sei doch eine Gruppenleistung gewesen. Unabhängig voneinander waren er und Englert auf die Theorie gekommen.
Idee beim Wandern macht Physiker Peter Higgs weltberühmt
"Ich bekomme den Preis für etwas, für das ich 1964 zwei oder drei Wochen gebraucht habe. Das war nur ein sehr kleiner Teil meines Lebens", sagte Higgs. Seine Idee damals: So wie Gravitation Dingen ihr Gewicht verleiht, geben Urteilchen ihnen ihre Masse. Ein Gedanke, der den Physiker Jahrzehnte später weltberühmt machen sollte.
Angeblich beim Wandern in den schottischen Highlands kam Higgs als junger Forscher an der Universität Edinburgh auf diese Theorie, die fast ein halbes Jahrhundert keiner beweisen konnte. Der Durchbruch gelang schließlich am Kernforschungszentrum Cern in der Schweiz. Viele meinten, auch die Forschungseinrichtung hätte dafür den Physik-Nobelpreis verdient - doch Organisationen werden damit nicht geehrt.
Als Forscherinnen und Forscher die Entdeckung des Higgs-Teilchens am 4. Juli 2012 in Genf verkündeten, saß der Namensgeber mit im Publikum. Es war eine Sternstunde der Physik. Doch was machte den Beweis seines Teilchens so spektakulär? Mit seiner Theorie lieferte Higgs die Antwort auf eine wichtige Frage über das Universum: Was verleiht allen existierenden Dingen ihre Form und Größe? Oder andersherum gesagt: Ohne Higgs-Teilchen gibt es keine Masse im Universum.
Atheist Higgs gegen den Begriff "Gottesteilchen"
Ein Verleger bezeichnete das Higgs-Boson deshalb auch reißerisch als "Gottesteilchen". Das gefiel weder dem atheistischen Namensgeber noch anderen Teilchenforschern und -forscherinnen. Trotzdem: Das "Gottesteilchen" ist, ähnlich wie die Relativitätstheorie, vielen Menschen ein Begriff. Es war der letzte unbekannte Baustein im Standardmodell der Teilchenphysik und löste das Dilemma, das viele Theoretiker und Theoretikerinnen hatten: Die Elementarteilchen in ihrem Modell hatten keine Masse.
Buchtipp auf Amazon ansehen: Physik für Dummies
Der Higgs-Mechanismus funktioniert wie eine Art Sirup, der an Elementarteilchen klebt, sie abbremst und ihnen so Masse verleiht. Das Higgs-Feld, der Sirup, zeigt sich über das Higgs-Teilchen. Gemessen an der Aufmerksamkeit, die von dem Moment der Entdeckung an auf ihn einprasselte, war Higgs so etwas wie ein Physik-Popstar. Der Wissenschaftler bezeichnete das Rampenlicht teilweise als Plage. Je älter er wurde, desto weniger Interviews gab er. Stattdessen wollte der zweifache Vater mehr Zeit mit seiner Familie verbringen.