In Italien beschwert sich das rechte Lager schon seit Jahrzehnten über eine angeblich linke Justiz. So war das schon zu Zeiten von Berlusconi. Jetzt läuft alles auf eine Volksabstimmung hinaus.
Trotz viel Kritik treibt Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Italien den Umbau der Justiz voran. Der Senat in Rom, in dem ihre Koalition aus drei rechten und konservativen Parteien eine Mehrheit hat, entscheidet heute über eine grundlegende Reform. Die Abgeordnetenkammer hat das Vorhaben, für das die Verfassung geändert werden muss, bereits verabschiedet. Im nächsten Jahr wird es darüber wahrscheinlich eine Volksabstimmung geben. Erst danach könnte die Reform in Kraft treten.
Das Vorhaben gehört zu den zentralen Projekten von Melonis Dreier-Koalition, die bereits seit Herbst 2022 an der Regierung ist. Italiens Rechte – auch schon der inzwischen verstorbene Ministerpräsident Silvio Berlusconi – beklagt sich seit Jahrzehnten darüber, dass große Teile der Justiz parteipolitisch aufseiten der Linken stünden. In jüngerer Zeit nahmen die Vorwürfe wieder zu. Daraufhin wurden auch mehrere Richter unter Polizeischutz gestellt.
Politik soll über Besetzungen mitentscheiden können
Geplant ist nun, die Laufbahnen von Richtern und Staatsanwälten strikt zu trennen: Künftig soll es im Staatsapparat nur noch Juristen geben, die entweder Recht sprechen oder Anklage erheben können. Bislang ist ein Wechsel möglich. Zudem soll es neue Selbstverwaltungsorgane für Richter und Staatsanwälte geben. An deren Besetzung soll das Parlament beteiligt werden. Damit bekäme die Politik indirekt Einfluss auf Personalentscheidungen.
Die Reform ist sehr umstritten. Die Koalition argumentiert, dass das Machtgefüge zwischen Politik und Justiz neu justiert werden müsse. Auch Meloni hat sich mehrfach über eine parteiische Justiz beschwert. Kritiker hingegen sehen die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten in Gefahr. Die Opposition lehnt das Vorhaben ebenso ab wie große Juristenverbände. Zudem gibt es Vorwürfe gegen Meloni, wie in den USA oder in Ungarn die Gewaltenteilung verändern zu wollen.
Volksabstimmung mit Risiko für Meloni
Im Senat wird eine klare Mehrheit für ihre Pläne erwartet. Dennoch wird sich die Regierungschefin wahrscheinlich einem Referendum stellen müssen: Eine Verfassungsänderung wird in Italien nur bei einer Zweidrittelmehrheit sofort wirksam. Andernfalls kann die Opposition eine Volksabstimmung durchsetzen.
Das Referendum findet wohl im Frühjahr statt. Bislang scheiterten die meisten Verfassungsänderungen in solchen Abstimmungen. Für Meloni wäre dies also ein Risiko. Die nächste reguläre Parlamentswahl findet 2027 statt. Die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d'Italia will wieder antreten.
Vize-Ministerpräsident sieht «kommunistische Richter» am Werk
Zu Melonis großem Unmut hat die Justiz eines ihrer wichtigsten Vorhaben gestoppt: zwei Lager in Albanien zur schnelleren Abschiebung von Mittelmeer-Migranten. Ihr Vize Matteo Salvini sprach von «kommunistischen Richtern», denen das Handwerk gelegt werden müsse. Wegen seines Umgangs mit Migranten stand er selbst vor Gericht. In erster Instanz gab es einen Freispruch.