Nato-Admiral macht deutlich, wie schleppend die Ukrainer vorankommen

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Die Gegen-Offensive der Ukrainer kommt nur schleppend voran. Ein Nato-Admiral macht das am Samstag deutlich - nennt aber gleichzeitig auch den Grund dafür.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges berichtet inFranken.de über aktuelle Entwicklungen. Meldungen ab dem 25. Juli 2023 sind in diesem Artikel zu finden. Berichte bis zum 24. Juli 2023 gibt es in unserem vorherigen Ukraine-Ticker.

Ab dem 24. Februar 2022 gab es einen groß angelegten Angriff auf die Ukraine durch die russische Armee aus mehreren Richtungen. Der Ukraine-Krieg ist der Höhepunkt eines langen Konflikts zwischen der Ukraine und Russland. Seinen Anfang nahm er bereits im Dezember 2013.

Update vom 16.09.2023, 20.41 Uhr: Nato-Admiral: "Die Russen verlieren jeden Tag, 200, 300 Meter"

Das ukrainische Militär drängt russische Truppen bei seiner Gegenoffensive nach Angaben von Nato-Admiral Rob Bauer täglich rund 200 bis 300 Meter zurück. Die Ukrainer zahlten dafür einen hohen Preis, es gebe viele Tote und Verletzte, sagte er am Samstag (16. September 2023) anlässlich der Jahreskonferenz des Nato-Militärausschusses in Oslo. "Die Russen verlieren daher jeden Tag, 200, 300 Meter", sagte der Niederländer.

Der Grund, warum die Offensive nicht schneller vorankomme, seien enorme Mengen russischer Minen. Es gebe kilometerweit Minenfelder mit fünf bis sechs Minen pro Quadratmeter, die die Ukrainer zurückhielten. "Sie müssen buchstäblich vorwärts kriechen, um durchzukommen." Zudem widersprach er der Meinung, dass der Vormarsch der Ukrainer nur langsam voranschreite, weil Munition fehle.

Die Ukraine wehrt seit mehr als 18 Monaten eine russische Invasion ab. Vor gut drei Monaten hat Kiew dabei mit einer Gegenoffensive begonnen und will vor allem im Süden des Landes die russischen Verteidigungslinien durchbrechen. Moskau kontrolliert einschließlich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim derzeit rund 100.000 Quadratkilometer ukrainischen Staatsgebiets.

Update vom 10.09.2023, 19.00 Uhr: Helfer-Fahrzeug beschossen - Deutscher schwer verletzt

Im Osten der Ukraine ist ein Deutscher beim Beschuss eines Autos verletzt worden. "Der Fall eines verletzten deutschen Staatsangehörigen ist uns bekannt", hieß es am Sonntag in Berlin aus dem Auswärtigen Amt.

Nach Angaben der spanischen Regierung wurde dabei auch eine spanische humanitäre Helferin in der Nähe der Stadt Bachmut getötet. Die spanische Zeitung El Mundo berichtete, in dem von der russischen Armee am Samstagmorgen beschossenen Fahrzeug sei auch ein Kanadier getötet worden. Der Deutsche und ein Schwede seien schwer verletzt.

Die Verletzten hätten Schrapnellverletzungen und Verbrennungen erlitten und würden in Krankenhäusern behandelt, hieß es weiter. Die Gruppe humanitärer Helfer sei auf dem Weg in die Region um die heftig umkämpfte Stadt Bachmut im Osten der Ukraine gewesen, um sich um Zivilisten zu kümmern.

Update vom 05.09.2023, 6.40 Uhr: Höhepunkt der ukrainischen Offensive stehe kurz bevor

Der Militäranalyst Franz-Stefan Gady rechnet damit, dass die ukrainische Gegenoffensive in den kommenden Wochen kulminiert. "Letztendlich geht es in dieser Abnützungskampagne darum, welche Seite über mehr Reserven verfügt", schrieb Gady, der unter anderem für das Institute for International Strategic Studies (IISS) in London arbeitet, am Montag auf der Plattform X (ehemals Twitter). Nach heutiger, allerdings unvollständiger Datenlage scheine es möglich, dass die Offensive in den kommenden Wochen ihren Höhepunkt erreichen werde.

Bislang liege der Fokus viel zu sehr auf ukrainische Durchbrüche durch russische Verteidigungslinien und viel zu wenig darauf, ob die Ukraine genügend Kräfte haben werde, nachdem sie durch die Verteidigungslinien durchgebrochen sei, um tief in die besetzten Gebiete vorzudringen, sagte Gady am Montag im Deutschlandfunk. "Und hier wissen wir nicht wirklich, ob die Ukraine noch genügend Kräfte hätte, selbst wenn sie jetzt sehr schnell durch die einzelnen Verteidigungsstelle durchbrechen würde."

In den kommenden drei bis vier Wochen wird Gady zufolge entscheidend sein, inwiefern die Ukraine die Erfolge der vergangenen Tage strategisch ausnützen könne. "Danach werden Munitionsverbrauch und langsame Abnützung der Truppe wohl die Streitkräfte zum Kulminationspunkt dieser Offensive führen", schrieb er auf X weiter.

Die Ukraine wehrt seit über 18 Monaten mit massiver westlicher Hilfe eine russische Invasion ab. Vor rund drei Monaten hat Kiew mit einer Gegenoffensive begonnen, die schleppend verlief. In den vergangenen Tagen meldete Kiew Erfolge. Demnach ist die erste russische Verteidigungslinie in der Region Saporischschja durchbrochen worden.

Zu den jüngsten ukrainischen Erfolgen schrieb Gady, es sei immer klar gewesen, dass die russischen Verteidigungslinien früher oder später durchbrochen werden würden. Sie seien dazu konzipiert, die Ukraine abzunützen, nicht abzuwehren. "In einem Abnützungskampf, wie er jetzt stattfindet, ist langfristig das genaue Verhältnis der Verluste beider Seiten wichtiger als Geländegewinne", schrieb Gady weiter. Hier sei die Datenlage für eine Schlussfolgerung allerdings zu unvollständig, er gehe von "signifikanten Verlusten" auf beiden Seiten aus.

Doch bedeutet das, dass das Ende des Ukraine-Krieges naht? Der Konflikt wird nach Einschätzung des Militärexperten auch nach der Offensive weitergehen. "Dieser Krieg wird mit Sicherheit ins nächste Jahr noch gehen und dieser Krieg wird auch weiterhin noch sehr blutig geführt werden", sagte Gady im Deutschlandfunk.

03.09.2023, 15.45 Uhr: 60 Prozent der Ressourcen gebraucht - Ukraine überwindet aufwendige russische Verteidigungslinie

Bei ihrer Gegenoffensive haben die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben des Brigadegenerals Oleksander Tarnawskyj in der Region Saporischschja die erste und stärkste von mehreren russischen Verteidigungslinien durchbrochen. Die ukrainischen Verteidiger befänden sich jetzt zwischen der ersten und der zweiten Verteidigungslinie der Russen im Süden, sagte der Kommandeur der im Gebiet Saporischschja eingesetzten Truppen in einem Interview des "Observer", der Sonntagsausgabe der britischen Zeitung "The Guardian". Allein an der ersten Linie hätten die Russen 60 Prozent ihrer Ressourcen und Zeit aufgewendet, sagte er.

Tarnawskyj, der das Interview auch in seinem Telegram-Kanal verlinkte, sagte auch, dass bei den Verteidigungslinien zwei und drei nur noch je 20 Prozent der Ressourcen zu erwarten seien. Die Ukrainer bewegten sich derzeit auf die zweite Linie zu, sagte er. Die Gegenoffensive war lange Zeit durch ein riesiges Minenfeld in der Region erschwert worden. Die Entminung sei vor allem nachts erfolgt, sagte Tarnawskyj.

Im Gebiet Saporischschja hatte die ukrainische Armee zuletzt bei Robotyne nach wochenlangen Kämpfen russische Verteidigungsanlagen überwunden. Nun soll die nächste russische Linie angegriffen werden, die den Weg in die besetzten Städte Tokmak und Melitopol versperrt. Ziel ist, das etwa 90 Kilometer entfernte Asowsche Meer zu erreichen und die russischen Truppen voneinander abzuschneiden.

Die ukrainischen Streitkräfte melden seit Tagen Fortschritte in der Region, über die auch das US-Institut für Kriegsstudien ISW in seiner in Washington am Samstag (Ortszeit) veröffentlichten Analyse schrieb. Dort war auch unter Berufung auf russische Quellen die Rede von Problemen der Moskauer Besatzungstruppen. Für Russland verschlechtere sich die Lage an der Front. Auch im Raum Bachmut im ostukrainischen Gebiet Donezk meldet das ukrainische Verteidigungsministerium immer wieder Geländegewinne im Kampf gegen die russischen Besatzer.

21.08.2023, 10.45 Uhr: Medwedew schwört Russland auf langen Krieg ein

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine läuft nicht so, wie es sich Wladimir Putin zum Kriegsausbruch vor rund eineinhalb Jahren vorgestellt hatte. Die ukrainische Armee drängt die Angreifer immer wieder zurück, startet Gegenoffensiven und verursacht große Verluste auf russischer Seite. Dennoch glaubt Putins Vorgänger und Vertrauter Dimitri Medwedew weiterhin fest an einen Sieg. Seine neuesten Äußerungen klingen nun aber noch drastischer als die zuvor formulierten Ziele des Kreml.

Da hieß es nämlich noch, dass es Russland auf die Krim sowie die Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja abgesehen habe. Bei Medwedew hört sich der Eroberungsplan aber noch radikaler an: Denn die russische Nachrichtenagentur TASS berichtet, dass Medwedew vorhabe, das gesamte "nationalistische Regime" in Kiew zu eliminieren. Dies habe er bei Telegram angekündigt. Russland werde dafür wenn nötig jahrzehntelang kämpfen und anschließend einen Marionettenstaat errichten.

Gleichzeitig schickte er auch eine erneute Drohung an westliche Staaten, wenn diese die Ukraine weiterhin unterstützen: Sollte der Westen "Russland am Ende auseinanderreißen […] wird er mit uns sterben", zitiert die TASS Medwedews Telegram-Post.  Er selbst scheint jedoch an diesem Ausgang zu zweifeln, da er eher davon ausgeht, dass der Ukraine-Krieg den westlichen Unterstützern sowieso bald zu "langweilig, teuer und unwichtig" werde.

17.08.2023, 15.14 Uhr: Neuer deutscher Botschafter - Heftiger Vorwurf der "Russophobie"

Der neue deutsche Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, ist vom russischen Außenministerium mit heftigen Vorwürfen gegen Deutschland begrüßt worden. Der bisherige FDP-Bundestagsabgeordnete übergab am Mittwoch in Moskau im Außenministerium sein Beglaubigungsschreiben.

Dabei habe die russische Seite den "konfrontativen und unfreundlichen Charakter" der deutschen Politik in den bilateralen Beziehungen bemängelt, teilte das Ministerium mit. Die antirussische Politik Deutschlands mache jahrzehntelange Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil zunichte; es herrsche eine "unvernünftige Russophobie".

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2022 gegen die Ukraine hat Deutschland die Beziehungen zu Russland stark eingeschränkt, den Import von Gas gestoppt und trägt internationale Sanktionen mit. Das russische Außenministerium nannte nach eigenen Angaben gegenüber Lambsdorff die deutsche Unterstützung für die Ukraine und Waffenlieferungen gefährlich.

Neuer Deutscher Botschafter in Russland: Botschaft dünn besetzt

Der neue Botschafter tritt in Moskau in die Nachfolge von Géza Andreas von Geyr an. Die Botschaft ist personell mittlerweile dünn besetzt. Russland und Deutschland haben gegenseitig viele Diplomaten ausgewiesen. Auch die Arbeit des Goethe-Instituts und anderer deutscher Organisationen in Russland ist stark eingeschränkt.

11.08.2023, 10.15 Uhr: Russlands "Luna-25" gestartet - Erste Mondmission seit fast 50 Jahren

Russland hat mit dem Start seiner Raumsonde "Luna-25" erstmals seit fast 50 Jahren wieder eine Mondmission gestartet. Der Raumapparat zur Erforschung des Mondes soll noch in diesem Monat am Südpol landen und unter anderem nach Wasser suchen. Die Trägerrakete vom Typ Sojus-2.1b mit der Sonde an Bord hob wie angekündigt vom neuen Weltraumbahnhof Wostotschny in der Amurregion um 9.10 Uhr Ortszeit (1.10 Uhr MESZ) ab, wie bei einer Live-Übertragung der Weltraumbehörde Roskosmos zu sehen war. Die Sonde trat plangemäß nach wenigen Minuten in den Kosmos ein.

"Der Start ist gelungen", sagte Roskosmos-Chef Juri Borissow. Die Reisezeit zum Erdtrabanten in rund 384.000 Kilometer Entfernung beträgt demnach viereinhalb Tage. Er hoffe auf eine weiche Landung auf dem Mond am 21. August, weil zunächst in der Umlaufbahn nach einer idealen Stelle zum Aufsetzen gesucht werde. Alles laufe reibungslos, sagte Borissow. Wegen technischer Probleme war diese erste Mission seit 1976 mehrfach verschoben worden.

"Luna-25" ist Teil des russischen Mondprogramms. Das sieht vor, bis 2040 auch eine Raumstation auf dem Himmelskörper zu errichten. Roskosmos knüpft damit an sein sowjetisches "Luna"-Programm an, das 1959 begonnen hatte. Dabei hatten Raumsonden auch Mondgestein mit zur Erde gebracht. Eigentlich sollte die neue Sonde schon lange unterwegs sein. Erster geplanter Starttermin einer Mondsonde war 2012, zuletzt war der Mai 2022 anvisiert worden.

Russische Raumsonde ist auf dem Weg zum Mond: Was ist ihre Aufgabe?

Laut Roskosmos soll der 1800 Kilogramm schwere Raumapparat "Luna-25" dabei helfen, eine Technologie für eine weiche Landung zu entwickeln. Dazu habe die Sonde die Aufgabe, Bodenproben vom Mond einzusammeln und zu analysieren, hieß es. Zu den geplanten wissenschaftlichen Untersuchungen gehöre auch ein Studium der Oberflächenschichten und insbesondere des Lockermaterials auf dem Gestein im Bereich des südlichen Pols des Mondes, heißt es in dem Projektpapier.

Die Messungen sollen nicht zuletzt Aufschluss über den Zustand der Exosphäre des Himmelskörpers zu unterschiedlichen Tageszeiten geben - ein Mondtag und eine Mondnacht entsprechen jeweils etwa 14,5 Tagen auf der Erde. Dort schwanken die Temperaturen laut Roskosmos zwischen minus 170 Grad und plus 120 Grad Celsius. In der polaren Exosphäre laufen laut Roskosmos dynamische Prozesse eines Zusammenspiels von kosmischen Teilchen und Mondstaub ab. "Der Mondstaub schafft viele Probleme und Gefahren für die technischen Systeme."

Mikropartikel des Staubs seien giftig und von hoher chemischer Aktivität. Deshalb seien die Untersuchungen wichtig für eine mögliche spätere Erkundung des Mondes durch den Menschen vor Ort. Auch eine mögliche radioaktive Gefahr wird geprüft. Die Mission ist auf ein Jahr angesetzt.

Auf der Suche nach Wasser auf dem Mond

Ermitteln soll die russische Sonde vor allem auch den Anteil von Wasser im Boden. Die Raumforscher erwarten laut Roskosmos, dass der Wasseranteil im Lockermaterial verschwindend gering ist, weil bei Sonnenlicht und hohen Temperaturen alles verdunstet. Unter dieser Decke des abgelagerten Materials (Regolith) gebe es aber einen Dauerfrostboden. Die Wissenschaftler rechnen demnach damit, dort und auch in dauerhaft schattigen Regionen Wassereis zu finden.

"Luna-25" soll ebenfalls Bodenproben einsammeln - und kann dafür bis zu 40 Zentimeter in die Tiefe vordringen. Weitwinkelkameras fotografieren die Umgebung und die Landschaften, deren Aufnahmen über Radiokanäle zu einem Forschungszentrum auf der Erde gesendet werden können. Nach Darstellung von Roskosmos wird "Luna-25" zunächst in 100 Kilometer Entfernung vom Mond drei bis sieben Tage lang einen idealen Landepunkt wählen, um dort möglichst lange gute Lichtverhältnisse und eine Verbindung zur Erde zu haben.

10.08.2023, 11 Uhr: Wagner-Deal gescheitert? ISW spekuliert über Folgen für Russland

Nach ihrem Aufstand vom 24. Juni 2023 befinden sich noch viele Wagner-Söldner in Belarus. Rund 6000 Wagner-Kämpfer sollen es laut dem weißrussischen Oppositionspolitiker Pawel Latuschka  sein - 15.000 weitere könnten demnächst dazukommen, wie der Politiker gegenüber der Frankfurter Rundschau berichtet. Keine unbedeutende Streitmacht - und weiterhin eine militärische und vor allem politische Gefahr für Putin, wie das Institute for the Study of War (ISW) vermutet. Demnach sei der Wagner-Deal zumindest in Teilen gescheitert - mit ungewissen Folgen. 

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte in Folge des Aufstandes einen Deal zwischen Wladimir Putin und Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin vermittelt. Infolgedessen gingen zahlreiche Söldner nach Belarus. Dort haben sie wohl zu einer weiteren Destabilisierung des bereits instabilen Landes geführt. "Unsere belarussischen Quellen teilen uns mit, dass die Wagner-Söldner mit Waffen in Geschäften herumlaufen und, verzeihen Sie diese Wortwahl, weißrussische Mädchen belästigen", erzählt Latuschka der FR.

Bald schon, nämlich Ende August, könnten die tausenden Kämpfer aber nach Russland zurückkehren, wie das ISW vermutet. Doch was werden sie dort tun? Der Konflikt zwischen Wagner in Person Prigoschin und dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu scheint sich noch weiter zuzuspitzen, wenn dies überhaupt noch möglich ist. Denn Schoigu versucht, die ehemals von Wagner-Söldnern geführten, teils sehr lukrativen Operationen in Afrika mit der russischen Armee zu übernehmen. 

Dadurch scheint das Verhältnis zwischen Kreml und Wagner wieder weiter abgekühlt zu sein. Das ISW schließt das auch aus der Tatsache, dass Putin nach eher milderen Äußerungen Richtung Wagner und Prigoschin seinen Ton zuletzt wieder verschärft hat. Somit sei das zwischenzeitliche Ziel, Prigoschin von seinen Wagner-Söldnern zu isolieren und die Kämpfer in die regulären russischen Truppen zu integrieren, in weite Ferne gerückt.

Im Gegenteil: Prigoschin genieße weiterhin hohe Sympathien nicht nur bei seinen Söldnern, sondern auch in der Bevölkerung. Sollten die Wagner-Söldner tatsächlich unter Führung Prigoschins nach Russland zurückkehren, könnte das ein weiteres Zeichen für die innenpolitische Schwäche Putins sein und die Lage in Russland weiter destabilisieren, wie das ISW vermutet. Andererseits könnte Putin aber auch versuchen, die Söldner-Truppe in Russland zu reorganisieren und in die regulären Truppen einzugliedern um so Prigoschins Macht zu brechen. Eine abschließende Einschätzung der Lage sei jedoch derzeit nicht möglich.

08.08.2023, 7 Uhr: Wieder Raketen auf Wohnviertel - Tote und Verletzte

In der Nacht auf Dienstag, 8. August 2023 hätten nach ukrainischen Angaben zwei russiche Raketen die Stadt Pokrowsk in der Ostukraine schwer getroffen. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schreibt, hat sich der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko auf Telegram dazu geäußert und erklärt haben, dass die Raketen ein Wohnviertel getroffen hätten.

Nach den  offiziellen Angaben der Ukraine seien mindestens mindestens sieben Menschen getötet und 57 weitere verletzt worden. Weiter heißt es dazu bei der dpa: "Unter den Verletzten seien ein Kind, Polizisten und Rettungskräfte. Sie seien beim zweiten Angriff unter Beschuss geraten, als sie gerade dabei gewesen seien, den Opfern des ersten Einschlags zu helfen".

Zudem sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj i einer abendlichen Videoansprache, dass die Rettungsarbeiten andauerten. Die Russen hätten demnach bei ihrem Angriff Iskander-Raketen auf Pokrowsk abgefeuert. 

02.08.2023, 11.10 Uhr: Nach Hubschrauber-Zwischenfall - Polen schickt Truppen an Grenze zu Belarus

Polen hat Belarus vorgeworfen, mit Hubschraubern in den polnischen Luftraum eingedrungen zu sein - und hat daraufhin die Zahl der Soldaten an der Grenze erhöht. Zwei belarussische Hubschrauber, die in der Nähe der Grenze trainiert hätten, hätten den polnischen Luftraum verletzt, zitierte die polnische Nachrichtenagentur PAP am Dienstagabend das Verteidigungsministerium. Der Grenzübertritt habe am Dienstag in der Gegend von Bialowieza in einer sehr geringen Höhe stattgefunden, so dass er von Radarsystemen nur schwer habe erfasst werden können. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak habe angeordnet, die Zahl der Soldaten zu erhöhen und zusätzliche Ressourcen, darunter Kampfhubschrauber, an der Grenze bereitzustellen, wie es weiter hieß. Zahlen wurden nicht genannt. Polen habe die Nato über den Vorfall informiert.

Der Zuzug von Kämpfern der russischen Privatarmee Wagner nach Belarus sorgt in Polen und anderen Nato-Staaten für Unruhe. Die polnische Armee hatte deshalb bereits zusätzliche Truppen aus dem Westen des Landes nach Osten beordert. Am Samstag hatte sich der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki besorgt über Truppenbewegungen von Wagner-Söldner in Belarus Richtung Polen gezeigt. Damit werde die Situation an der Grenze "noch bedrohlicher". Zuvor hatte Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski angekündigt, Polen werde die Grenze zu Belarus weiter befestigen. Seit 2022 sind an der etwa 400 Kilometer langen Grenze 186 Kilometer mit einem 5,5 Meter hohen Zaun versehen worden.

Truppen der Privatarmee von Söldnergruppen-Chef Jewgeni Prigoschin waren nach einem gescheiterten Aufstand gegen Moskau nach Belarus umgesiedelt worden. Die Militärführung in Minsk hatte mitgeteilt, dass die Söldner in Belarus nun auch für die Ausbildung von Soldaten zuständig seien und ihre Kampferfahrung aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine vermitteln sollen. Polen befindet sich derzeit im Wahlkampfmodus, denn im Herbst wird in dem EU-Mitgliedstaat ein neues Parlament bestimmt. Vertreter der polnischen Armee sprachen angesichts der Wagner-Söldner in Belarus von einer russischen Propagandaaktion, die Unruhe stiften solle.

31.07.2023, 7.30 Uhr: Medwedew bringt erneut Atomwaffen-Einsatz ins Spiel

Der ehemalige russische Präsident und Putin-Vertraute Dmitri Medwedew hat erneut mit einer nuklearen Eskalation des Ukraine-Kriegs gedroht: In einer Online-Botschaft kündigte er an, auf die ukainische Gegenoffensive wiederum mit einem möglichen Einsatz von Atomwaffen reagieren zu wollen. Dies rechtfertigte er mit einem Verweis auf die russische Nukleardoktrin: Demnach wäre Russland zum Gebrauch von Nuklearwaffen "gewzungen", sollte die von der Nato unterstützte Gegenoffensive erfolgreich sein und von Russland annektierte Gebiete wieder an die Ukraine gehen, das sehe laut Medwedew zumindest ein Präsidialerlass vor. Doch wie verheerend wäre ein solcher Angriff hierzulande? Das wären die Folgen eines Atombombenabwurfs über Deutschland.

Putin im Ukraine-Krieg: Russische Marine erhält 30 neue Kriegsschiffe

Bei Russlands größter Marineparade in St. Petersburg hat Kremlchef Wladimir Putin unterdessen 30 neue Kriegsschiffe für die Seestreitkräfte in diesem Jahr angekündigt. "Heute setzt Russland die großen Aufgaben seiner nationalen Marinepolitik souverän in die Tat um und baut die Macht seiner Flotte konsequent aus", sagte Putin am Sonntag (31. Juli 2023).

Bei der zentralen Parade des Landes, die traditionell am letzten Sonntag im Juli in St. Petersburg und im nahen Kronstadt abgehalten wird, waren auch Verteidigungsminister Sergej Schoigu und mehrere Gäste des Afrika-Gipfels anwesend. Putin hatte bei dem Gipfel am Donnerstag und Freitag die Gäste auch zur Parade eingeladen.

Rede von Putin bei großer Marineparade: Was er dabei unerwähnt ließ

Das russische Staatsfernsehen übertrug das Großereignis und zeigte viele der insgesamt 33 Kriegsschiffe, darunter auch vier U-Boote. Die Sicherheitsvorkehrungen waren auch wegen befürchteter Anschläge im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine massiv. Zwar wurde Putin nach Kremlangaben über die neuerlichen Drohnenangriffe in Moskau informiert. Die Paraden in St. Petersburg und in anderen Regionen des Landes liefen aber ungeachtet der gespannten Lage dem Vernehmen nach ohne Störungen.

Putin erwähnte in seiner Rede auch die baltische und die Schwarzmeerflotte sowie andere Marineeinheiten, die "tapfer" ihre Aufgaben erfüllten. Die Schwarzmeerflotte ist auch im Krieg gegen die Ukraine im Einsatz und feuert von ihren Schiffen immer wieder Raketen auf das Nachbarland ab. Seinen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erwähnte Putin vor den in Paradeuniformen erschienenen russischen Militärangehörigen in seiner Rede aber nicht.

28.07.2023, 12 Uhr: Verhandeln Russland und die USA über einen Waffenstillstand?

Könnten sich die USA und Russland auf einen Waffenstillstand in der Ukraine verständigen? Verschiedene Medien, darunter die Online-Zeitung Moscow Times sowie der Sender NBC, berichteten bereits über Treffen zwischen Vertretern, die mehrmals im Monat stattfinden sollen. Die Informationen sollen von einem ehemaligen US-Diplomaten und Quellen stammen, die zwischen den USA und Russland vermitteln - verifiziert sind die Aussagen aber nicht.

Laut Medienberichten: "eineinhalbgleisige" Verhandlungen zwischen Russland und den USA

Bei den Gesprächen handle es sich um "eineinhalbgleisige" Verhandlungen, da offzielle und private anstelle von staatlichen Teilnehmer vertreten seien. Das habe auch einen bestimmten Grund: Bisher seien die Friedensverhandlungen an Putin gescheitert, der weiterhin auf einen Sieg aus ist. Russische "Eliten" würden laut dem Ex-US-Diplomaten daher versuchen, einen Waffenstillstand ohne Absprache mit Putin durchzusetzen - also einen Putsch zu wagen. "Wenn sie eine Alternative sehen, wird Putins Sturz nicht unmöglich sein."

Wie hoch die Verluste auf russischer Seite tatsächlich sind, kann nur geschätzt werden, da sich der Kreml typischerweise nur möglichst positiv zum Kriegsverlauf äußern will. Zuletzt hatte Putin aber sogar preisgegeben, dass sich die ukrainische Offensive verstärkt habe und es dadurch zu weiteren Verlusten gekommen sei, was aber weiterhin sehr zurückhaltend formuliert war.

Der russische Blogger Alexander Skurschajew sagte kürzlich in einem Interview, dass sich im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland bereits alles geklärt habe, man aber nun "irgendwie aus diesem Krieg herauskommen" müsse. Dabei müsse seiner Meinung nach auf Distanz zwischen den Streitkräften und auf einen Teilrückzug als Lösung gesetzt werden. Skurschajew glaube auch fest an einen Wechsel der politischen Regierung, sowohl auf russischer als auch auf ukrainischer Seite, und an einen Friedensvertrag - dazu komme es aber wohl erst in fünf bis zehn Jahren. Ganz anders sieht das aber der russische Politikexperte Georgi Bovt: Er befürchte nämlich, der Kreml halte an einem "totalen Krieg" fest und werde davon auch nicht abweichen.

26.07.2023, 10 Uhr: Russland hebt Einberufungsalter für Wehrpflichtige an

Das russische Parlament, die Staatsduma, hat die Obergrenze für Einberufungen zum Militärdienst um drei Jahre auf 30 angehoben. Das Parlament in Moskau beschloss am Dienstag die Gesetzesänderung in zweiter und dritter Lesung. Sie soll zum Jahreswechsel in Kraft treten. Bislang liegt die Obergrenze bei 27 Jahren. Das Mindestalter soll hingegen bei 18 Jahren bleiben. Zunächst hatten die Gesetzgeber versichert, dass es schrittweise auf 21 Jahre erhöht werden soll.

Wehrpflichtige Russen dürfen zudem das Land nach der Zustellung des Einberufungsbescheids nicht mehr verlassen. Aufgrund früherer Gesetzesänderungen müssen die Bescheide dabei nicht mehr persönlich überreicht werden - es reicht, wenn die Person in einem Online-Register erfasst wird. Bei Nichterscheinen sollen russischen Wehrpflichtigen außerdem erhöhte Geldstrafen von bis zu 30.000 Rubel (rund 300 Euro) drohen.

Im Herbst 2022 waren bei einer teils chaotisch organisierten ersten Mobilisierungswelle Hunderttausende Männer ins Ausland geflohen. Andere Russen entgingen der Einberufung dadurch, dass sie nicht an ihrer Meldeanschrift wohnten, sodass der nur in Briefform gültige Einberufungsbescheid nicht zugestellt werden konnte. Dieses legale Schlupfloch hat die russische Führung im Frühjahr 2023 geschlossen.

Um mehr Soldaten an die Front schicken zu können, ließ Präsident Wladimir Putin im Herbst bereits 300.000 Reservisten mobilisieren. Wehrpflichtige hingegen werden offiziell nicht ins Kriegsgebiet geschickt. Doch insbesondere in den ersten Kriegsmonaten gab es immer wieder Berichte über ihren Einsatz in der Ukraine. Zudem können sie Aufgaben zur Sicherung des Hinterlands übernehmen.

Russland soll im Ukraine-Krieg neuen Kampfpanzer "T-14" einsetzen

Zudem setze Russland auf eine weitere Strategie, nämlich den erstmaligen Einsatz des Kampfpanzers "T-14 Armata" in der Ukraine. Das berichtet zumindest die russische Nachrichtenagentur tass, die sich wiederum auf eine Militärquelle bezieht. Der Einsatz sei aber eher ein Testlauf gewesen, die Armata sei anschließend wieder abgezogen worden. Das Besondere an T-14 sei, dass der Geschützturm mitsamt Kanone innerhalb des Panzers gesteuert wird, sodass die Soldaten bei einem Angriff besser geschützt sind.

In den vergangenen Tagen hatte die Lage im und rund um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja erneut Beunruhigung ausgelöst, da die russischen Besatzer einen der Reaktoren warmlaufen lassen. Doch wie steht es um die Gefahr eines nuklearen Angriffs hierzulande? Das wären die Folgen eines Atombombenabwurfs über Deutschland.

25.07.2023, 10 Uhr: Undurchsichtige Lage rund um das Atomkraftwerk

Mit großer Sorge gehen die Blicke aktuell in der Südukraine. Wie unter anderem die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Dienstag (25. Juli 2023) meldet, haben russischen Besatzungstruppen im verminten Atomkraftwerk Saporischschja einen Reaktor in den Warmzustand versetzt. Kiew hat diesen Schritt bereits als gefährlich kritisiert.

Laut dem Bericht hat sich der ukrainische Atomenergiekonzern Enerhoatom dazu geäußert: "Solche Handlungen sind ein grober Verstoß gegen die Lizenzbedingungen zum Betrieb dieser Atomanlage. Derzeit darf der Betrieb des Blocks Nummer vier im AK Saporischschja ausschließlich im Kaltzustand erfolgen."

Russland sieht seine Aktion aber gut begründet. Der Block Nummer fünf müsse wegen technischer Wartungsarbeiten in den Kaltzustand heruntergefahren werden, teilte die Kraftwerksleitung am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Um dann wiederum den Bedarf an Dampf der Anlage zu decken, sei Reaktor Nummer vier dafür in den Warmzustand versetzt worden.

Russland spricht von Wartungsarbeiten - für die Ukraine zu unsicher

Die Experten der Ukraine warnen allerdings nicht ganz ohne Grund vor möglichen Folgen. Der Grund für die Befürchtungen sei der dpa-Meldung zufolge, dass der Block lange nicht betrieben und in der Zeit weder gewartet noch repariert worden sei.

Grundsätzlich gilt das Kraftwerk offiziell weiter als heruntergefahren. Auch im Warmzustand produzieren die Reaktorblöcke demnach keinen Strom, sondern lediglich Dampf. Heruntergefahren wurde die Anlage bereits im September 2022.

Das potenziell größte Atomkraftwerk Europas, mit einer Leistungsfähigkeit von knapp sechs Gigawatt, steht bereits seit Kriegsbeginn im Fokus und wurde schnell von russischen Truppen besetzt. Immer wieder werfen sich Russland und die Ukraine gegenseitig vor, das AKW für Drohgebärden zu missbrauchen und einen atomaren Vorfall zu provozieren.

Bestätigt durch internationale Behörde - Atomkraftwerk vermint 

Erst am Montag, so heißt es weiter, hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) den seit Wochen von Kiew geäußerten Vorwurf, die Anlage sei von den Russen vermint worden, bestätigt. Experten hatten am Rand des Geländes des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja Antipersonenminen entdeckt.

Laut Meldung seien im inneren Bereich des Geländes keine Minen festgestellt worden. "Dass sich derartige Sprengstoffe auf dem Gelände befinden, steht im Widerspruch zu den IAEA-Sicherheitsstandards und den Leitlinien für die nukleare Sicherheit", sagte  IAEA-Direktor Rafael Grossi.

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