Die Festnahme und Absetzung des Istanbuler Bürgermeisters löste im März landesweite Proteste aus. Nun ist die Anklageschrift gegen Ekrem Imamoglu fertig.
Dem inhaftierten Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu droht in der Türkei eine Haftstrafe bis zum Tod - die Staatsanwaltschaft fordert jedoch noch viel mehr. Weit mehr als 2.000 Jahre soll der prominente Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan ins Gefängnis, wie die Istanbuler Staatsanwaltschaft mitteilte, unter anderem wegen der Gründung und Leitung einer kriminellen Vereinigung sowie wegen Bestechung und Geldwäsche.
Imamoglu ist ein aussichtsreicher Herausforderer von Präsident Erdogan. Die Annahme der Anklageschrift durch das Gericht gilt als Formsache.
Imamoglu war im März unter Terror- und Korruptionsvorwürfen festgenommen und als Bürgermeister abgesetzt worden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Das Vorgehen gegen den populären Politiker hatte die größten Proteste seit mehr als zehn Jahren in der Türkei ausgelöst. Imamoglu selbst bestreitet die Vorwürfe. Kritiker sehen das Vorgehen als gezielten Versuch der Regierung, die stärkste Oppositionspartei im Land auszuschalten.
Tausende Seiten umfassende Anklageschrift «haltlos»
Der Staatssender TRT berichtete, in der mehr als 3.500 Seiten umfassenden Anklageschrift würden zusammengerechnet 2.430 Jahre Haft für Imamoglu gefordert, zunächst war von 2.352 berichtet worden. Sie richtet sich Berichten zufolge gegen rund 400 Verdächtige, unter ihnen etwa der ebenfalls inhaftierte Berater Imamoglus, Murat Ongun.
Ein Anwalt der Partei Imamoglus sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Anschuldigungen seien völlig haltlos. Er erwarte einen Freispruch am Ende des Verfahrens. In der Anklageschrift heißt es etwa, Imamoglu habe die Kontrolle über die CHP-Partei zu erlangen versucht, um so Geld für die Nominierung bei einer Präsidentschaftswahl zu generieren.
Macht der AKP bedroht?
Die Partei CHP war 2024 überraschend als landesweit stärkste Kraft aus den Kommunalwahlen hervorgegangen. Die AKP war dabei erstmals in ihrer Geschichte bei einer landesweiten Wahl nur zweitstärkste Kraft geworden - was viele als mögliche Vorstufe zu einer Ablösung der AKP-Regierung von Präsident Erdogan deuteten. Regulär sollen die nächsten Präsidentschaftswahlen 2028 stattfinden.
Der Istanbul-Vorsitzende der CHP, Özgür Celik, schrieb nach Bekanntwerden der Anklage auf X, das eigentliche Motiv sei, die Präsidentschaftskandidatur von Imamoglu zu verhindern.