Trump postete unter seinem Beitrag auch eine Grafik, die eine Verlaufslinie im Gazastreifen zeigt. In seinem vor fast einer Woche vorgestellten Friedensplan für ein Ende des Gaza-Kriegs war keine konkrete Rückzugslinie benannt worden. Stattdessen hieß es: Israelische Streitkräfte werden sich auf die vereinbarte Linie zurückziehen, um eine Geiselfreilassung vorzubereiten.
Kurz vor Trumps Mitteilung hatte Netanjahu deutlich gemacht, die israelische Armee werde sich neu positionieren, aber weiterhin strategisch wichtige Gebiete «tief im Gazastreifen» kontrollieren.
Netanjahu zuversichtlich: baldige Rückgabe aller Geiseln
Netanjahu äußerte sich zugleich hoffnungsvoll über die Möglichkeit einer baldigen Freilassung der restlichen Geiseln im Gazastreifen. «Wir befinden uns kurz vor einer großen Errungenschaft», sagte er. Dies sei aber noch nicht absolut sicher. «Ich hoffe, dass wir euch mit Gottes Hilfe in den nächsten Tagen, noch während des Laubhüttenfests, über die Rückkehr aller unserer Geiseln informieren können.» Das Laubhüttenfest beginnt am Montagabend und dauert eine Woche.
Zugleich hob Netanjahu hervor, dass die Rückgabe der Geiseln erfolgen könnte, während die israelische Armee noch im Gazastreifen stationiert bleibe. Sicher sei, dass die Hamas entwaffnet und der Gazastreifen entmilitarisiert werde. Dies könne entweder auf diplomatischem Weg - entsprechend dem Friedensplan von Trump - oder mit militärischen Mitteln geschehen. «Es wird auf dem leichten oder auf dem schweren Weg erzielt - aber es wird passieren.»
Die Hamas hatte einen Abzug des israelischen Militärs bisher immer zur Bedingung für eine Rückgabe aller Geiseln gemacht. Am Samstag kam es nach palästinensischen Angaben erneut zu schweren Luftangriffen mit mindestens 70 Toten. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Derzeit sind noch 48 Geiseln in der Gewalt von Islamisten, darunter auch sieben mit deutscher Staatsangehörigkeit. Von den Entführten sind nach israelischen Informationen 20 noch am Leben. Die Hamas hatte in der Vergangenheit Vermittlern gesagt, nicht zu wissen, wo sich einige der Leichen befinden.
Rechtsextremer Regierungspartner droht mit Koalitionsbruch
Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner, auf die er für das Überleben seiner Regierung angewiesen ist, kritisierten ihn hingegen scharf. Sie hatten eine Annexion und Wiederbesiedlung des Küstenstreifens gefordert, aus dem Israel sich vor 20 Jahren zurückgezogen hatte. Finanzminister Bezalel Smotrich bezeichnete Netanjahus Entscheidung, die Militäroffensive in der Stadt Gaza zu stoppen und Gespräche zu führen, als «schwerwiegenden Fehler». Dies unterhöhle die Position Israels.
Der ebenfalls ultrarechte Polizeiminister Itamar Ben-Gvir drohte mit einem Austritt seiner Partei aus der Regierung, sollte die «Terrororganisation Hamas nach der Freilassung aller Geiseln weiterhin» existieren. «Wir werden uns nicht an einer nationalen Niederlage beteiligen, die (...) zu einer tickenden Zeitbombe für das nächste Massaker werden wird», sagte er.
Mutter einer Geisel warnt vor Netanjahu und den Rechtsextremen
Die Mutter einer Geisel, Einav Zangauker, deren Sohn Matan am 7. Oktober 2023 entführt worden war, warnte bei einer Demonstration in Tel Aviv davor, dass Netanjahu gemeinsam mit Smotrich und Ben-Gvir die Geiselfreilassung noch zu Fall bringen könnte. Nach Angaben der Organisation der Angehörigen von Geiseln demonstrierten in Tel Aviv 120.000 Menschen für die schnelle Freilassung der Geiseln und einen Friedensschluss.
Am Freitagabend hatte die Hamas Teile von Trumps Friedensplan - darunter grundsätzlich eine Freilassung aller Geiseln - akzeptiert, zugleich aber weitere Verhandlungen verlangt.
Entwaffnung der Hamas und Rückzug Israels Knackpunkte
Bei den Gesprächen in Ägypten dürfte es um eine ganze Reihe strittiger Fragen gehen. So hatte sich die Hamas am Freitagabend auch nicht zu der Forderung in Trumps Friedensplan nach ihrer Entwaffnung geäußert. Dies ist nach Informationen aus Hamas-Quellen eine für die Islamisten nur schwer zu erfüllende Forderung. Auch die Frage, wie die einzelnen Schritte von Trumps 20 Punkte umfassenden Friedensplan räumlich und zeitlich miteinander verzahnt werden können, ist bisher ungelöst.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das von der Hamas und anderen Terroristen verübte Massaker in Israel, bei dem am 7. Oktober 2023 rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden waren. Seit Kriegsbeginn wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 67.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet.