Was sagen die Gegner?
Kritiker weisen immer wieder auf die Gefahren durch Massenüberwachung hin. Besonders Datenschützer sehen in dem Ansatz einen massiven Eingriff in die Privatsphäre.
Dieser Kritik schließt sich auch der Messenger WhatsApp an, der in Deutschland von etwa drei Vierteln der Bevölkerung genutzt wird. Trotz gegenteiliger Behauptungen gefährde der Vorschlag gefährde die Privatsphäre, Freiheit und digitale Sicherheit aller, sagte eine Sprecherin des Facebook-Konzerns Meta, zu dem auch WhatsApp gehört, dem Portal Netzpolitik.org.
Signal hatte sogar angekündigt, sich aus Europa zurückzuziehen, sollte die EU-Verordnung kommen.«Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, entweder die Integrität unserer Verschlüsselung und unsere Datenschutzgarantien zu untergraben oder Europa zu verlassen, würden wir leider die Entscheidung treffen, den Markt zu verlassen», sagte Signal-Chefin Meredith Whittaker der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Datenschutzexpertin ist Präsidentin der gemeinnützigen Signal-Stiftung in den USA, die Signal entwickelt.
Wie positioniert sich Deutschland?
In den letzten Wochen wurde spekuliert, ob die Bundesregierung ihre jahrelange harte Ablehnung der Einführung der Chatkontrolle aufgeweicht hätte. Das Bundesjustizministerium erteilte dem Vorhaben der EU nun vor den Beratungen eine klare Absage. «Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein», sagte Justizministerin Stefanie Hubig (SPD).
Private Kommunikation dürfe nie unter Generalverdacht stehen und der Staat dürfe Messenger auch nicht dazu zwingen, Nachrichten vor Versendung massenhaft auf verdächtige Inhalte zu scannen. «Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen», fügte Hubig hinzu.
Zuvor hatte sich bereits die Union im Bundestag gegen das Vorhaben gestellt. «Das wäre so, als würde man vorsorglich mal alle Briefe öffnen und schauen, ob da etwas Verbotenes drin ist», sagte Fraktionschef Jens Spahn (CDU) in Berlin mit Blick auf die laufende Debatte auf EU-Ebene. «Das geht nicht, das wird es mit uns nicht geben.».
Dennoch gibt es innerhalb der Bundesregierung noch keine einheitliche Haltung. «Es gibt noch keine verkündbare Einigung», sagte eine Sprecherin von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) in Berlin. Regierungssprecher Stefan Kornelius teilte zwar die Einschätzung der Justizministerin, dass anlasslose Chatkontrolle ein «Tabu» sei. Gleichzeitig betonte er: «Es geht uns um die Prävention und die Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Kindern und nicht um Chatkontrolle.»
Wie geht es weiter?
Zeichnet sich bei den Beratungen der Botschafter am Abend eine Einigung ab, könnte das Thema beim Rat der Innenminister Anfang nächster Woche in die nächste Runde gehen. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Bei manchen großen Ländern, deren Stimmen bei einer Abstimmung besonders ins Gewicht fallen würde, ist nicht klar, wie sie sich positionieren.
Im Rat der Mitgliedstaaten bräuchte es zu einer Annahme der Verordnung letztendlich die Zustimmung von 15 der 27 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Sollte Deutschland ankündigen, nicht für den Vorschlag zu stimmen, könnte das Thema zunächst wieder vom Tisch sein.
Findet sich eine Mehrheit für den Vorschlag, bräuchte es dann eine Einigung mit dem Europäischen Parlament. Das sieht eine mögliche Chatkontrolle aber quer durch alle politischen Lager äußert kritisch und wollte den ursprünglichen Vorschlag damals entschärfen.