Dr. Eckart von Hirschhausen ist in seiner neusten ARD-Dokumentation "Hirschhausen und der Schmerz" den Schattenseiten von Schmerzmitteln auf den Grund gegangen. Dabei trifft der Experte auch den ehemaligen Bundesliga-Profi Ivan Klasnić, der von seinem erschreckenden Schicksal berichtet.
Schmerzmittel haben den klaren Zweck, Schmerzen zu lindern. Doch was, wenn die Medikamente selbst zum großen Problem werden? In seiner neusten ARD-Dokumentation mit dem Titel "Hirschhausen und der Schmerz" geht Dr. Eckart von Hirschhausen den Schattenseiten des Schmerzmittel-Marktes auf den Grund. Der Experte erfährt von teils unbekannten Gefahren, erschütternden Patienten-Schicksalen, aber auch vielversprechenden Alternativen.
Über hundert Millionen Packungen Schmerzmittel werden laut der ARD-Doku jedes Jahr in Deutschland verkauft. Die Zahl steige immer weiter an, fast jeder dritte Erwachsene nehme sie innerhalb eines Monats ein. Eine von ihnen ist Sybille, die seit zehn Jahren an Arthrose leidet. "Das fing ganz langsam an", schildert die 77-Jährige gegenüber Dr. Eckart von Hirschhausen, der sie in der Entzugsklinik besucht. Doch als erste Maßnahmen zur Schmerzlinderung nicht halfen, verschrieb ihre Hausärztin das Siebenfache der empfohlenen Höchstdosis an Opioiden.
Die Folge: Sybille wog plötzlich nur noch 45 Kilo, halluzinierte - und hatte nach wie vor starke Schmerzen. "Ich war durchgedreht. Ich habe draußen auf der Terrasse gesessen und habe Kaninchen gesucht", erinnert sich die ehemalige Krankenschwester an ihre Halluzinationen. Sybille war abhängig von Fentanyl geworden.
Expertin warnt vor zu hohen Dosierungen von Schmerzmitteln: "Da sollten alle Alarmglocken schrillen"
"Fentanyl ist eine Abart auch von den Mitteln, die an den gleichen Rezeptor binden wie Heroin", referiert Dr. Eckart von Hirschhausen. Das Opioid gilt als eines der stärksten Schmerzmittel überhaupt: Es wirkt bis zu 100-mal stärker als das Opiat Morphin, führt der Mediziner aus.
Die große Gefahr an Opiaten: Viele bekommen sie über Monate und gar Jahre verschrieben oder auch eine zu hohe Dosis, was dann zu einer Sucht führen kann. "Da sollten alle Alarmglocken schrillen. Ein Kernproblem ist die fehlende Verantwortung in unserem fragmentierten Gesundheitssystem", erklärt Professorin Andrea Burden, Pharmakoepidemiologin an der ETH Zürich, dass viele Ärzte einfach den Überblick darüber verlieren würden, was vielleicht schon von einer anderen Klinik oder einem anderen Arzt verschrieben wurde.
Hirschhausen stellt klar, dass akute Schmerzen durchaus mit Medikamenten behandelt werden sollten. Er warnt jedoch davor, dass die zu häufige Einnahme von Schmerzmitteln Betroffene sogar schmerzempfindlicher machen würden. Seine Empfehlung lautet die 10-20-Regel: In einem Monat nicht mehr als zehn Tage etwas gegen akute Schmerzen einnehmen, die restlichen 20 Tage auf die Medikamente verzichten: "Die Dosis macht bekanntlich das Gift - und natürlich, wie lange man etwas nimmt."
Was dabei oft unterschätzt werde: die Risiken und Nebenwirkungen von frei verkäuflichen Medikamenten wie Ibuprofen, Aspirin und Paracetamol. "Gerade Paracetamol kann überraschend schnell Organe schädigen, vor allem die Leber", nennt Hirschhausen ein bekanntes Beispiel. Immer mehr Expertinnen und Experten warnen vor dem leichtfertigen Einsatz des schon bei Kindern gerne eingesetzten Medikaments.