Die deutsche Automobilindustrie befindet sich in einer Krise. Die Aufträge der großen Konzerne gehen zurück, teils weil man die Entwicklung zum E-Auto verschlafen hat. Ausgerechnet in diesem Moment steuert die ARD-Doku dagegen und fragt besorgt nach dem Kfz als einer "deutschen Liebe".
Die Gewinne in der Automobilindustrie gingen zuletzt um Milliarden zurück, BMW meldete für 2024 einen Rückgang auf 7,7 Milliarden Euro, der Gewinn der VW-Tochter Audi brach um 33 Prozent auf 4,2 Milliarden ein, Zulieferer meldeten Insolvenz. Jammern auf hohem Niveau - oder doch eine veritable Krise für den liebsten Vorzeigebesitz der Deutschen? - Der neue "ARD Dokumentarfilm: Kraftfahrzeug - Eine deutsche Liebe" von Jan Tenhaven (NDR) steuert dagegen, wenn er "in großen Bildern und schrillen Szenen" Einblicke gewährt in Tricks und emotionale Verführung der Automobilindustrie und dabei ein "unterhaltsames Roadmovie" durch das -immer noch - Autoland Deutschland verspricht.
Auch fast 150 Jahre nach dem ersten von Carl Benz in Deutschland entwickelten Motorwagen fasziniert in Deutschland das Automobil. Zwar hinken die Hersteller auf dem Weltmarkt für Elektro- und Hybridfahrzeuge hinterher, doch noch wird trotz des hohen Rückgangs auf eher hohem Niveau geklagt. Bürokratieabbau und Innovationen sollen in Zukunft helfen. Dennoch werden Werksschließungen und die Insolvenz von Zulieferern vermeldet.
Noch immer ist das Auto ein Kultobjekt der Deutschen, der Hang zu Größe und zu PS-Stärke scheint ungebrochen. Das Thema Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen scheint tabu. In dieser Situation trifft Tenhaven auf leidenschaftliche Autoliebhaber und Kritiker gleichermaßen. Der Business-Journalist Ulf Poschardt, Herausgeber von Welt, Politico und Business Insider, schwärmt in seinem Buch "Über Sportwagen" von der Zukunft sportlicher Automobile als Ausweichvehikel gegenüber dem volkstümlichen, zeitlich begrenzten Rest.
Die Podcasterin Katja Diehl tritt indessen für den Mobilitätswandel ohne eigenes Auto ein und Verbandspräsidentin Hildegard Müller verteidigt das Auto noch immer als "Rückgrat der Wirtschaft". Wenn dann René Staud, der zu Deutschlands bekanntesten Autofotografen gehört, seine Werke zeigt oder der BMW-Chefdesigner Adrian van Hooydonk das Frontdesign neuer Modelle erklärt und es dazu große Bilder gibt, wäre sie unterm Strich wohl wieder einmal bewiesen, die Liebe der Deutschen zu ihrem Kraftfahrzeug.
ARD Dokumentarfilm: Kraftfahrzeug - Eine deutsche Liebe - Di. 09.09. - ARD: 23.25 Uhr