In Schweden tobt seit Jahren ein Krieg krimineller Banden. Eine ZDF-Doku zeigt: Jugendliche werden von Gangs rekrutiert, um blutige Jobs auszuführen - Polizei und Regierung scheinen machtlos. Gibt es für Schweden einen Ausweg aus der Gewalt?
Bilder einer Überwachungskamera zeigen, wie mehrere maskierte Männer einen Friseursalon stürmen. Einer von ihnen zieht eine Waffe, zielt und schießt einem Kunden in den Rücken. Ähnliche Szenen spielen sich in einem voll besetzten Restaurant ab. Andere Videos zeigen, wie ein maskierter Mann mit einem Maschinengewehr aus einem fahrenden Auto schießt.
Die grausamen Videos haben eine Gemeinsamkeit: Sie alle stammen aus Schweden. Denn dort ist seit Jahren ein Krieg zwischen kriminellen Gangs ausgebrochen, die um die Vorherrschaft im Drogenhandel kämpfen. Die zunehmende Gewalt zeigt sich auch in der Statistik: So hat Schweden die höchste Mordrate in Westeuropa und sowohl die Täter als auch die Opfer werden immer jünger. In der ZDF-Dokumentation "Die Gangs von Schweden - Wenn Teenager morden" schlägt die Polizei Alarm: "Niemand ist mehr sicher!"
Reine Berglund ist Kriminalkommissar in Stockholm. Für ihn ist die Bandenkriminalität trauriger Alltag geworden: "Es ist schrecklich und doch gewöhnen wir uns daran. Mich überrascht nichts mehr", gibt er zu.
Gewalt gebe es in Schweden schon seit Jahren, so der Polizeikommissar, "seit zwei, drei Jahren und vor allem seit letztem Winter ist sie jedoch eskaliert." Besonders fatal: Die blutigen Kämpfe der Gangs werden nicht mehr nur untereinander ausgetragen. Auch Familien und Angehörige der Bandenmitglieder geraten immer wieder in den Fokus "nur, weil sie denselben Nachnamen tragen", sagt Berglund.
Kriminelle Gangs setzen Jugendliche für Straftaten ein
Neu sei außerdem, dass die Taten nicht mehr nur in Problembezirken stattfinden, erklärt Berglund: "Jetzt geschehen Morde und Explosionen in gutbürgerlichen Gegenden. Niemand ist mehr sicher, jeder kann Opfer einer Gewalttat werden."
Ein Bandenmitglied, das in der Doku zu Wort kommt, jedoch anonym bleiben will, berichtet: "Ich bin schon seit zehn Jahren im Geschäft. Die Zeiten haben sich ganz schön geändert, so krass war es davor nicht." Er stellt klar: "Du musst jeden Moment damit rechnen, dass du erschossen und getötet wirst." Die Polizei habe die Situation nicht mehr unter Kontrolle - die Gangs selbst jedoch auch nicht: "Wir haben die Kontrolle darüber verloren, wer getötet wird", erklärt er.
Wie brutal es in den Gangs zugeht, wissen auch der 16-jährige Ali und seine Freunde. Sie sind seit Jahren Mitglieder einer kriminellen Bande. "Angefangen habe ich mit neun oder zehn", erinnert sich der Jugendliche. Seine Familie habe kein Geld gehabt, also habe er sich selbst etwas dazuverdienen wollen. Die Gangs setzen gezielt auf junge Mitglieder, vor allem, wenn es um größere Straftaten geht. Denn den Teenagern drohen meist nur drei bis vier Jahre Haft, Täter unter 15 Jahren können gar nicht strafrechtlich verurteilt werden.