Nach Nikotin und Alkohol ist Zucker als körperfeindliches Suchtmittel längst identifiziert. Doch die Sucht wird von der Lebensmittelindustrie ungebremst weiter befördert. Unter dem Eindruck des steigenden Konsums blickt ARTE auf die Kolonialgeschichte der letzten 500 Jahre zurück.
In Maßen konsumiert, gilt Zucker als zuverlässiger Energielieferant. Doch übermäßiger Genuss führt zu Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Selbst die Gehirnzellen können beschädigt werden, das Gedächtnis wird bedroht. Trotzdem steigt der Zuckerkonsum nach wie vor. Schuld daran trägt einerseits eine exzessive Werbung, die beim Konsum Kraft- und Glücksgewinnung suggeriert, andererseits der "versteckte Zucker", der in vielen präparierten Lebensmitteln enthalten ist. Soweit die bekannten Fakten. Der zweiteilige ARTE-Film von Mathilde Damoisel (ARTE F) geht darauf allenfalls in lustigen, prall bunten Werbecomics ein, die jedoch für sich sprechen. Vielmehr wird die Kolonialgeschichte des Zuckerrohranbaus gestern und heute unter die Liupe genommen. Zu besichtigen sind beide Seiten der Geschichte: die Süße und der Schmerz, der ihr gegenübersteht.
Pralinen naschend liegt die Hausfrau mit ihren Lockenwicklern auf dem Sofa und liest ihren Frauenroman. Rennradfahrer feiern den Sieg des Zuckers und preisen seine Energie. Kinder naschem fröhlich und ungebremst drauflos, in Stummfilmen werden die Sahnetorten geworfen. Doch all das hat seine bittere Seite - nicht nur, weil Adipositas und Herzkrankheiten zu fürchten sind, sondern auch, weil in vielen Teilen der Welt noch immer sklavische Verhältnisse beim Zuckerrohranbau herrschen. Nach der Abschaffung der Sklaverei haben große Konzerne die massenhafte Weiterverpflichtung der Arbeitssklaven übernommen.
Etwa 12,5 Millionen schwarze Sklaven wurden seit der Entdeckung Amerikas durch Christof Kolumbus auf den amerikanischen Kontinent und die karibischen Inseln aus Westafrika transportiert, um auf den Zuckerrohrplantagen als Sklaven Schwerstarbeit zu leisten. Und heute?
Modernes Sklavenhaltertum?
Trotz der jüngsten Konkurrenz durch den Zuckerrübenanbau und den Einsatz moderner Maschinen ist das Slavenhaltertum noch immer in machen Staaten der USA, in Brasilien und der Karibik, sowie an den Rändern des Indischen Ozeans weit verbreitet. Die Gesichter und Aussagen der Arbeiter und Arbeiterinnen im Film erzählen davon. Es sind noch immer Nachfahren der früheren Sklaven, die von "der schwersten Arbeit der Welt" berichten. Nicht selten wurden sie von den Konzernen durch falsche Versprechen angelockt. Blickt man in ihre tieftraurigen Gesichter, könnte der Gegensatz zu den Glück versprechenden Bildern der Werbung nicht größer sein.
Zucker: Genuss um welchen Preis? - Di. 07.10. - ARTE: 20.15 Uhr