Die Lebenshaltungskosten steigen. Allein die Preise für Lebensmittel haben sich seit 2019 um 37 Prozent erhöht. Die Konsumlaune ist im Keller. "Was tun gegen die steigenden Preise?" Louis Klamroth suchte nach Antworten - auf dem Parkplatz vorm Discounter, im Supermarkt und im TV-Studio...
Endlich durfte Louis Klamroth wieder das tun, was er am liebsten macht: Sich unters Volk mischen. Auf dem Parkplatz vor einem Discounter in Baden-Württemberg und im Supermarkt, wo der Moderator Honig in die Regale schlichtete und Menschen an der Kasse bediente. Ziel der Mission: Herauszufinden, ob den Konsumentinnen und Konsumenten aufgefallen ist, dass Lebensmittel teurer werden. Bei einem Preisanstieg um 37 Prozent innerhalb von sechs Jahre war das Ergebnis dieser spektakulären "Marktrecherche" vorherzusehen...
Besonders Kakao und Schokolade verzeichneten seit 2019 ein Plus von 59,4 Prozent. Dass der Konzern Mondelez den Preis einer 100 g Tafel Milka-Schokolade von 1.49 Euro auf 1.99 Euro erhöht hat, davon zeigte sich der Linken-Politiker Jan van Aken im Studio "persönlich betroffen." "Ich habe nachrecherchiert", redete er sich in der Sendung zum Thema "Alles wird teurer: Was tun gegen die steigenden Preise?" in Rage, "dann sind Rohstoffpreise gestiegen, aber für eine 100 g Tafel waren das 18 Cent und nicht 50." Dass die Tafel kurz darauf auf 90 g reduziert wurde, "Das ist Beschiss", warf er dem Hersteller vor und holte zum Rundumschlag aus: Die vier großen Firmen, die 80 Prozent des Handels kontrollierten, müssten sagen: so geht es nicht!
In Frankreich sei das der Groupe Carrefour gelungen, erhielt er von der selbsternannten "Klugscheißerin für Lebensmittel und Ernährung" Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin Rückendeckung. Sie forderte mehr Transparenz, denn "Preise sind in Deutschland eine Blackbox. Wir kennen die Erzeugerpreise und den Preis am Regal, aber was dazwischen ist, wissen wir nicht. Ich glaube aber, das sollten wir wissen", sagte sie und erhielt Applaus.
Die Transparenz sei gegeben, widersprach Stefan Genth (Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland) mit Bezugnahme aufs Bundesamt für Statistik. Außerdem hätten leere Regale in der Vergangenheit bewiesen, dass der Handel nicht jede Preiserhöhung seitens der Hersteller akzeptiere. Viel Einfluss hätten Händler aufgrund der geringen Margen von 1 bis 3 Prozent jedoch nicht, zudem wäre der Wettbewerb hoch: "Wenn der Kunde die Produkte nicht mehr im Regal sieht, dann geht er woanders hin." Von einer "goldenen Zeit für den Handel" könne keine Rede sein. Inflationsbereinigt würde die Branche seit drei Jahren ein Nullwachstum verzeichnen.
"Um Herrn Lidl (Anm.: Dieter Schwarz, Gründer von Lidl und Kaufland) mache ich mir mit einem Vermögen von 46,5 Milliarden Euro keine Sorgen", hielt sich van Akens Mitleid in Grenzen, "ich mache mir um die Sorgen, die sich oft genug entscheiden müssen: Warme Wohnung oder warme Mahlzeit?" Das solle niemand in Deutschland nötig haben.
Dass er es selbst an diesem Morgen "nötig hatte", 15 (!) Tafeln Schokolade zum Aktionspreis von 1.11 Euro zu kaufen, sorgte kurz für Lacher bei diesem existenziellen Problem. "Ich kann mir Schokolade für 1.99 Euro nicht leisten", verteidigte er sich ...
"Die Lösung des Problems ist nicht, den Händlern etwas wegzunehmen"
Deutschland sei im Europa- und weltweiten Vergleich billig, sagte Mark Schieritz (Wirtschaftsjournalist bei der "Zeit"). Zudem seien die Preise nur eine Seite der Medaille, die andere seien die Löhne. "Die Lösung des Problems ist nicht, den Händlern etwas wegzunehmen", betonte er. Dass "irgendetwas" passieren müsse, darin gaben ihm alle recht. Nur was?