Olympiasieger, Katastrophe zum Karriereende - und dann der große Triumph mit Verzögerung: Henry Maske legte eine Boxkarriere der außergewöhnlichen Art hin. In einer ZDF-Doku blickt er zurück, bleibt aber bei der Beantwortung der wichtigsten Frage vage.
Die Zahlen sprachen am 31. März 2007 nicht unbedingt für Henry Maske: Der Olympiasieger von 1988 war bereits 43 Jahre alt, im Boxring hatte er zu diesem Zeitpunkt seit elf Jahren nicht mehr gestanden. Was also bewog die Sportlegende, erneut die Handschuhe zu schnüren und die Revanche gegen Virgil Hill zu wagen? "Wenn, dann war es der Ruhm", vermutet Maske in der ZDF-Dokumentation "Henry Maske - mein Weg" (ab sofort streambar im ZDF).
Abgesehen davon bleibt der Boxer ist der nostalgischen Doku eher vage, schwelgt lieber in seinen zweifelsfrei bemerkenswerten Erfolgen. Zu eindeutigeren Statements lassen sich im Film von Tim Schroedter dagegen einige Wegbegleiter des Sportlers hinreißen.
"Das Geld ging komplett in seine Richtung", vermutet Boxmanager Bernd Bönte finanzielle Motive hinter dem späten Comeback. "Ich tippe, dass es finanziell sein bester Kampf war." Maske quittiert das im Film lediglich mit einem vielsagenden Grinsen. "Es war mehr Ego und Ehre, als es das Geld war", schätzt Sportreporter Tobias Drews die Lage ein.
"Er durfte nicht mehr gewinnen": Maske-Manager vermutet Komplott hinter Niederlage
Tatsächlich sollte das erneute Aufeinandertreffen mit Virgil Hill die einzige Niederlage in Maskes Profikarriere geradebiegen. "Damit zu leben, ist nichts, wo irgendjemand 'Hier!' schreit", räumt Maske mit Blick auf sein unrühmliches (vorläufiges) Karriereende 1996 gegen Hill ein. Damals unterlag er knapp nach Punkten, in einem bis heute kontroversen Urteil der Ringrichter. "Er durfte nicht mehr gewinnen", vermutet Maskes damaliger Manager Werner Heinz bis heute ein Komplott.
Sicher zu sein scheint: Mit der vorzeitigen Ankündigung seines Karriereendes 1996 schnitt sich Maske ins eigene Fleisch. "Er war nichts mehr wert, weder für die Fernsehanstalten noch für sonst wen", schildert Heinz seine Sicht auf die damalige Ausgangslage. Auch Boxexperte Wolf-Dieter Jacobi attestiert Hill im Rückblick einen "leichten Bonus", denn: "Der Verband möchte natürlich gerne nach dem Kampf einen aktiven Champion haben."
Das (vorläufige) Ende einer großen Karriere ist bekannt: Maske verlor - erstmals in seiner Karriere. "Da ist etwas in ihm zerbrochen", ist sich Journalist Drews sicher. Boxer Axel Schulz fügt mit einer Portion Pathos an: "Wenn du verlierst, bist du ganz alleine." Dank des Comebacks mit einiger Verzögerung wusch Henry Maske entgegen der öffentlichen Skepsis den Makel aus seiner sportlichen Vita. "Ich habe jetzt eine Kür", sei sein erster Gedanke nach dem Punktsieg 2007 gewesen, erklärt Henry Maske im ZDF-Film.
Henry Maske verrät: Das war der "schönste Erfolg" meiner Karriere
Abseits des doppelt historisch gewordenen Aufeinandertreffens mit Virgil Hill wagt die ZDF-Doku einen Kurzdurchlauf durch Maskes Werdegang. Der einstige Boxer berichtet, an der Sportschule in Frankfurt (Oder) habe er "immer schlecht geschlafen, ganz viel gegrübelt". Jean-Marcel Nartz, Matchmaker in den 90er-Jahren, beschreibt den jungen Maske als "erfolgsorientiert, egomanisch und voller Zielstrebigkeit". Zwar habe Maske der letzte Punch gefehlt, aber er sei strategisch seinen Gegnern immer voraus gewesen.