Übernahme von ProSiebenSat.1 rückt näher - Verband warnt

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Berlusconi-Übernahme von ProSiebenSat.1 rückt näher - Verband warnt
Laut dem Medienstaatsminister sollen die Entwicklungen rund um die Übernahme genau kontrolliert werden.
TV, Fernsehen, Änderung
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Der Berlusconi-Konzern MFE könnte ProSiebenSat.1 Medien übernehmen. Experten befürchten dadurch eine Gefahr für die deutsche Medienvielfalt.

Der italienische Berlusconi-Konzern MFE war 2019 bei ProSiebenSat.1 eingestiegen. MFE warb laut dem Handelsblatt damals damit, dass ein Zusammenschluss Einsparungen und Ergebniseffekte von über 400 Millionen Euro bringen könne. Man erwartete Kostenvorteile vor allem bei Technik, Daten und Werbung. Eine potenzielle Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den italienischen Berlusconi-Konzern MFE rückt nun näher, so die Deutsche Presseagentur. Die Führung des deutschen Medienunternehmens rät den Aktionären, das verbesserte Übernahmeangebot von MFE zu akzeptieren. Dies teilten Vorstand und Aufsichtsrat der ProSiebenSat.1 Media SE mit. Sie betrachten das modifizierte Angebot von MFE als "angemessen".

Im Mai hatte die Unternehmensspitze noch Bedenken und das MFE-Angebot als finanziell unzureichend bezeichnet. Nun heißt es in der neuen Erklärung: "ProSiebenSat.1 begrüßt das geänderte Angebot von MFE, welches das langfristige Investment und Engagement von MFE in ProSiebenSat.1 unterstreicht." Die Manager betonten, dass MFE beabsichtige, "die Synergien vorrangig durch die Erschließung von Wachstumspotenzialen und die Erzielung langfristiger Wertschöpfung und nicht durch Standortschließungen oder den Abbau von Arbeitsplätzen zu erreichen".

Bieterschlacht um ProSiebenSat.1 - Berlusconi-Kinder stehen rechtspopulistischer Partei nahe

Der deutsche Fernsehkonzern, der mit einem schwachen TV-Werbemarkt zu kämpfen hat, hat seit 2023 bereits Hunderte Stellen abgebaut. Vor gut einer Woche hatten die Italiener ihr Angebot deutlich erhöht und damit ihre Position in der internationalen Bieterschlacht um ProSiebenSat.1 gestärkt. Der konkurrierende tschechische Finanzinvestor PPF wird seine Offerte nicht mehr anheben, wie das Unternehmen bereits klargestellt hat.

Media for Europe gehört den Kindern des 2023 gestorbenen früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi. Das Unternehmen will eine paneuropäische Sendergruppe aufbauen. Berlusconi senior war im Juni 2023 mit 86 Jahren gestorben. Über Jahrzehnte hatte der Patriarch seinen Medienkonzern genutzt, um seine politische Karriere und die von ihm gegründete Partei "Forza Italia" zu fördern. Trotz zahlreicher Skandale und Verurteilungen prägte der Rechtspopulist die italienische Politik wie kaum ein anderer: Er war viermal Ministerpräsident, zuletzt bis 2011.

Bis heute wird in Italien darüber gestritten, wie an Silvio Berlusconi erinnert werden soll – dabei gilt der Bau- und Medienunternehmer als einer der ersten erfolgreichen Rechtspopulisten und als Vorbild für viele spätere Politiker. Die Berlusconi-Kinder sind bislang nicht in die Politik eingestiegen, stehen der Partei aber nach wie vor nahe. Sohn Pier Silvio Berlusconi - Vorstandschef von MFE - schloss zuletzt eigene politische Ambitionen für die Zukunft nicht aus.

Journalisten-Verband warnt vor Gefahr für Medienvielfalt

Medienstaatsminister Wolfram Weimer sagte der Deutschen Presse-Agentur, man verfolge die Entwicklungen rund um die Übernahme sehr genau. "Sollte die italienische Medienholding MFE die deutsche ProSiebenSat.1 tatsächlich mehrheitlich kontrollieren, erwarten wir, dass die journalistische Unabhängigkeit der Redaktionen erhalten bleibt und kein Einfluss durch die neuen Anteilseigner genommen wird." Der Medienstandort München müsse gestärkt werden, so Weimer. "Sollte eine europäische Medienplattform entstehen, erwarte ich, dass diese ihren Hauptsitz in München hat." Im September werde er über all diese Entwicklungen mit Pier Silvio Berlusconi im Kanzleramt sprechen.

Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte die Entscheidung des Managements als kurzsichtig: "MFE bietet keine Gewähr für den Fortbestand von Medienvielfalt und kritischem Journalismus bei ProSiebenSat.1", warnte DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster. Es bestehe die Gefahr, dass der deutsche Sender schleichend auf populistische Berlusconi-Linie getrimmt werde. ProSiebenSat.1 ist neben der RTL-Familie der zweite große private Fernsehkonzern in Deutschland.

Neben klassischen Sendern wie ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins gehört unter anderem auch der Streaminganbieter Joyn zu der Firmengruppe. Bekannte Formate sind zum Beispiel die Shows "Germany’s Next Topmodel", "Joko & Klaas gegen ProSieben", "The Voice of Germany" und "Rosins Restaurants" sowie die Comedyserie "jerks.".

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