Als Lanz den Digitalminister nach Zielen fragt, wird er kleinlaut: "Wäre schon schön"

2 Min
Markus Lanz - 10.12.2025
Digitalminister Karsten Wildberger erläuterte bei "Markus Lanz", wie er den Staat und die Verwaltung künftig entschlacken und modernisieren will.
ZDF / Markus Hertrich
Markus Lanz - 10.12.2025
ZDF-Moderator Markus Lanz debattierte in seiner Sendung mit Karsten Wildberger (Mitte) und Michael Bröcker über die Modernisierungsagenda der schwarz-roten Koalition.
ZDF / Markus Hertrich
Markus Lanz - 10.12.2025
Journalist Michael Bröcker kritisierte am Mittwochabend, dass es in Deutschland ein "Mentalitätsproblem" gebe.
ZDF / Markus Hertrich

Trotz anhaltender Kritik am digitalen Rückstand Deutschlands zeigte sich Digitalminister Karsten Wildberger bei "Markus Lanz" zuversichtlich. Seine vage Argumentation stieß jedoch auf deutlichen Widerspruch von dem ZDF-Moderator.

Länder wie Estland und Albanien gehen beim Thema Digitalisierung mit großen Schritten voran. In Deutschland herrscht dagegen weiterhin Chaos samt Papierakten, veralteter Softwaresysteme und unzähligen Funklöchern. Vom KI-Zeitalter ist noch lange nichts zu spüren. Das will Karsten Wildberger, der erste Minister für Digitales und Staatsmodernisierung, ändern. Bei "Markus Lanz" erläuterte er am Mittwochabend, wie er Staat und Verwaltung entschlacken und modernisieren will.

Mit seinen Aussagen konnte er den ZDF-Moderator jedoch nicht ganz überzeugen. Der Grund? Wildberger zeichnete ein wenig optimistisches Bild, als es um den Status quo ging. Er lobte, dass Deutschland im Bereich der "KI-Entwicklung (...) sehr, sehr gut" sei. "Wir haben fantastische Universitäten, fantastische Ökosysteme", warb Wildberger für den Standort Deutschland. Gleichermaßen räumte der Minister ein, es gebe beim Vorantreiben von Innovationen oder der Entwicklung eigener Produkte erheblichen Verbesserungsbedarf.

"Digitalisierung lebt davon auch, dass man ein solches Mammutprojekt organisiert. (...) Da können wir uns von anderen etwas abschauen", gab Wildberger zu. Er forderte deshalb im Gespräch mit Lanz: "Weniger reden, mehr machen." Der Enthusiasmus des CDU-Politikers traf bei Journalist Michael Bröcker auf Skepsis. Er kritisierte: "Wir haben ein Mentalitätsproblem." Laut Bröcker würden in Deutschland "neue Technologien, die uns eigentlich das Leben erleichtern" stets "skeptisch" betrachtet werden. Zudem gebe es vor Ort auch "ein Strukturproblem", da viele wichtige Entscheidungen noch immer teilweise auf kommunaler Ebene geregelt werden.

Digitalminister Karsten Wildberger: "Das ist ein mega dickes Brett, überhaupt keine Frage"

Markus Lanz konsatierte: "Das können wir doch so nicht weitermachen." Folglich wollte er vom Digitalminister wissen: "Wie kriegen Sie das in den Griff?" Wildberger versprach daraufhin grundlegende Veränderungen, gab jedoch auch zu: "Das ist ein mega dickes Brett, überhaupt keine Frage. Und dieses Brett bohren wir wirklich von verschiedenen Stellen an." Wildberger ergänzte, dass es aktuell "sechs Großprojekte" gebe, an denen gearbeitet werde: "Das sind einzelne Puzzlestücke, die werden aber zusammenpassen."

Der ZDF-Moderator zeigte sich unbeeindruckt, denn: "Im Grunde müssen Sie doch das Kunststück hinkriegen, Leute davon zu überzeugen, Ihnen zu helfen, an Ihrer eigenen Abschaffung mitzuwirken." Michael Bröcker nickte und stellte die Forderung auf, dass der CDU-Mann "radikaler werden" müsse. Was er damit meinte? "Sie werden nicht umhinkommen, ganze bürokratische Ebenen, Instanzen - inklusive der Beamten am Ende - abzuschaffen, um Bürokratie in Deutschland abzubauen."

Karsten Wildberger warnte daraufhin davor, ein vermeintlich hartes Durchgreifen mit einem echten Strukturwandel gleichzusetzen. Er sehe sich stattdessen lieber als Mann mit dem Werkzeugkasten, denn: "Mit einer Kettensäge können Sie Dinge auseinandernehmen, aber Sie können nichts damit bauen." Laut Wildberger funktioniere ein erfolgreicher digitaler Wandel nämlich am Ende nur unter einer Bedingung: "Sie müssen Menschen mitnehmen."

Karsten Wildberger verkündet Einführung der "digitalen Brieftasche"

Dennoch wollte Lanz dem CDU-Minister konkrete Pläne und Ansätze entlocken. Er fragte beispielsweise, ab wann das kontaktlose Bezahlen landesweit verpflichtend werde oder ab wann man auf einen digitalen Führerschein zurückgreifen könne. Karsten Wildberger geriet daraufhin sichtlich in Erklärungsnot. Er kündigte lediglich die Einführung der "digitalen Brieftasche" für den 02. Januar 2027 an. Dazu erklärte er schwammig, dass ein solcher Modernisierungsprozess mindestens ein Jahr dauere, denn: "Dahinter steckt doch ein gesamtes System." Wildberger fügte hinzu: "Hätten wir vor sieben, acht Jahren konsistent damit angefangen, würden wir heute so hier nicht sitzen."

Lanz hakte unbeirrt weiter nach: "Digitale Steuererklärung, wann genau?" Wildberger geriet erneut ins Schwimmen: "Das kann ich Ihnen nicht sagen." Als der ZDF-Moderator wissen wollte, ob der CDU-Mann die digitale Steuererklärung selbst noch im Amt erleben werde, sagte Karsten Wildberger mit gesenktem Kopf: "Wäre schon schön! Ich kann Ihnen noch kein Datum sagen."

In dem Zusammenhang erläuterte er, dass Transformation erst mit der Zeit an Fahrt aufnehme: "Das System arbeitet - darum geht es: Momentum aufbauen." Wildberger fügte hinzu: "Ich kann auch nicht alles direkt versprechen, tue ich auch nicht." Michael Bröcker reagierte unbeeindruckt und konterte: "Wenn es das Einzige ist, was diese Regierung hinkriegt in vier Jahren - die Modernisierung dieses Staates und der Verwaltung - dann wäre das schon mehr als man hoffen könnte."

Quelle: teleschau – der mediendienst