Sie zählte zu Italiens größten Schauspielerinnen. Auf der Leinwand war sie zuletzt wenig zu sehen. Dafür setzte sich «La Cardinale» umso mehr für Frauenrechte ein.
Alles begann in Tunesien. Auf einem Schönheitswettbewerb in der Hauptstadt Tunis wurde Claudia Cardinale als schönste Italienerin des Landes gekürt. Sie gewann damit eine Reise zu den Filmfestspielen in Venedig. Dort kam sie auf den Geschmack. Die Karriere führte die Frau mit dem fulminanten Nachnamen bis nach Hollywood und an die Seite der größten Kinostars ihrer Zeit. Nun ist sie im Alter von 87 Jahren gestorben, in der Nähe von Paris.
In den Sechzigern bildete «La Cardinale», was sich auch mit «die Kardinälin» übersetzen lässt, mit Sophia Loren und Gina Lollobrigida das Dreigestirn der großen Diven des italienischen Kinos. Im Vergleich zu den beiden anderen blieb sie international etwas weniger bekannt. Dabei konnte sie alles bieten, was einen Weltstar ausmacht: schauspielerisches Talent, Ausstrahlung und eine Karriere in Hollywood.
«Schönste italienische Erfindung nach Spaghetti»
Cardinale wurde mit Komplimenten überhäuft. «Schönste italienische Erfindung nach Spaghetti» nannte sie ihr Partner David Niven aus dem Film «Der rosarote Panther» (1963). Im Maghreb geboren und zuletzt in Frankreich zu Hause, fühlte sie sich immer als Italienerin - als Süditalienerin wohlgemerkt.
Ihr Heimatland schmückte sich gern mit der «Unzähmbaren», die sich in ihren letzten Jahren als Aktivistin für Frauenrechte engagierte. Die Rechts-Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni würdigte sie als «eine der größten italienischen Schauspielerinnen aller Zeiten».
Kindheit in Tunesien als «goldenes Zeitalter»
Cardinale drehte mit den Koryphäen des italienischen Kinos, in durchaus sehr unterschiedlichen Rollen und Genres. Mit Federico Fellinis «8 1/2», Luchino Viscontis «Der Leopard» (beides Filme aus dem Jahr 1963) sowie Sergio Leones Italo-Western «Spiel mir das Lied vom Tod» (1968) sicherte sie sich einen Platz in der Filmgeschichte. Mit dem deutschen Regisseur Werner Herzog und an der Seite des ewigen Filmbösewichts Klaus Kinski war sie 1982 in «Fitzcarraldo» zu sehen.
In ihren letzten Filmen sah man sie als Matriarchin oder Großmutter. In der Netflix-Produktion «Rogue City» (2020) und dem Drama «The Island of Forgiveness» (2022), das das Leben eines Tunesiers italienischer Abstammung behandelt, spielte sie allerdings nur noch Nebenrollen. Die italienische Presse würdigte sie in ihren Nachrufen als große Rebellin bis zuletzt. Ein Zitat von ihr dazu: «Es stimmt nicht, dass das Leben ein langer ruhiger Fluss ist. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass Ruhe sehr oft das Gegenteil des Lebens ist.»
Cardinale kam 1938 in Tunis als Tochter sizilianischer Auswanderer zur Welt. Sie wuchs dreisprachig auf: mit Französisch, Arabisch und dem Sizilianischen. Ihre Kindheit beschrieb die Diva als «goldenes Zeitalter» voller «magischer Momente». Auch in ihrem Geburtsland ist man bis heute auf sie stolz: La Goulette, ein Vorort von Tunis, wo sie geboren wurde, benannte 2022 eine Straße nach ihr. Sie ließ es sich nicht nehmen, dabei zu sein.