In Deutschland sind etwa eine Million Menschen von Alzheimer betroffen. Mitunter können Antikörper den Krankheitsverlauf im Frühstadium etwas verzögern. Die EU hat einen zweiter Wirkstoff zugelassen.
Die EU-Kommission hat nach Lecanemab nun auch Donanemab als Alzheimer-Therapie zugelassen. Lecanemab ist seit 1. September in Deutschland verfügbar, bei Donanemab wird es voraussichtlich noch einige Monate dauern. Die Wirkstoffe gelten als Hoffnungsschimmer, sind allerdings nur für einen sehr kleinen Teil der Betroffenen geeignet. Dabei geht es nicht um Heilung, sondern nur um eine Verzögerung des Verlaufs um wenige Monate.
Was ist das Besondere an Lecanemab und Donanemab?
Bisherige Alzheimer-Therapien behandeln nur Symptome der Krankheit, aber nicht ursächliche Prozesse im Gehirn. Das ist bei Lecanemab (Handelsname Leqembi) und Donanemab (Handelsname Kisunla) anders: Beide Antikörper richten sich gegen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn, die mit dem Absterben der Nervenzellen bei Alzheimer in Verbindung gebracht werden. Sie sollen bei Alzheimer im frühen Stadium den kognitiven Abbau etwas verlangsamen. Ein Verbesserung oder gar Heilung bringendes Mittel ist weiterhin nicht in Sicht.
Lecanemab wurde von der Europäischen Kommission im April zugelassen, nun folgte Donanemab. Der Zulassungsprozess gestaltete sich jeweils zäh und langwierig, weil klinische Studien nur für eine sehr begrenzte Patientengruppe im frühen Stadium von Alzheimer einen kleinen klinischen Nutzen zeigen. Das Verfahren ist teuer, zudem besteht ein Risiko für im Einzelfall schwere Nebenwirkungen.
Wer kann die Wirkstoffe nutzen?
Geschätzt erfüllt nur etwa einer von 100 Menschen mit Alzheimer-Demenz alle Voraussetzungen für die Behandlung. «Vermutlich wird die Zahl eher niedriger sein», nimmt Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), an. Bei geschätzt etwa 1,2 Millionen Alzheimer-Erkrankten in Deutschland wären das weniger als 12.000 Menschen.
Grund ist vor allem, dass die Entfernung der Amyloid-Plaques nichts mehr bringt, wenn sie schon irreversible Schäden im Gehirn angerichtet haben. Die Antikörper sollen darum nur im frühen Stadium der Krankheit, bei nur leichter kognitiver Beeinträchtigung (Gedächtnis- und Denkstörungen) eingesetzt werden. Experten zählen dazu die ersten drei Jahre.
In Deutschland befinden sich aktuell schätzungsweise etwa 250.000 Menschen in dieser Frühphase. Die Mittel sollen zudem nur Alzheimer-Patienten bekommen, die keine oder maximal eine Kopie von ApoE4 haben, einer Variante des Gens für das Protein Apolipoprotein E. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit für Schwellungen und Blutungen im Gehirn im Zuge der Behandlung geringer als bei Menschen mit zwei ApoE4-Kopien.
Hinzu kommen weitere einschränkende Voraussetzungen, zum Beispiel dürfen keine Gerinnungshemmer eingenommen werden. Bei Frauen ist der beobachtete klinische Effekt der Behandlung zudem wohl noch geringer als bei Männern - das Risiko für Nebenwirkungen hingegen höher. Ob sie in der Bilanz überhaupt merklich profitieren, ist der Alzheimer Forschung Initiative zufolge noch unklar. Bei Frauen werde eine noch kritischere Nutzen-Risikoabwägung erfolgen müssen, sagt auch Berlit. Rund zwei Drittel aller Menschen mit Alzheimer sind Frauen.