Man muss die Ohren steif halten, wenn die sieben Blechbläser von Mnozil Brass sich mit "Hojotoho" Wagner vornehmen. Ein Bericht von der Uraufführung ihrer Wagner-Blech-Comedy in Bayreuth.
"Und dann schreibt der Kerl Opern", ist im Tagebuch auf der Homepage von Mnozil Brass zu lesen, "die vor Abgründigkeit und Lasterhaftigkeit und außerehelichen Liebesaffairen und Kämpfen nur so strotzen. Krieg der Sterne ist ein müder Schas dagegen." Auch was die Lautstärke betrifft. Das dürften alle bezeugen, die am Sonntag die Uraufführung von "Hojotoho", der Wagner-Blech-Comedy von Mnozil Brass in der Bayreuther Stadthalle, erlebt haben.
Eines muss man dem Auftakt des Wagnerjahrs in Bayreuth lassen: Er hat die Ohren gründlich freigeputzt und das Motto der Veranstaltungsreihe "Da steckt Wagner drin!" auf ungewöhnliche Weise eingelöst. Dass am Schluss sogar stehend applaudiert wurde, hat sicher nicht nur mit der überzeugenden Leistung der sieben virtuosen Blechbläser aus Österreich zu tun.
Sondern damit, dass es in der Wagnerstadt goutiert wird, wenn man sich auch von offizieller Seite her dem Meister nicht mehr nur ehrfürchtig auf Knien nähert.
Obwohl es gar nicht so gut anfing. Auf das Grußwort des Regierungspräsidenten hätte man verzichten können, was das Publikum auch spüren ließ. Immerhin: Wilhelm Wenning nahm's mit Humor. Noch überflüssiger waren allerdings die einführenden Worte von Philippe Arlaud. Wenn sich ein Regisseur genötigt fühlt, einen musikalischen Comedy-Abend vorab erklären zu wollen, hat er garantiert etwas falsch gemacht. Hat er auch. Doch davon später.
Erst sei mit walkürenhafter Wucht ein Loblied auf Thomas Gansch und seine Mitstreiter an Trompete, Posaune und Tuba geschmettert. Schon wie die Truppe das Projekt kompositorisch anging, unterstreicht die hohe Qualität, die hinter den Mnozil-Brass-Unternehmen steht.
Anders als Generationen von Blechbläsern, die Wagner-klänge schon immer gern verulkten, haben sie nicht einfach nur neue Paraphrasen der dafür besonders geeigneten Musikstücke geschaffen.
Thomas Gansch, Leonhard Paul und Gerhard Füßl sind Wagner überwiegend auf einem anderen Weg begegnet: Sie haben ihn nicht nur schräg umspielt, frech ausgeschmückt und jazzig frei in eine andere Musiksprache versetzt. Vielmehr sind Bruchstücke, Melodie- und Arienfetzen, Spurenelemente von Leitmotiven eingebaut in eine eigene musikalische Szenen- und Handlungsabfolge, die in vier Hauptstationen Schlaglichter auf den Dichterkomponisten und sein Werk wirft.
Auch der gedrehte, gewendete, geschüttelte und gerührte Wagner kennt die hohe Kunst des Übergangs.
Nur dass er hier bei Walzer, Polka, Tango, russischen Liebesliedern und Klezmermusik landet - und bei Komponistenkollegen wie Haydn, Mahler, Mendelssohn, Puccini und anderen. Es gibt also nicht nur ein lustiges, aber monochromes Wagnerstellenraten. Selbst wenn es der Lautstärke wegen manchmal weh tut, lohnt es sich die Ohren zu spitzen.
Spaß auch für Wagner-Unkundige Wer von wagnerischem Tuten und Blasen keine Ahnung hat, soll bei "Hojotoho" trotzdem auf seine Kosten kommen. Will heißen, wenn der musikalische Witz sich nicht wirklich weist, muss die Szene es richten. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Denn Philippe Arlaud, der 2002 in Bayreuth den vorletzten "Tannhäuser" inszenierte, danach eine "Ring"-Parodie und ein weiteres Opernnachwuchs-Projekt des Deutsch-Französischen Forums junger Kunst, befindet sich definitiv nicht auf Augenhöhe mit den Musikern.
Sein Witz ist
eher grob, platt und auf die Dauer langweilig, ganz zu schweigen davon, dass nicht mal Kenner immer begreifen, welcher Protagonist aus Wagners Leben und Werk gerade gemeint ist - außer bei Wagner höchstselbst (Thomas Gansch), dem pelzverbrämten Kini (Roman Rindberger, gewissermaßen der Jonas Kaufmann der Mnozils), dem Wotan mit Augenklappe und Bratenrock (Leonhard Paul) und dem unvermeidlich in Lederhosen verpackten Siegfried (Robert Rother), dem es immer nur um die Wurst geht.
Doch doch, ich habe gelacht. Denn alle sieben Brassisten - um noch Zoltan Kiss und Wilfried Brandstötter zu nennen - sind gleichzeitig hervorragende pantomimische Darsteller, die keinen noch so schwierigen Körpereinsatz scheuen (Choreographie: Anne-Marie Gros). Aber wenn ich mir vorstelle, wie das Ganze ausgesehen hätte, wenn Nikolaus Richter, der Kulturbeauftragte für Musik und Theater, nicht seinen Freund Philippe engagiert hätte, sondern den seit
Jahrzehnten dafür ausgewiesenen Fachmann Uwe Hoppe aus Bayreuth, war der Abend zumindest szenisch nur ein "müder Schas" - trotz des hitlergrüßenden Teddybären.
Link für Tourneedaten:
www.mnozilbrass.at/