Am Jahrestag des schnellsten DFB-Treffers der Länderspielgeschichte legte das Nationalteam wieder furios los. Bereits nach 15 Sekunden hatte der in die Startelf berufene Maximilian Mittelstädt die erste Abschlussmöglichkeit. Auch Rückkehrer Goretzka kam nach rund einer Minute frei am Sechzehner zum Abschluss, verzog aber knapp. Vor genau einem Jahr hatte Wirtz beim 2:0 in Frankreich nach 7,92 Sekunden zur Führung getroffen.
Kapitän Kimmich geht voran
Dass Italien das frühe Führungstor aus dem Hinspiel über Außenbahnspieler Giovanni di Lorenzo beinahe kopiert hätte, geriet im stimmungsvollen Fußball-Tempel zu einer Randnotiz. Nach der spektakulären Rettungstat von Jonathan Tah attackierte bis zur Halbzeit nur noch das Nagelsmann-Team.
Angeführt von den beiden Bayern-Kumpels Kimmich und Goretzka drückte die DFB-Elf den ewigen Rivalen mit ebenfalls vier WM-Titeln immer weiter in die eigene Hälfte. Obwohl das Team von Trainer Luciano Spalletti nach der Niederlage in Mailand unter Druck stand und Tore brauchte, spielte ausschließlich Deutschland.
Was dann innerhalb von 15 Minuten passierte, erinnerte spielerisch an die größten Sternstunden des deutschen Fußballs. Zunächst bediente Goretzka den extrem präsenten Kleindienst, der von Alessandro Buongiorno nur mit einem Foul im Strafraum zu stoppen war. Kapitän Kimmich ging beim Elfmeter voran und verwandelte erstmals seit Juni 2023 wieder einen Strafstoß für das DFB-Team.
Eckentor für die Jahresrückblicke
Kimmich war es auch, der fünf Minuten später für einen Moment für alle Sport-Jahresrückblicke sorgte. Was war passiert? Ein Balljunge warf nach der Parade von Gianluigi Donnarumma geistesgegenwärtig den Ball direkt zu Kimmich.
Dieser bemerkte Italiens Unaufmerksamkeit im Strafraum und spielte direkt flach in die Mitte, wo Bayern-Kollege Jamal Musiala komplett frei stand und ins leere Tor vollenden konnte. Donnarumma hatte zu diesem Zeitpunkt noch mit seinen Vorderleuten gehadert und diese zurechtgewiesen. "Ich bin schon lange dabei, aber so was habe ich noch nicht gesehen", sagte der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei RTL.
Italien fiel nun in sich zusammen und wurde noch vor der Halbzeit mit einem dritten Gegentreffer bestraft. Nach einer sehenswerten Kombination chippte Kimmich den Ball von rechts in die Mitte, wo Kleindienst seine Lufthoheit ausspielte und zum 3:0 vollendete. Es war das vierte Tor im sechsten Länderspiel für den Stürmer von Borussia Mönchengladbach.
Nach der Pause alles anders
Während die deutschen Fans euphorisiert wirkten, glich der Halbzeitpfiff für Italien einer Erlösung. "Richtig geile 45 Minuten. Diese Leistung war grandios. Italiens Mannschaft weiß gar nicht, was mit ihr passiert ist", sagte Matthäus freudig. Als er sich im ungewohnt feinen Zwirn vor dem Anpfiff Fußball-Festtage für das Nationalteam wünschte, hatte er so ein Szenario wohl nicht im Kopf.
Die Pause wirkte im Spiel wie ein ganz harter Bruch. Nach dem Seitenwechsel wich die deutsche Begeisterung plötzlich einer Verunsicherung, die zu einigen Fehlpässen und technischen Patzern führte.
Keans erstes Tor folgte auf ein unsauberes Zuspiel von Leroy Sané. Der nach dem Wechsel herausragende Angreifer des AC Florenz tanzte 20 Minuten später noch einmal Tah aus und schloss trocken zum 2:3 ab. Als di Lorenzo wenige Minuten später im Strafraum nach einem Zweikampf mit Schlotterbeck zu Fall kam und Szymon Marciniak auf den Elfmeterpunkt zeigte, wirkte das deutsche Team kurzzeitig in Schockstarre.
Das sind Deutschlands Gegner in der WM-Quali
Marciniak aber kassierte seine Entscheidung nach Sichtung der Videobilder wieder. Um das denkwürdige Comeback innerhalb von 45 Minuten zu schaffen, war Italiens Hypothek nach den ersten drei Halbzeiten zu groß. Raspadoris Elfmeter in der Nachspielzeit kam für Italien zu spät. In der nächsten Runde trifft die DFB-Elf am 4. Juni 2025 in München auf Portugal. Die Iberer hatten sich im Elfmeterschießen gegen Dänemark durchgesetzt.
Durch den Einzug ins Halbfinale der Nations League spielt Deutschland in der Qualifikation für die WM 2026 in der Gruppe A. Dort trifft die DFB-Elf auf die Slowakei, Nordirland und Luxemburg. Lothar Matthäus sagte dazu: "Wir haben die Pflicht, als Gruppenerster die Qualifikation für die WM zu erreichen." ami/mit dpa
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