Deutschland ist bei der Darts-WM so stark vertreten wie nie zuvor - auch durch einen Franken. Und der ruft direkt die Trophäe samt 500.000 Pfund Preisgeld als Ziel für London aus.
Gabriel Clemens muss die zahlreichen Anfragen inzwischen in einer Pressekonferenz bündeln, Ricardo Pietreczko aus Nürnberg spricht direkt vom Weltmeister-Titel: Angeführt vom letztjährigen Halbfinalisten und dem forschen Debütanten gehen die Deutschen so aussichtsreich wie nie zuvor in die Darts-Weltmeisterschaft in London, die an diesem Freitag (15. Dezember 2023) startet.
Der ausgeflippt-auftretende Pietreczko, Spitzname Pikachu, ruft ohne jede Bescheidenheit sogar das größtmögliche aller Ziele für den Alexandra Palace aus: "Ich fahre zum Turnier, um es zu gewinnen. Das haben 90 Prozent der Spieler im Kopf. Man würde lügen, wenn man sagt: Ich fahre hin, um in der dritten Runde rauszufliegen. Man will immer gewinnen." So ambitioniert haben sich deutschen Profis bis zu diesem Jahr eher nicht über Ziele und Erwartungen geäußert. Das Selbstvertrauen hat der Nürnberger Darts-Spieler zurecht, ließ er doch im vergangenen Oktober bei der "European Tour" dem gestandenen Weltstar Peter Wright keine Chance.
Darts-WM beginnt am Freitag: Premiere mit fünf Startern aus Deutschland - Nürnberger ist dabei
Dass er schon in Runde drei auf Englands Topfavorit Luke Humphries treffen könnte, ist dem 29 Jahre alten Nürnberger dabei herzlich egal. "Es gibt keinen großen Favoriten. Es gibt viele Favoriten, aber nicht den einen. Man hat oft genug gesehen, dass auf der Tour jeder jeden schlagen kann", sagte Pietreczko der Deutschen Presse-Agentur. Er selbst bezwang im Oktober in Hildesheim nacheinander die Weltklasse-Profis Michael van Gerwen (Niederlande) und Peter Wright (Schottland).
Der Ally Pally im Norden Londons wird immer mehr zu einer Hochburg der Deutschen. Bei der am Freitag (20.00 Uhr/Sport1 und DAZN) beginnenden WM sind erstmals fünf Deutsche dabei, neben Clemens und Pietreczko auch Martin Schindler, Florian Hempel und Dragutin Horvat. Zudem sind rund ein Viertel der gut 90.000 Tickets an Deutsche verkauft worden. Vor allem nach Weihnachten ist der Andrang der Fans riesig.
"Es ist natürlich eine tolle Entwicklung, die wir in Deutschland erleben. Es werden nicht nur mehr Spieler. Die sportlichen Erfolge werden auch mehr", sagte Hempel, der früher Handball-Torwart war und nun Pfeile wirft. Mit Blick auf die hohen Erwartungen der erfolgshungrigen Darts-Fans fügte Schindler an: "Ich glaube, man kann das insgesamt sehen, dass die Deutschen immer näher kommen. Näher kommen ist das, was den Deutschen aber nicht reicht. Die Deutschen möchten gerne Turniersiege sehen."
Hohe Erwartungen in der Heimat: "Die Deutschen möchten Turniersiege sehen"
Zwar zählt immer noch kein Deutscher zu den Top 20 der Weltrangliste, doch die Erfolge werden tatsächlich mehr. Clemens' Halbfinaleinzug bei der WM schaffte es zum Jahresstart bis in die 20.00-Uhr-Tagesschau. Danach kamen Clemens und Schindler als Team auch ins Halbfinale der Team-WM. Pietreczko wurde zum Senkrechtstarter und gewann ein prominent besetztes Turnier. Zu den Events der PDC Europe kamen zudem 2023 mehr Fans als in allen anderen vergangenen Jahren.
Auch bei der internationalen Konkurrenz wird genauer hingeschaut, seit Clemens bei der WM Primus Gerwyn Price vorgeführt und sich damit ins Rampenlicht der Weltspitze gespielt hat. "Gabriel ist atemberaubend, Martin ist atemberaubend. Und Pikachu erscheint gerade erst auf der Bildfläche", lobte Ex-Weltmeister Rob Cross. Darts-Boss Werner von Moltke urteilt: "Das Niveau der deutschen Spieler wird permanent besser."