Als eine Marter Baggern gegenüberstand

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Zwischen Gundelsdorf und Glosberg: Die Marter 1977 umgeben von Erdwällen und Baumaschinen inmitten der Straßenbaustelle. Foto: Archiv Roland Graf
Zwischen Gundelsdorf und Glosberg: Die Marter 1977 umgeben von Erdwällen und Baumaschinen inmitten der Straßenbaustelle. Foto: Archiv Roland Graf
Roland Graf (v. l.) Toni Fischer und Heinrich Schreiber wurden aktiv. Foto: Archiv Roland Graf
Roland Graf (v. l.) Toni Fischer und Heinrich Schreiber wurden aktiv.  Foto: Archiv Roland Graf
 
Dieses Bild zeigt das religiöse Flurmal nach der Wiederaufstellung 1978 - im Hintergrund Glosberg mit seiner Marien Wallfahrtskirche. Foto: Archiv Roland Graf
Dieses Bild zeigt das religiöse Flurmal nach der Wiederaufstellung 1978 - im Hintergrund Glosberg mit seiner Marien Wallfahrtskirche. Foto: Archiv Roland Graf
 

Ein ehemaliger Kreisheimatpfleger plaudert aus dem Nähkästchen und macht aus seinem Herzen keine Mördergrube.

In den vierzig Jahren meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Kreisheimatpfleger wurde manches heimatkundliche Problem an mich herangetragen. Gerne war ich bereit zu helfen, wenn es in meiner Macht stand. Manchmal aber gab es Fälle zu lösen, für die ich wenig Verständnis aufbringen konnte.
Wenn zum Beispiel Straßen gebaut oder verbreitert wurden, dann ging eine lange Zeit der Planung voraus. Ein großer Stab an Amtsstellen und Vereinigungen wurde informiert und aufgefordert, sich zu den geplanten Arbeiten zu äußern und eine Stellungnahme abzugeben. Auch der Kreisheimatpfleger war in der Regel in solche Verfahren eingebunden. Leider aber gab es auch einige Verfahren, in denen es im Vorfeld versäumt wurde, die Heimatpflege einzuschalten und zu informieren.

Sicherlich hatten die Behörden 1977 auch beim Ausbau der Verbindungsstraße von Gundelsdorf nach Glosberg längere Zeit geplant und Unwägbarkeiten ins Auge gefasst. Den Kreisheimatpfleger hatte man jedoch dabei offensichtlich vergessen. Dabei wäre es dringend erforderlich gewesen. Denn - oh Wunder, plötzlich standen die Bagger und Raupen vor einer historischen Sandsteinmarter aus dem Jahre 1768. Diese befand sich "plötzlich" inmitten der geplanten neuen Fahrbahn. Auf einmal war Eile geboten, denn die Arbeiten sollten ohne Unterbrechung weitergeführt werden. Jetzt erst informierte man den Kreisheimatpfleger mit der Bitte, möglichst umgehend den Abbau der Marter ausführen zu lassen, damit dem historischen Denkmal eine eventuelle Beschädigung erspart bleiben würde. Dazu möchte ich anmerken, dass es nicht der erste Fall gewesen wäre, dass durch Straßenbauarbeiten ein historisches Flurdenkmal still und heimlich für immer "verschwunden" wäre. Bei meinem Eintreffen stellte ich fest, dass die Bagger bereits einen Meter vor der Marter standen. Nachdem Eile geboten war, erklärte sich der Bauhof des Landkreises Kronach bereit, in Zusammenarbeit mit dem Kreisheimatpfleger und dem Bildhauer Heinrich Schreiber die Marter vorsichtig in ihre Einzelteile zu zerlegen und in das Atelier des Bildhauers zu transportieren.
Mit größter Vorsicht gelang der Abbau. Mit dem Abbau war auch eine Renovierung nötig geworden, die ohne Widerspruch angenommen wurde. Heimatpflege ist kein Selbstläufer. Sie funktioniert nur, wenn auch die Bevölkerung eingebunden wird, sei es aktiv oder durch Information. Diese Gunst der Stunde nutzte der Kreisheimatpfleger nachdem die Renovierungsarbeiten abgeschlossen waren. Er warb mit der kurzzeitigen Aufstellung dieser charakteristischen und bildschönen Marter um das Interesse der Bevölkerung auf der Oberfrankenausstellung, die 1978 in Kronach stattfand. Zudem stellte man auch eine ebenfalls restaurierte Station vom Franziskanerweg dazu, um die Wertigkeit und Schönheit unserer Fränkischen Bildstocklandschaft darzustellen. Die religiösen Flurdenkmäler fanden große Beachtung und waren die "Stars" im Infostand des Landkreises Kronach.Nach Beendigung der Oberfrankenausstellung kamen die Denkmäler wieder an ihren ursprünglichen Standorten in der Flur zur Aufstellung.


"Die einen machen die Arbeit ..."

Wie die Überlieferung berichtet, soll die Marter im Gedenken an einen an dieser Stelle verstorbenen Kirchenbesucher namens Stumpf aus Rottelsdorf (= Hannabeckenhof) errichtet worden sein. Im Jahre 1973 war auch noch der Name des Stifters zu lesen, der am Sockel eingemeißelt war: "Zur Ehr Gottes hat Lorentz Geyger ... Anno 1767".
Zum Abschluss eine kleine Anmerkung, die ich mir nicht verkneifen kann. Ehrenamtliche Arbeit braucht ab und zu Anerkennung als Motor für weitere Aktivitäten, die sich in kleinen Dingen widerspiegeln kann. Deshalb wäre es schön gewesen, wenn der Heimatpfleger nach geopferten Urlaubstagen für seine Mitarbeit auch eine Einladung zur Eröffnung oder zum Besuch der Ausstellung bekommen hätte. So aber bestätigte sich das allseits gebräuchliche geflügelte Wort der Frankenwäldler: "Die einen machen die Arbeit - die andern gucken aus der Zeitung raus".