"Geklaut wird alles, was sich klauen lässt"
Heinz Stempfle ist nicht nur Direktor vom Westpark Hotel in Bad Kissingen, sondern auch Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (BHG): "Ich kann leider nicht beziffern, wie hoch der Schaden in den Bad Kissinger Hotels ist, der jährlich durch Diebe angerichtet wird", sagt er. Auch bei ihm wird gestohlen. "Geklaut wird alles, was sich klauen lässt, vom Silberlöffel, der im Einkauf zwischen zwölf und 20 Euro kostet bis hin zum Toilettenpapier." Gerade letzteres macht ihn fassungslos. "Wenn ein Gast mich fragen würde: Ich habe zuhause kein Toilettenpapier mehr, kann ich mir eine Rolle mitnehmen? Ich würde ihm zwei mitgeben!" Auch beim Frühstücksbüffet bemerkt er, dass vor allen die kleinen Honig- oder Nutella-Döschen eingesteckt werden. Und auf den Gängen benähmen sich Gäste oft wie in einem Selbstbdienungsladen: Wenn das Reinigungspersonal die Wagen unbeaufsichtigt stehen lassen, "greifen die rein und klauen Bleistifte, Blöcke, Schokoladentäfelchen - denen ist nicht bewusst, dass das Diebstahl ist".
Wohl auch nicht, wie hoch der Schaden ist, den sie anrichten. Stempfle: "Ein Handtuch kostet im Einkauf zwischen acht und zwölf Euro. Ich kenne einen Hotelier in Bad Kissingen, der muss regelmäßig seinen kompletten Handtuchbestand erneuern."
Interview zum Thema
Menschen, die sich offensichtlich ein Zimmer für 160 Euro leisten können, klauen Handtücher. Warum? Nachgefragt bei Dr. Hans-Peter Selmaier, Chefarzt der Fachklinik Heiligenfeld.
Lieber Herr Dr. Selmaier, warum ist der Mensch so?
Dr. Hans-Peter Selmaier: Da können viele Faktoren zusammenspielen. Zum Beispiel gesellschaftliche Trends, denn insgesamt nimmt der Gemeinsinn ab, die Übernahme von Verantwortung unserer Gesellschaft gegenüber. Diese Entsolidarisierung ist ein Trend, der sich von oben nach unten durch die ganze Gesellschaft zieht.
Und andere Faktoren?
Man muss sich fragen: Wie viel Vertrauen kann ich in Menschen setzen? Die Hotels sind ja sehr großzügig, es finden keinerlei Kontrollen statt. Und damit entsteht ein Freiraum der Unkontrollierbarkeit. Nun können wir uns mal überlegen, wie es im Straßenverkehr aussähe, wenn es keine Kontrollen mehr gäbe. Wäre der Mensch eigenverantwortlich genug, auch dann noch ordentlich Auto zu fahren?
Sie meinen, ohne Kontrolle tut er Mensch, was er will?
Nun, überlegen Sie doch mal, wie oft jeder Mensch trickst, wenn er keine Kontrolle zu fürchten hat: bei der Steuererklärung, Ärzte bei der Abrechnung, Pendler beim Schwarzfahren. Kavaliersdelikte sind sehr verbreitet, manche machen einen Volkssport daraus, besonders schlau zu sein, um erfolgreich etwas zu ergattern, was der andere eben nicht hat. Da sind wir dann im Bereich des Narzissmus": Ich erziele mit wenig Aufwand große Wirkung - und das drückt Überlegenheit aus.
Wie verhält es sich mit dem Geiz?
Gut möglich ist, dass der Dieb denkt: Wenn ich jetzt schon 160 Euro gezahlt habe, dann muss ich auch as zurückkriegen. Und wenn nicht, dann hole ich mir den Rest, bis es mir passt. Dann nehme ich zumindest das Handtuch mit, wenn nicht schon das ganze Haus.
Und dann wird das Gewissen ausgeschaltet...
. .mit der Gewissensentwicklung der Menschen ist es nicht so weit her. Die meisten sind nur korrekt, wenn sie eine Strafe befürchten. Wenn die nicht zu befürchten ist, muss eine gewisse Reife da sein, damit ich mich ethisch richtig verhalte - aber da scheint es mit der Tiefe der Moralentwicklung nicht weit her zu sein. Dazu kommt eben noch, dass die Erziehung häufig nicht mehr auf Solidarität und Verantwortungsübernahme abzielt, sondern darauf: Wer holt sich am schnellsten und mit geringstem Einsatz den Pokal?
Und was können die Hotels tun?
Die könnten ihre offene und kontrollfreie Haltung überdenken. Denn das Gewissen des Menschen ist nicht so hoch entwickelt. Im Menschen steckt nicht nur Gutes - und da braucht es manchmal eine Außenkontrolle
"Mitnahmen" aus dem Hotel sind mir nicht neu, in manchen Hotels werden gerade Kosmetikteilchen als "Diebstahlersatz"präsentiert. Interessant finde ich jedoch die Ausführungen warum geklaut wird. Ein Teil der Entsozialisierung und bislang keine Sanktionen, wie bei den aufgeführten Beispielen. Da möge doch mal jeder bei sich selber anfangen und seine eigenen Grenzen suchen und dann im Freundes-, Bekannten- und Verwandtenkreis weitersuchen. In meinem Umfeld muss ich da gar nicht weit gucken. Ursächlich kann es am Geld nicht liegen
Ein interessanter Bericht, indem man lesen kann, dass auch in Bad KISSINGEN, wie in anderen Städten gerne etwas mitgenommen wird. Im ersten Satz wird jedoch das Hotel Astoria erwähnt, welches zu den besten Adressen Bad Kissingen zählt. Hier hat sich sicherlich ein Fehler eingeschlichen. Das Hotel Astoria wird nicht mit Sternen beworben, sondern mit drei Punkten (booking.com).
Preislich gesehen gehört es sicherlich nicht zu den Hotels, die sich nur Leute leisten können die nicht am Hungertuch nagen. Es ist ein angenehmes, kleines Hotel und mit einem Frühstückspreis von 7 Euro/Person sicherlich auch für nicht so gut betuchten Besucher mit kleinen Geldbeutel ideal. Allerdings erzählt man auch nicht, dass man billige Tassen von Tchibo auf den Zimmern verwendet. Gefehlt haben mir in dem Bericht, wenn man schon die besten Adressen nennt, z. B. Hotel Frankenland, Cup Vitalis oder die Villa Dappert die wie Kaiserhof und Bristol dem Standard angemessen auch ein Schwimmbad anbieten.