- So funktioniert unser Stromnetz
- Was versteht man unter Nachtstrom?
- Welche Anbieter und Tarife gibt es?
- Für wen kann sich Nachtstrom lohnen?
- Fazit
Damit unser Stromnetz funktionsfähig bleibt, ist die Balance zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch existenziell. Reicht die erzeugte und über das Netz bereitgestellte Energie nicht aus, kommt es zu Stromausfällen. Wird das Stromnetz bei einer zu hohen Stromerzeugung überlastet, kann es Schaden nehmen. Weil unser Strombedarf über den Tag hinweg und je nach Jahreszeit stark variiert, sorgt ein komplexes Netzenergie-Management für die notwendige Stabilität unseres Stromnetzes.
Was versteht man unter Nachtstrom?
Nachtstrom galt in den 1950er- und 1960er-Jahren vor allem beim Heizen als günstige Alternative zu Kohle und Öl. Nachtspeicheröfen konnten nachts mit Strom betrieben werden und waren eine sehr günstige Heizmethode. Mit steigenden Strompreisen verloren sie jedoch einen Teil ihrer Rentabilität.
Nachtstrom ist ein Sondertarif, der von Energieversorgern in der Regel zwischen 22 und 6 Uhr angeboten wird. Günstiger Nachtstrom soll Menschen dazu motivieren, nachts mehr Strom zu konsumieren und so eine gleichmäßige Auslastung der Kraftwerke zu gewährleisten. Da Nachtstrom zu Zeiten ins Netz eingespeist wird, in denen der Energiebedarf deutlich geringer ist, kann Nachtstrom gemäß dem Prinzip von Angebot und Nachfrage günstiger angeboten werden.
Heutzutage können Stromleistungsspitzen durch automatisierte Spitzenlastmanagement-Systeme viel besser ausgeglichen werden als noch vor 30 oder 40 Jahren. Zudem ist der Strombedarf u.a. durch die kontinuierliche Nutzung von PCs, Smartphones und Fernsehgeräten deutlich konstanter und damit auch ein Stück planbarer geworden. Darüber sorgen immer mehr Anlagen mit erneuerbaren Energieformen (Solar, Wind, Geothermie und Wasser) tagsüber für ein zusätzliches Angebot. Somit bestehen auch kaum noch relevante Preisunterschiede zwischen Tag- und Nachtstrom.
Welche Anbieter und Tarife gibt es?
Grundsätzlich liefert in Deutschland jeder lokale Grundversorger auch Nachtstrom. Jedoch werden Nachtstromlieferungen der meisten lokalen Stromversorger lediglich für das eigene Netzgebiet und damit nur für einen regional begrenzten Raum angeboten. Die Auswahl von Nachtstromtarifen ist daher weniger groß als bei normalen Stromtarifen. Zwar etablieren sich mittlerweile alternative Versorger, jedoch sind sie aktuell noch nicht relevant.
Laut Angaben des Bundeskartellamts aus dem Dezember 2021 ist Nachtstrom im Durchschnitt rund sieben Cent pro Kilowattstunde günstiger als der normale Haushaltsstrom. Wenn du dich für einen Nachtstromtarif interessierst, kannst du entweder über diverse Stromvergleichsplattformen im Internet suchen oder dich direkt an die Energieversorger wenden. Ein Wechsel vollzieht sich nach den jeweils gültigen Kündigungsfristen. Du kannst den bestehenden Vertrag selber kündigen oder du überlässt dies deinem Nachtstromversorger. In diesem Fall musst du dich um nichts weiter kümmern. Tipp: Wenn du sicher gehen willst, dass der Wechsel reibungslos über die Bühne geht, schaue rechtzeitig zwei bis drei Monate vor Laufzeitende nach einem neuen Anbieter für deinen Nachtstrom.
Weil sich Nachtstromtarife tendenziell für private Haushalte nicht lohnen, werden stattdessen vermehrt sogenannte Ökostrom- und spezielle Heizstromtarife offeriert. Insbesondere Kund*innen mit einer Elektroheizung oder Wärmepumpe können von solchen Tarifen profitieren. Hier gibt es ein sehr umfangreiches Angebot, bei dem sich Preisvergleiche lohnen. Um den für dich attraktivsten Anbieter zu finden, solltest du aber genau wissen, welchen Strombedarf du hast.
Für wen kann sich Nachtstrom lohnen?
Damit du Nachtstrom überhaupt beziehen kannst, brauchst du einen Zweitarifzähler oder einen zweiten Stromzähler. So wird dein Stromverbrauch sowohl am Tag als auch in der Nacht separat erfasst. Tag- und Nachtstromtarife haben vergleichsweise einen höheren Grundpreis als ein Eintarif. Ob ein Nachtstromtarif deine Stromkosten reduziert, kommt daher im Wesentlichen auf deinen individuellen (nächtlichen) Strombedarf an.
Nachtstrom lohnt sich deshalb hauptsächlich nur für Verbrauchende, deren Hauptstromverbrauch in die Nachtstromzeit fällt. Dazu sollten mindestens 60 Prozent des Gesamtstromverbrauchs im Nachtstromtarif aufgewendet werden. Es sind daher vermutlich weniger private Haushalte, sondern eher Gewerbetreibende, die von Nachtstrom-Angeboten profitieren können. Beispielsweise verbrauchen Discotheken, Restaurants, Kneipen, Bars oder auch Bäckereien nachts in der Regel sehr viel mehr Strom als zu den üblichen Tageshauptzeiten. Auch energieintensive Industrien wie z.B. Chemie, Aluminium oder Stahl arbeiten täglich 24 Stunden und nutzen entsprechende Sondertarife.
Üblicherweise setzt sich der Betrag auf der Stromrechnung von Privathaushalten aus zwei Komponenten zusammen: dem pauschalen Grundpreis und dem Arbeitspreis für die abgenommene Strommenge. Bei Großkund*innen kommt noch der sogenannte Leistungspreis hinzu. Unternehmen mit einem jährlichen Strombedarf von mehr als 100.000 Kilowattstunden unterliegen der Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV), die eine "Registrierende Leistungsmessung" (RLM) vorschreibt. Hierbei wird über einen fern auslesbaren Stromzähler in 15-Minuten-Intervallen kontinuierlich die Stromabnahme gemessen. Daraus ergibt sich der Lastgang der Stromkund*innen. Bereits einzige Lastspitzen (sogenannte "Peaks") treiben die Stromkosten kräftig nach oben. Selbst wenn der Jahresverbrauch im Durchschnitt viel niedriger liegt. Mit der Berechnung des Leistungspreises wollen Energieversorger einen Anreiz schaffen, das Stromnetz möglichst gleichmäßig zu belasten. Vor dem Hintergrund lohnen sich Sondertarife wie der Nachtstromtarif für Betriebe mit hohem nächtlichen Strombedarf besonders.
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Nachtstromtarife haben ihren Ursprung in den 50- und 60er-Jahren. Zunächst noch als kostengünstige Alternative zu Kohle und Öl, galten sie später überwiegend auch als finanzieller Anreiz, das Stromnetz im notwendigen Gleichgewicht zu halten. Leistungsfähige Spitzenlastmanagement-Systeme können diese Funktion inzwischen verlässlich übernehmen. Darüber hinaus haben sich im Zuge der allgemeinen Verteuerung von Strom auch die Preise zwischen Tag- und Nachtstrom angenähert, sodass kaum noch ein relevanter Unterschied besteht.
Nachtstrom rechnet sich dann für dich, wenn dein hauptsächlicher Strombedarf überwiegend zwischen 22 und 6 Uhr anfällt. Finanziell lohnt es sich, wenn mindestens 60 Prozent des Gesamtstromverbrauches in diesem Zeitraum anfallen. Je nach Wohnungssituation und sonstigem Strombedarf kann sich z.B. das nächtliche Laden eines E-Autos mit einem Nachtstromtarif günstiger auf deine Stromrechnung auswirken. Besitzer*innen von Elektroheizungen oder Nachtstromspeicherheizungen können ebenso von den Nachtstrom-Angeboten profitieren und Stromkosten sparen. Vor allem für gewerbliche Betriebe, die überwiegend ab 22 Uhr Strom benötigen, kann der Nachtstromtarif eine gute Wahl sein.
Aktuell bieten überwiegend lokale Stromanbieter Nachtstromtarife an. Die Tarifauswahl fällt dabei eher gering aus. Die Nachfrage steigt zudem für Ökostrom oder spezielle Stromtarife, wie z.B. für Elektroheizungen oder Wärmepumpen. Wenn du einen Nacht- und Tagstromtarif beziehen möchtest, solltest du vergleichend darauf achten, dass der Tagstrompreis in seiner Höhe bei den marktüblichen Strompreisen liegt. Je nach Anbieter kann es nämlich sein, dass Nachtstrom zwar günstig angeboten wird, dafür aber der Tagstrompreis besonders hoch liegt.
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