Expertin erklärt: Warum Bayern bei Balkonkraftwerken einen großen Fehler macht

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Knapp 800.000 Balkonkraftwerke sind in Deutschland aktiv. Bayern hinkt trotz überdurchschnittlicher Sonnenstunden stark hinterher. Das hat einen triftigen Grund.

In Deutschland steigt der Einsatz von Mini-Solaranlagen rapide an. 2024 waren im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur über 785.000 steckerfertige Solaranlagen registriert. Emeli Schmidt, Redakteurin beim Balkonkraftwerk Portal, hatte die Idee, sich das Register einmal genauer anzuschauen und den folgenden Fragen nachzugehen: In welchen Regionen sind bereits viele Balkonkraftwerke installiert? Wie unterscheiden sich die Zahlen nach ländlichen und städtischen Regionen? Wie hoch ist die installierte Gesamtleistung? Was sind die Ursachen für die Zurückhaltung? Wo gibt es noch eine Förderung für die Minikraftwerke? Die Ergebnisse hat die Redakteurin in ihrer Studie "Balkonkraftwerke Report 2025 – Solarstrom für jede Wohnung" zusammengetragen, die wir vorstellen.

Balkon-Solaranlagen sind ungleich verteilt in Deutschland

Um Teil der Energiewende zu sein, braucht es nicht zwingend ein Eigenheim mit großer Dachfläche, auf der sich eine PV-Solaranlage für die eigene Stromerzeugung installieren lässt. Das haben inzwischen viele erkannt und setzen auf eine Stecker-Solaranlage. Wohnst du zur Miete und hast einen Balkon, Terrasse, Carport oder Garten, kannst du einen aktiven Beitrag zur Solar-Stromerzeugung leisten. Denn mit einem Balkonkraftwerk produzierst du anteilig eigenen Strom und reduzierst so die Nutzung fossiler Energieträger.

Über die besten Anbieter, das Sortiment, Preise und Services von Balkon-Solaranlagen haben wir bei inFranken.de ausführlich und aktuell berichtet. Jetzt soll es darum gehen, die Regionen zu identifizieren, in denen Mini-Photovoltaik-Anlagen besonders verbreitet sind und in welchen Städte in Bayern es auch 2025 noch attraktive Förderungen gibt.

Dabei stützen wir uns auf eine Analyse von Emeli Schmidt, Redakteurin beim Balkonkraftwerk Portal. Sie hat basierend auf Daten des Marktstammdatenregisters (MaStR) der Bundesnetzagentur die dort gemeldeten Balkon-PV ausgewertet. Diese Quelle ist deshalb besonders geeignet, weil alle Anlagen hier registriert sein müssen. Berücksichtigt sind sowohl die installierte Anzahl als auch die Nettoleistungen der Anlagen, jeweils auf Ebene der Bundesländer, Landkreise und kreisfreien Städte. Um regionale Unterschiede vergleichbar zu machen, wurde die Anzahl der Balkonkraftwerke nach Ländern ausgerechnet. Zusätzlich geht es um die Zahl der Mini-Photovoltaik-Anlagen pro 1.000 Einwohner, um so die unterschiedlichen Einwohnerzahlen in den Ländern zu berücksichtigen.

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Wo Deutschland aktuell steht

Balkon-Solaranlagen haben in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Zum Jahresende 2024 waren im MaStR der Bundesnetzagentur über 785.000 steckerfertige Solaranlagen registriert – eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Der rasante Anstieg zeigt, dass die dezentrale Stromerzeugung immer beliebter wird.

Allerdings gibt es große regionale Unterschiede innerhalb der Bundesländer: Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen mit 157.017 installierten Stecker-Solaranlagen. Dahinter folgen Bayern mit 119.254 Anlagen, Niedersachsen mit 103.586 und Baden-Württemberg mit 102.165. Deutlich geringer ist die Verbreitung in den Stadtstaaten: Berlin zählt nur 14.330 Balkonkraftwerke, während Bremen mit 4.062 und Hamburg mit 5.652 die geringsten Zahlen aufweisen. Auch das Saarland liegt mit der niedrigen Anzahl von 9.300 Mini-Photovoltaik-Anlagen am unteren Ende der Verbreitungsskala.

Liegt der Fokus auf der Zuwachsdynamik, sind Sachsen mit 45.551, Schleswig-Holstein mit 33.817 und Brandenburg mit 26.436 neu gemeldeten Anlagen an der Spitze. In diesen Ländern nimmt die Nutzung deutlich zu.

Gesamtzahl der installierten Balkon-Solaranlagen gibt kein genaues Bild

Die Gesamtzahl an Balkon-Solaranlagen in einem Bundesland sagt jedoch nur bedingt etwas aus. Aufgrund der unterschiedlichen Einwohnerzahlen ergibt die Anzahl pro 1.000 Einwohner ein genaueres Bild über die Verbreitung. Wird dieser Maßstab angelegt, ergibt sich das folgende Ranking bei den Bundesländern. Bayern nimmt danach bei den 16 Ländern Platz 8 ein.

Anzahl der steckerfertigen Solaranlagen pro 1.000 Einwohner in den Bundesländern:

  • Niedersachsen: 13.67 Balkon-Solaranlagen pro 1.000 Einwohner
  • Sachsen: 12.02
  • Schleswig-Holstein: 11.37
  • Mecklenburg-Vorpommern: 10.52
  • Rheinland-Pfalz: 10.41
  • Hessen: 10.21
  • Saarland: 10.09
  • Bayern: 9.94
  • Sachsen-Anhalt: 9.85
  • Thüringen: 9.78
  • Brandenburg: 9.73
  • Nordrhein-Westfalen: 9.00
  • Baden-Württemberg: 8.90
  • Bremen: 5.77
  • Berlin: 3.82
  • Hamburg: 2.99

Diese Regionen in Bayern setzen auf Solarstrom

Die höchsten Installationsraten pro 1.000 Einwohner finden sich in ländlichen Regionen. Obwohl in Großstädten eine hohe absolute Anzahl an Balkonkraftwerken installiert ist, fällt die Anlagendichte pro 1.000 Einwohner deutlich geringer aus als in ländlichen Regionen

  • Friesland: 21.47 Balkon-Solaranlagen pro 1.000 Einwohner
  • Kreis Oldenburg: 20.77
  • Kreis Coburg: 18.23
  • Düsseldorf: 2.62 Balkon-Solaranlagen pro 1.000 Einwohner
  • München: 3.00
  • Hamburg: 2.98
  • Frankfurt am Main: 3.02
  • Berlin: 3.82

Auch der Westerwaldkreis, Aurich und das Ammerland verzeichnen mit mehr als 17 Balkonkraftwerken pro 1.000 Einwohner hohe Installationszahlen. In Bayern gibt es neben dem Kreis Coburg weitere fünf Regionen, die eine besonders große Dichte an Stecker-Solaranlagen aufweisen. Dies sind: 

  • Kreis Hof: 17.03 Balkon-Solaranlagen pro 1.000 Einwohner
  • Kreis Schweinfurt: 16.52
  • Kreis: Aschaffenburg: 16.16
  • Amberg-Sulzbach: 16.03
  • Stadt Coburg: 15.82

Die fünf Regionen mit einer niedrigen Dichte an Stecker-Solaranlagen finden sich in Bayern eher in städtischen Regionen: 

  • München: 3.00 Balkon-Solaranlagen pro 1.000 Einwohner
  • Kempten (Allgäu): 4.20
  • Augsburg: 4.61
  • Rosenheim: 4.72
  • Garmisch-Partenkirchen: 4.98

Installierte Gesamtleistung oder die sieben Regionen mit der höchsten kW-Leistung

Die Anzahl der installierten Balkonkraftwerke zeigt, wo steckerfertige Solaranlagen weit verbreitet sind – doch sie allein verrät nicht, wie viel Strom tatsächlich erzeugt wird. Entscheidend dafür ist die Nettoleistung. Sie gibt an, wie viel installierte Kapazität in einer Region vorhanden ist.

Einige Städte weisen trotz einer vergleichsweise niedrigen Anlagendichte pro 1.000 Einwohner eine hohe Gesamtleistung auf. In Großstädten sorgt die hohe absolute Zahl an Balkonkraftwerken dafür, dass dort insgesamt viel Solarstrom erzeugt wird.

Die sieben Regionen mit der höchsten installierten Nettoleistung zeigen, dass vor allem große Städte und bevölkerungsreiche Landkreise bei der Erzeugung von Solarstrom durch Balkonkraftwerke dominieren. Einige der Gebiete profitieren von hohen Bevölkerungszahlen. In anderen könnte die Kombination aus Sonneneinstrahlung und einer hohen Installationsleistung pro Haushalt ausschlaggebend sein:

  • Berlin: 9.212 kW-Leistung pro steckerfertige Solaranlagen
  • Region Hannover: 6.804 kW
  • Rhein-Sieg-Kreis: 4.656 kW
  • Rhein-Neckar-Kreis: 4.196 kW
  • Steinfurt: 4.130 kW
  • Recklinghausen: 4.038 kW
  • Ludwigsburg: 3.841 kW
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Sieben Regionen mit der niedrigsten installierten Leistung - viele in Bayern

In der Liste der sieben Regionen mit der höchsten installierten Gesamtleistung ist keine bayerische Region dabei. Während einige Landkreise bei der installierten Leistung dominieren, sind Balkonkraftwerke in anderen Regionen noch nicht so weit verbreitet. Die folgende Liste zeigt die Landkreise mit der niedrigsten installierten Nettoleistung. Sie erhält immerhin vier Regionen im Land Bayern:

  • Pirmasens (Rheinland-Pfalz): 132 kW pro steckerfertige Solaranlagen
  • Kempten (Bayern): 186 kW
  • Baden-Baden (Baden-Württemberg): 196 kW
  • Rosenheim (Bayern): 196 kW
  • Memmingen (Bayern): 207 kW
  • Kaufbeuren (Bayern): 207 kW
  • Suhl (Thüringen): 210 kW

Die Landkreise haben nicht nur die niedrigste Gesamtleistung, sondern auch bundesweit die geringste Anzahl an Balkonkraftwerken – je nach Landkreis sind nur zwischen 202 und 322 Anlagen installiert. 

Die Ursachen für die Zurückhaltung in Bayern

Ein entscheidender Punkt für die Effizienz von Balkonkraftwerken sind die Sonnenstunden. In Bayern beispielsweise gibt es mit bis zu 2.100 Sonnenstunden pro Jahr beste Voraussetzungen. Auch Brandenburg und Sachsen profitieren mit 1.800 bis 1.900 Sonnenstunden von guten Bedingungen. Nordrhein-Westfalen liegt hingegen mit 1.400 bis 1.500 Sonnenstunden am unteren Ende der Skala

Allerdings zeigt sich, dass eine hohe Sonneneinstrahlung nicht automatisch zu einer hohen installierten Leistung führt. Während Nordrhein-Westfalen einige der leistungsstärksten Landkreise aufweist, gehören gleichzeitig mehrere bayerische Regionen zu den Schlusslichtern. Das lässt vermuten, dass andere Einflussfaktoren eine ebenso große Rolle spielen. 

"Während einige Regionen ihr Potenzial voll ausschöpfen, bleibt die installierte Leistung in anderen Gebieten deutlich hinter den Erwartungen zurück", heißt es im Balkonkraftwerke Report 2025. Der Report sieht die Ursachen neben den klimatischen Bedingungen auch in wirtschaftlichen und strukturellen Faktoren:

  • Geringes Interesse: In manchen Regionen gibt es weniger Informationskampagnen oder Umweltinitiativen, sodass Balkonkraftwerke schlichtweg weniger bekannt oder gefragt sein könnten.
  • Bauliche Einschränkungen: Eine hohe Bebauungsdichte, ungünstige Dachausrichtungen oder strenge Vorgaben in denkmalgeschützten Altstädten erschweren die Installation.
  • Fehlende Förderprogramme: Während einige Bundesländer oder Kommunen finanzielle Anreize für Balkonkraftwerke bieten, gibt es in anderen Regionen kaum Unterstützung – was die Investitionsbereitschaft dämpft.

Aktuelle Förderprogramme - in Bayern gibt es keins für den Freistaat

Neben den gesunkenen Anschaffungspreisen profitieren Käufer von Balkonkraftwerken in einigen Regionen Deutschlands von gezielten Fördermaßnahmen der Länder. Im Jahr 2025 gibt es allerdings nur noch drei Bundesländer (Stand: Mai 2025), die Förderprogramme aufgelegt haben:

  • Mecklenburg-Vorpommern: Die Förderung für Eigentümer ist bereits ausgeschöpft. Mieter hingegen können weiterhin eine Förderung von bis zu 500 Euro erhalten. Nach Angaben des Landesförderinstituts Mecklenburg-Vorpommern gibt es frühzeitige Hinweise, sobald die Mittel ausgeschöpft sind.
  • Sachsen: Die Förderung beträgt 300 Euro pro Wohneinheit. Während die Mittel für Eigentümer bereits vergriffen sind, können Mieter weiterhin Anträge stellen.
  • Berlin: Das Förderprogramm SolarPLUS ist wieder gestartet und wird mit einer überarbeiteten Förderrichtlinie fortgesetzt. Der Zuschuss für steckerfertige Solaranlagen beträgt jetzt 250 Euro pro Einheit.

Die landesweiten Förderungen ermöglichen es insbesondere Mietern, von finanziellen Zuschüssen zu profitieren. Das erleichtert den Zugang zu Balkonkraftwerken. Und weite Teile der Bevölkerung können sich aktiv an der Energiewende beteiligen. Als Händler mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und Kundenservice sind unter anderem Kleines Kraftwerk* und solago* zu nennen. 

Städtische Förderprogramme: Zuschüsse nur in wenigen Regionen in Bayern

Im Jahr 2025 haben darüber hinaus einige wenige Städte in Deutschland Förderprogramme für Balkon-Solaranlagen. In Bayern sind es nur die Städte Augsburg, Moosburg, München, Unterschleissheim und Würzburg, die beim Kauf einen Zuschuss geben.

  • Stadt Augsburg
  • Förderhöhe: Pauschalzuschuss 100 Euro.
  • Bedingungen/Hinweise: Leistung der Anlage mindestens 350 Watt-Peak (Wp). 

 

  • Stadt Moosburg
  • Förderhöhe: Für Balkonkraftwerke gibt es in Moosburg eine Förderung von maximal 100 Euro pro Anlage.
  • Bedingungen/Hinweise: Möglich ist auch die Förderung eines Speichers oder die Nachrüstung einer vorhandenen Anlage mit einem Speicher. 

 

  • Stadt München
  • Förderhöhe: Bis zu 50 Prozent der Anschaffungskosten, max. 320 Euro
  • Bedingungen/Hinweise: 40 Cent pro Watt Leistung, max. Fördersumme für 800-Watt-Anlagen.

 

  • Stadt Unterschleissheim
  • Förderhöhe: 25 % der Anschaffungskosten einer Balkonsolaranlage als Zuschuss. Maximale Höhe: 200 Euro.
  • Bedingungen/Hinweise: Den Förderantrag kannst du bis zu drei Monaten nach Inbetriebnahme des Balkonkraftwerks stellen.

 

  • Stadt Würzburg
  • Förderhöhe: Pauschalzuschuss 200 Euro.
  • Bedingungen/Hinweise: Mieter benötigen eine Einverständniserklärung der Vermieter.

Hinweis: Die Nennung der fünf bayerischen Städte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Verfügbarkeit und Höhe der Fördermittel können sich jederzeit ändern. Die Förderprogramme für Stecker-Solaranlagen variieren je nach Stadt oder Gemeinde und unterliegen bestimmten Bedingungen. Deshalb unbedingt die Ausschreibungsbedingungen lesen und penibel befolgen. Interessierte sollten sich außerdem vor dem Kauf direkt bei ihrer Kommune über die aktuellen Fördermöglichkeiten informieren.

Ein einheitliches Förderprogramm könnte helfen - Bayern hat viel Potenzial

Mini-Solaranlagen gewinnen in Deutschland weiter an Bedeutung, davon ist der Balkonkraftwerke Report 2025 überzeugt. Ländliche Regionen weisen jetzt schon eine höhere Anlagendichte auf. Großstädte glänzen durch ihre hohe absolute Zahl von Anlagen, die eine große installierte Gesamtleistung erzielen.

Besonders auffällig sei es, dass einige Landkreise mit viel Sonneneinstrahlung dennoch nur eine geringe installierte Leistung aufweisen. "Hier können gezielte Fördermaßnahmen und eine verstärkte Aufklärung dazu beitragen, die Verbreitung von Balkon-PV zu steigern", so Autorin Emeli Schmidt.

Neben der Sonneneinstrahlung beeinflussen auch finanzielle Anreize die Verbreitung, davon ist die Autorin Schmidt überzeugt. Die Förderprogramme haben allerdings eine entscheidende Schwäche: Sie sind oft begrenzt und regional unterschiedlich. "Ein einheitliches Fördermodell könnte den Ausbau beschleunigen", heißt es im Balkonkraftwerke Report. 

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