Schlafprobleme bei Vollmond sind für viele Menschen keine Seltenheit. Doch: Schlafen wir bei Vollmond wirklich nachweislich schlechter? Das Thema beschäftigt die Wissenschaft schon seit Jahrzehnten.
Vollmond - Schlafstörungen und Einschlafprobleme
40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland "mondfühlig"
Wissenschaftlich umstritten
Der Vollmond erstrahlt alle vier Wochen am Nachthimmel. Tatsächlich hat der Mondzyklus verschiedenste Auswirkungen auf die Natur und auf den Menschen. Dennoch ist es vor allem der Vollmond, um den sich viele Mythen ranken. Viele Menschen klagen in Vollmondnächten über Schlafprobleme - doch ist das nur ein Mythos oder eine Tatsache? Schlafen wir bei Vollmond tatsächlich schlechter?
Laut Umfrage: 40 Prozent der Bevölkerung "mondfühlig" - führt Vollmond zu Schlafstörungen?
Ob der Mond tatsächlich Auswirkungen auf unseren Schlaf hat, ist bereits seit mehreren Jahrzehnten Forschungsgegenstand. Immer wieder gibt es Umfragen und verschiedene Studien zu dem Thema - mit unterschiedlichsten Ergebnissen. So kam eine viel zitierte Umfrage des "Instituts für Demoskopie Allensbach" zu dem Ergebnis, dass hierzulande große Teile der Bevölkerung "mondfühlig" sind: "Knapp 40 Prozent der 2114 Befragten gaben an, das Gestirn bereite ihnen allmonatlich Schlafstörungen", schrieb die Deutsche Presse-Agentur (dpa) damals. Allerdings stammt diese Umfrage aus dem Jahr 2000 und gibt keinen Aufschluss darüber, ob der Mond tatsächlich unser Schlafverhalten beeinflusst.
Dennoch zeigt es, dass viele Menschen bei Vollmond zumindest den Eindruck haben, schlechter schlafen zu können. Oder andersherum: Schläft man schlecht, wird im Nachhinein die Frage nach dem Mond gestellt - und war in der vergangenen Nacht Vollmond, ist für viele die Sache klar: Daran lag es. Doch was sagt die Wissenschaft? Eine weitere Studie aus dem Jahr 2021 deutet darauf hin, dass es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen schlechteren Schlaf und Vollmond geben könnte. Konkret ging es in der Studie darum, ob die verschiedenen Mondphasen unsere Schlafmuster beeinflussen. Bei den Proband*innen handelte es sich "um indigene Einwohner dreier argentinischer Dörfer mit gar keinem, wenig oder durchgängigem Zugang zu Elektrizität. Deren Schlafdaten wurden mit denen von US-Studenten aus Seattle ergänzt", berichtete der Bayerische Rundfunk (BR).
Tatsächlich stellte sich dabei heraus, dass sich das Schlafverhalten bei Vollmond änderte: In den drei bis fünf Tagen vor dem Vollmond schliefen die Proband*innen aller Gruppen 30 bis 80 Minuten später ein, als zu anderen Mondphasen. Auch die Schlafdauer verringerte sich um 20 bis 90 Minuten. Da sich die Studie über zwei Mondzyklen hinwegzog, beobachtete das Forscherteam diesen Effekt im Abstand von 29,5 Tagen - parallel zum Mondzyklus - gleich zwei Mal.
"Lunarer" Einfluss auf den Schlaf - Studie aus USA mit interessantem Ergebnis
"Wir sehen hier einen klaren lunaren Einfluss auf den Schlaf", erklärt Horacio de la Iglesia von der University of Washington, Co-Autor der Studie. "Dieser Effekt ist zwar in Gemeinschaften ohne Zugang zu elektrischem Strom robuster, aber auch bei den Studenten in Seattle ist dieser Zusammenhang nachweisbar". Die Ergebnisse wurden im Online-Portal science.org veröffentlicht.
Woher dieser Effekt kommt, ist allerdings noch nicht erforscht. Es gibt Vermutungen, dass sich dahinter evolutionäre Ursachen verbergen. So könnte es etwa sein, dass der Vollmond früher sehr nützlich war - als zusätzliche Lichtquelle. "Das Mondlicht und ihr daran angepasster verkürzter und verzögerter Schlaf könnte den frühen Menschen eine längere Aktivität beispielsweise bei der Jagd ermöglicht haben", schreibt das Wissensmagazin scinexx. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Theorie. Zudem stellt sich die Frage, warum auch Personen aus Großstädten noch über Schlafprobleme bei Vollmond berichten. In größeren Städten ist es auch nachts hell und der Vollmond keine zusätzliche Lichtquelle. Heißt: In welcher Phase sich der Mond befindet, ist nicht an der nächtlichen Helligkeit erkennbar.
Daher gibt es noch eine zweite Theorie, die den möglichen Einfluss des Vollmondes auf den Schlaf erklären könnte: die Schwerkraft. Allerdings gibt es dazu bislang keine Studien, lediglich erste Hinweise. "Künftige Forschung sollte sich darauf konzentrieren, wie der Mond uns beeinflusst: Wirkt er durch unsere innere Uhr? Oder durch andere Signale, die das Timing des Schlafs beeinflussen? Es gibt noch vieles über diesen Effekt zu lernen", betont Casiraghi, Autor der Studie aus Washington.
Studie aus der Schweiz: Kürzerer Schlaf bei Vollmond
Populär ist auch die Annahme, dass der Vollmond durch seine besondere Helligkeit die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin stört - und so zu den Schlafproblemen führt. Eine Schweizer Studie aus dem Jahr 2013 scheint das zu bestätigen: Darin untersuchten die Forschenden die Hirnströme und den Melatonin-Spiegel der 33 Teilnehmenden. Die Studie fand in einem fensterlosen Schlaflabor statt - die Teilnehmenden wussten also nicht, welche Mondphase gerade herrschte. Auch der genaue Forschungsgegenstand war ihnen unbekannt.
"Die Ergebnisse zeigen, dass sich sowohl die objektive als auch die subjektive Wahrnehmung der Schlafqualität mit den Mondphasen verändert", schreibt die Universität Basel in einer Pressemitteilung. "Bei Vollmond fiel die Aktivität in den Hirnarealen, die mit tiefem Schlaf in Verbindung stehen, um 30 Prozent." Zudem benötigen die Probanden im Schnitt fünf Minuten länger, um einzuschlafen und schliefen etwa 20 Minuten kürzer. Zudem waren die Melatoninwerte bei Vollmond tiefer als sonst. "Dies ist der erste zuverlässige Beweis, dass der Mondzyklus die Schlafstruktur bei Menschen beeinflussen kann", so die Basler Forschenden.
Allerdings hat die Studie auch ihre Schwächen: So kann beispielsweise nicht ausgeschlossen werden, dass einige Probanden zuvor doch den Vollmond wahrgenommen haben, wie Christian Cajochen - Autor der Studie - einräumt. Die Ergebnisse wurden in der "National Library of Medicine" publiziert.
Schlafprobleme bei Vollmond: Eine selbsterfüllende Prophezeiung?
Ob uns der Vollmond tatsächlich schlechter schlafen lässt, ist wissenschaftlich umstritten. So gibt es auch immer wieder Vermutungen, dass es sich hierbei lediglich um eine "selbsterfüllende Prophezeiung" handelt, wie Schlafexperte Professor Jürgen Zulley von der Universitätsklinik Regensburg erklärt: "Die selbsterfüllende Prophezeiung, bei Vollmond schlechter zu schlafen, lässt uns dann auch wirklich schlechter schlafen", zitiert ihn die WELT. "Dazu müssen wir aber wissen, dass Vollmond ist".
Auch eine rückblickende Auswertung der Schlafdaten von mehr als 1200 Teilnehmenden aus mehr als 2000 Nächten sprechen gegen einen Zusammenhang zwischen Mondphasen und Änderungen im Schlafverhalten. An den Auswertungen waren auch Wissenschaftler*innen vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München involviert.
Fazit: Schlafprobleme bei Vollmond scheinen also vor allem auf subjektives Empfinden zurückzuführen sein. Zwar gibt es einige Hinweise darauf, dass der Vollmond tatsächlich evolutionär bedingt Einfluss auf unseren Schlaf nimmt - allerdings ist dazu noch weitere Forschung nötig. Wissenschaftlich belegt ist die These, dass wir bei Vollmond schlechter schlafen, jedenfalls nicht.
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